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21. Berliner Kolloquium der Daimler und Benz Stiftung: Ein Garten im Weltraum

Fieberhaft arbeiten Ingenieure an Technologien, die Menschen auf dem Mars am Leben halten können. Die Vision des Forschungsfelds: ein System, in dem Pflanzen die Ausscheidungen von Astronauten recyceln.
Mars Food Production

Der erste Kontakt war alles andere als sanft. Mehr als 15 Meter schnellte das Flugobjekt nach dem Aufprall auf der Oberfläche wieder in die Höhe. Erst nach mindestens 15 weiteren Abprallern kam es schließlich zum Stehen. Doch letztlich überstand der Mars-Lander Pathfinder seine Landung auf dem Roten Planeten am 4. Juli 1997 unbeschädigt. Mit an Bord war der nur spielzeuggroße Rover Sojourner, das erste fahrbare Gerät auf unserem Nachbarn im Sonnensystem, der auch rege Messdaten sammelte und Wissenschaftler begeisterte.

Dank weiterer Landefahrzeuge und zahlreicher Satellitenmissionen sind die Bedingungen auf dem Mars heute gut bekannt. Doch Roboter können den Menschen als Forscher bislang nicht ersetzen. Deshalb ist der nächste logische Schritt die Entsendung von Astronauten. Mit dem Programm "Journey to Mars" bekennen sich die Wissenschaftler der NASA auch ganz offen zu diesem Ziel. Machen sich also bald bemannte Raumfahrzeuge auf zu unserem Nachbarplaneten? Und wie kann man gewährleisten, dass die Astronauten dort überleben?

Gewächshaus auf dem Mars | Auf dem Mars könnten künftige Raumfahrtpioniere in speziellen Gewächshäusern Gemüse anpflanzen. Dadurch wären sie mit wichtigen Vitaminen und Nährstoffen versorgt und müssten nicht jegliche Nahrung von der Erde aus mitbringen.

Offenkundig würde eine Marsmission Astronauten vor große Herausforderungen stellen. Die Raumfahrer träfen auf eine lebensfeindliche Umgebung: extreme Kälte, das Vakuum des Weltraums und gefährliche Dosen solarer und kosmischer Strahlung. Sie benötigen daher einen Ort, der ihnen Schutz bietet. Dort sollten angenehme Temperaturen herrschen, und auch Luftfeuchtigkeit und Druckbedingungen sollten sich in einem verträglichen Rahmen bewegen.

Während einer Marsmission würden Astronauten insgesamt 60 bis 120 Tonnen an Wasser, Nahrung und Atemluft verbrauchen

Daneben müssen in einem solchen Habitat selbstverständlich Wasser und Nahrung zur Verfügung stehen und die menschlichen Ausscheidungen entsorgt werden. Es mag zunächst überraschen, aber ohne Vorkehrungen verändert der Mensch eine abgeschlossene Umgebung allein durch seine Präsenz derart, dass sie für ihn irgendwann lebensfeindlich wird. Um dies zu verhindern, arbeiten Ingenieure längst an Lebenserhaltungssystemen.

Offen oder geschlossen?

Ihre genaue Aufgabe hängt stark vom jeweiligen Einsatz ab. Generell unterscheiden Fachleute zwischen so genannten "Open Loop"- und "Closed Loop"-Systemen – also entweder ein offenes beziehungsweise geschlossenes System. Die beiden Varianten unterteilt man gleichermaßen in vier Subsysteme, die sich jeweils auf die In- und Outputs der Astronauten beziehen: Zum Input zählen die Bereiche Wasser, Nahrung und Atemgas. Auf der Outputseite steht der anfallende Müll. Die vier Untersysteme sind natürlich miteinander verbunden, lassen sich aber trotzdem weitgehend unabhängig voneinander betrachten.

Das Open-Loop-System ist bei Raumfahrtmissionen die einfachere und zuverlässigere Variante. In diesem Fall nehmen die Astronauten alles Nötige mit, sie sammeln die anfallenden Abfallstoffe und entsorgen sie gegebenenfalls. Nach diesem Schema liefen die meisten bisher durchgeführten bemannten Weltraumflüge ab: Ob Gemini, Apollo oder Space Shuttle, stets hatten die Beteiligten den benötigten Input an Bord und entsorgten ihren Müll. Dieses Vorgehen war für solche erdnahen Kurzzeitmissionen auch praktikabel.

Das Problem: Je länger Missionen dauern, desto größer wird der Aufwand. Experten schätzen, dass die Besatzungen von möglichen Marsmissionen täglich zwischen 15 und 20 Kilogramm an Wasser, Nahrung und Atemluft benötigen werden. Bei einer Besatzungsgröße von vier bis sechs Astronauten und einer Missionsdauer von rund 1000 Tagen würden allein diese Verbrauchsmittel 60 bis 120 Tonnen ausmachen. Mit den zur Verfügung stehenden Raketen ist es bislang ein Ding der Unmöglichkeit, solche Massen zum Mars zu transportieren.

Recycling im All

Daher versuchen Experten vermehrt regenerative Verfahren zu entwickeln, also Closed-Loop-Systeme. Sie sollen aus Abfallprodukten der Besatzung wiederum neue benötigte Substanzen generieren – Recycling im Weltraum. Dafür sind jedoch entsprechende technische Anlagen und genügend Energie nötig. Auf der MIR und der ISS waren beziehungsweise sind solche Methoden für einzelne Subsysteme bereits im Einsatz. Auf Raumstationen sind Astronauten lange genug, um den Aufwand entsprechender Technik zu rechtfertigen. Selbstverständlich lassen sich aber noch nicht alle benötigten Dinge regenerativ erzeugen.

Guten Appetit | Die Astronauten auf der ISS bekommen ihr Essen in Beuteln serviert. Zur Wahl stehen allerlei Snacks wie Käse, Kekse oder Schokoerdnüsse, aber auch haltbar gemachte Lebensmittel wie Spinat oder Rindersteaks. Das Besteck ist über Magnete ans Tablett gebunden, damit es in der Schwerelosigkeit nicht davonfliegt.

Bei den Recyclingmethoden unterscheiden die Entwickler typischerweise zwischen physikochemischen (P/C) und bioregenerativen Methoden. Die erste Variante nutzt physikalische und chemische Prozesse, um bestimmte Substanzen voneinander zu trennen oder sie umzuwandeln. Es handelt sich bei den Geräten also um miniaturisierte verfahrenstechnische Anlagen, die bestimmte Teilaspekte innerhalb des jeweiligen Subsystems abdecken. P/C-Systeme haben jedoch einen wesentlichen Nachteil: Mit ihnen ist es nicht möglich, Nahrung aus menschlichen Ausscheidungen zu synthetisieren. Damit sind sie nicht fähig, den Kohlenstoffkreislauf zu schließen, und die Nahrungsversorgung innerhalb von P/C-Systemen bleibt immer eine Open-Loop-Version.

Anders bei bioregenerativen Verfahren: Sie nutzen Pflanzen, Mikroben oder Algen, um die menschlichen Ausscheidungen zu prozessieren. Die Abfallprodukte dieser Organismen dienen wiederum als Input für den Menschen. Zum Beispiel wandeln Pflanzen mittels Fotosynthese Kohlendioxid in Sauerstoff um und recyceln so die Atemluft. Mit Kot lassen sich Pflanzen düngen, die wiederum als Nahrung dienen können. So kann der Astronaut gewissermaßen symbiotisch mit den entsprechenden Organismen leben.

Im Gegensatz zu P/C-Systemen sind bioregenerative Verfahren jedoch sehr träge. Die einzelnen Teilprozesse lassen sich nur bedingt steuern und regulieren. Möchte man beispielsweise die bestehende Crew aufstocken, muss die Besatzung schon lange vorher weitere Pflanzen heranziehen. In P/C-Systemen hingegen würde die Besatzung lediglich die Einstellungen der Maschinen passend justieren. Ferner muss die Crew bei bioregenerativen Strategien zunächst die Organismen selbst am Leben erhalten, bevor sie diese nutzen kann. Dazu müssen Ingenieure erst einmal entsprechende Gewächshäuser oder Bioreaktoren entwickeln und bauen, die dann von den Astronauten betrieben werden. Das kostet Energie, Zeit und Platz. So hat jedes System seine Vor- und Nachteile.

Regenerative Ansätze

In der Frühzeit der bemannten Raumfahrt spielte Recycling noch keine Rolle. Erst für die beiden Raumstationen ISS und MIR entwickelten Forscher Methoden auf P/C-Basis. Den Anfang machte das Atmosphärenrecycling-Subsystem, das verbrauchte Atemluft erneuert. Molekularsiebe filtern Kohlendioxid aus der Luft, während die kleineren Sauerstoff- oder Stickstoffmoleküle durch die mikroskopisch kleinen Poren schlüpfen können. Mit dem so genannten Sabatier-Verfahren wandelt das System anschließend das CO2 durch Zugabe von Wasserstoff in Wasser und Methan um. Aus dem Wasser lässt sich schließlich wieder Sauerstoff gewinnen; das Methan strömt aus der Raumstation in den Weltraum. Es wäre aber auch denkbar, es als Treibstoff zu nutzen.

Ein Sabatier-Reaktor der NASA ist seit einiger Zeit auf der ISS im Einsatz. In Deutschland entwickelt Airbus ein ähnliches Verfahren, um die verbrauchte Kabinenluft auf der europäischen Forschungsstation der ISS zu recyceln. Dieses so genannte Advanced Closed Loop System (ACLS) wird gekoppelt mit einem Fotobioreaktor, den Wissenschaftler des Instituts für Raumfahrtsysteme (IRS) der Universität Stuttgart entwickelt haben. Der Reaktor wandelt jenes CO2 in Sauerstoff um, das im ACLS nicht an der Wassergewinnung teilhat. Für eine Marsmission wäre womöglich auch der so genannte Bosch-Prozess geeignet. Ähnlich dem Sabatier-Verfahren kombiniert er Kohlendioxid und Wasserstoff. Dank der höheren Temperaturen fällt der Kohlenstoff direkt an Katalysatoren ab, was letztlich dazu führt, dass kein Wasserstoff über Methan verloren geht.

Generell müssen Atmosphärenrecyclingsysteme zusätzlich zu ihren Kernfunktionen noch viele weitere Aufgaben übernehmen, wie zum Beispiel den Feuerschutz oder die Luftqualitätskontrolle. Insgesamt ist dieses Subsystem am weitesten entwickelt, und die raumfahrenden Nationen verfügen heutzutage bereits über langjährige Erfahrungen mit einem Betrieb im Weltall.

Kläranlage für Astronauten

Neben der Luft recycelt die NASA an Bord der ISS auch Abwasser und Urin. Letzterer wird zunächst durch eine kleine, beheizte Zentrifuge gefiltert, die "Urine Processing Assembly" (UPA). Nachgeschaltet ist die "Water Processing Assembly" (WPA), die mit zahlreichen Filtern Partikel und Schmutzstoffe aus dem gesamten Abwasser holt. Zwei weitere Schritte entfernen alle noch übrigen Substanzen, vor allem organische. Das ISS-System ist derzeit das einzige, das zuverlässig unter Schwerelosigkeit funktioniert.

Kaffee von heute ist Kaffee von morgen | Das Recycling von Urin zu Trinkwasser führt dazu, dass der "Kaffee von heute" gewissermaßen der "Kaffee von gestern" ist. Denn Letzterer wird als Urin ausgeschieden und dann wieder zu Trinkwasser aufbereitet, woraus die Crew schließlich erneut Kaffee herstellen kann.

Der Weg dorthin war jedoch lang. Immer wieder fiel das System auf der Raumstation aus, trotz der zahlreichen terrestrischen Experimente, welche die Entwickler vor der Inbetriebnahme durchgeführt hatten. Vergleichbare Probleme wären für Menschen auf einer Marsmission lebensgefährlich. Mittlerweile haben die NASA-Ingenieure das Wasserrückgewinnungssystem aber im jahrelangen Dauerbetrieb optimiert, so dass es bis heute viele Tonnen Urin prozessiert hat. Für die Astronauten auf der ISS ist also gewissermaßen der Kaffee von gestern der Kaffee von morgen.

Müll und Nahrung sind nach wie vor offene Systeme: Raumkapseln bringen den Astronauten der ISS Essen und nehmen ihren Abfall wieder mit. Bei der Rückkehr zur Erde verglühen die Kapseln dann samt ihrer Ladung in der Atmosphäre. Jegliche Verfahren des Müllrecyclings finden momentan nur in Laboren der NASA statt. Dabei setzen die Entwickler insbesondere auf zwei Prozesse: die Pyrolyse, die bei großer Hitze Moleküle spaltet, und das "steam reforming", ein eigentlich großindustrielles Verfahren zur Herstellung von Wasserstoff aus kohlenstoffhaltigen Energieträgern. Insbesondere Letzteres ist vielsprechend, kann es doch das Volumen des Mülls drastisch reduzieren. Die bei der feuchten und heißen Verbrennung produzierten Gase lassen sich von den anderen Subsystemen auch gut weiterprozessieren. Techniker arbeiten momentan daran, dieses System für einen Einsatz im Orbit bereitzustellen. Dort muss es zunächst – ähnlich dem Wasserrecyclingsystem – unter Beweis stellen, dass es in der Schwerelosigkeit funktioniert.

Insgesamt gibt es also für zwei P/C-Subsysteme bereits regenerative Ansätze, die im Weltraum ausreichend erprobt sind: Atmosphäre und Wasser. Anhand der bisherigen langjährigen Erfahrungen ist man sich relativ sicher, dass die bestehenden Techniken auch auf einer Marsmission funktionieren würden. Eine regenerative Essensversorgung mit rein physikochemischen Methoden ist derzeit jedoch nicht möglich, vor allem aus technischen Gründen. Gleichwohl glauben Fachleute, dass die Nahrungsversorgung mittels des Open-Loop-P/C-Systems für eine bemannte Marsmission ausreichen würde – die Astronauten würden also einfach sämtliches Essen mitnehmen. Auch in Sachen Müllrecycling kann es durchaus noch einige Zeit dauern, bis man den Abfall von Astronauten recyceln wird. Die Erfahrungen auf der ISS zeigen dabei eindeutig, dass häufig Jahre vergehen, bevor neue Systemkomponenten im Orbit zuverlässig funktionieren.

Bio – die bessere Alternative?

Wie sieht es im Vergleich dazu bei bioregenerativen Verfahren aus? In der Theorie klingt diese Herangehensweise eigentlich ideal: Pflanzen und Mikroben sind in der Lage, alle benötigten Funktionen zu übernehmen. Sie gewinnen Sauerstoff aus Kohlendioxid und recyceln über Transpiration Wasser. Darüber hinaus liefern sie Nahrung, sie wachsen von selbst und benötigen keine hochtechnisierten Gerätschaften.

Doch so einfach ist es nicht. Pflanzen brauchen Platz, Energie und die passenden Umgebungsbedingungen. Entwickler arbeiten dazu an speziellen Wachstumskammern inklusive Beleuchtung, Temperaturkontrolle und Nährstoffversorgung. Sie haben berechnet, dass selbst unter hocheffizienten Bedingungen ungefähr 30 Quadratmeter Pflanzen pro Astronaut notwendig sind, um genug Nahrung, Wasser und Luft zu generieren. Entsprechende Anlagen wären also riesig.

Das bereitgestellte Wasser würde idealerweise aus Abwasser oder Urin stammen. Hier müssten entweder physikochemische Verfahren oder biologische Verfahren das Wasser vorab prozessieren. Aktuell entwickeln etwa Wissenschaftler am Institut für Luft‐ und Raumfahrtmedizin des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt ein Biofilter-System (C.R.O.P.), mit dem sich aus Bioabfällen und Urin eine direkt zu verwendende Düngemittellösung für die Pflanzenzucht herstellen lässt. Das Kernelement ist ein mikrobiologischer Rieselfilter, der Lebensraum für eine Vielzahl von Mikroorganismen wie Bakterien, Pilzen und Einzellern bietet. Sie alle sind extrem anpassungsfähig, und man kann sie nutzen, um Wasser zu reinigen. Letzteres läuft dabei im Kreislauf durch eine mit Lavagestein gefüllte Filterröhre.

Der Clou dabei: Der Filter ist in der Lage, sich laufend auf die Verunreinigungen im Wasser einzustellen, indem sich stets genau diejenigen Organismen vermehren, die diese Stoffe abbauen. Eine solche Anlage könnte organischen Abfall reduzieren sowie ein Teil von Lebenserhaltungssystemen sein. Allerdings ist ihre Weltraumtauglichkeit noch kaum untersucht, weshalb bioregenerative Systeme für bemannte Weltraummissionen bisher nicht in Frage kommen. In Zukunft soll sich das ändern, und die nötige Grundlagenforschung findet auf der ISS bereits statt.

Astronauten als Gärtner

Die bisherigen Pflanzenkulturen auf der ISS sind alle Teil von Experimenten, die sich biologischen Fragestellungen widmen. Wie gedeihen die Gewächse in der Schwerelosigkeit? Pflanzen als Lebenserhaltungssysteme hat bis heute keine Mission im Weltraum getestet oder eingesetzt. Die Experimente auf der ISS könnten diesbezüglich viele Erkenntnisse liefern. Viel versprechende Bestandteile bioregenerativer Ansätze könnten auch Algen sein. Da diese naturgemäß in einem flüssigen Medium leben, sind sie an mikrogravitationsähnliche Umgebungsbedingungen angepasst. Schwere Schäden können sie schnell reparieren, und ihr Wachstum lässt sich relativ einfach über die Lichtmenge regeln. Ferner ist ihr Ertrag pro Fläche viel höher als bei Nutzpflanzen.

Pflanzen als Lebenserhaltungssysteme hat bis heute keine Mission im Weltraum getestet

Das alles macht Algen für die Raumfahrt interessant. Jedoch ist ihr Anteil überwiegend auf das Atmosphärensubsystem beschränkt, da sie nur in sehr geringen Mengen für den Menschen verträglich sind. Sie können daher in der Regel lediglich als Nahrungsergänzung dienen. Ein von Forschern der Universität Stuttgart entwickelter Algenbioreaktor soll bald zur ISS fliegen. In der Testphase soll sich zeigen, inwiefern Algen künftig als Alternative oder Ergänzung zu physikochemischen Atmosphärenrecyclingmethoden dienen können.

Bioregenerative Systeme auf dem Mars?

Zusammenfassend kann man sagen, dass die ersten Marsmissionen eher bewährte physikochemische Technologien nutzen werden. Im Gegensatz zu bioregenerativen Kulturen sind diese nicht nur besser erprobt, sondern auch effizienter. Studien legen nahe, dass pflanzliche Systeme erst bei mehrjährigen Missionen weniger Ressourcen benötigen würden als ihre physikochemischen Konkurrenten. Bei solchen Expeditionen wäre es dann tatsächlich vorteilhaft, die Nahrung vor Ort herzustellen, anstatt die Besatzung von der Erde aus zu versorgen.

In Zukunft ist es demnach sehr wahrscheinlich, dass auch bioregenerative Systeme innerhalb der Raumfahrt eine Rolle spielen werden. Den Anfang werden vermutlich kleine Fotobioreaktoren oder Pflanzenkammern machen, die physikochemische Systeme ergänzen. Erst bei größeren Außenposten werden diese Systeme größeren Anteil an den Lebenserhaltungssystemen übernehmen können. Und sollte es schließlich irgendwann tatsächlich zu einer permanenten menschlichen Präsenz auf dem Mond oder Mars kommen, wird an Pflanzen kein Weg mehr vorbeiführen. Daher ist es sinnvoll, dass bereits heute diesbezüglich Grundlagenforschung stattfindet. Die Früchte dieser Arbeit werden dann vermutlich kommende Generationen ernten.

Riskant, aber nicht unmöglich

Eines ist jedoch klar: Wie einst die Entdeckung Amerikas oder die Weltumsegelung wird die Reise zum Mars eine überaus gefährliche Expedition werden. Erfolgreich kann sie nur sein, wenn zuverlässige und robuste Lebenserhaltungssysteme für die Astronauten existieren. Die wertvollen Erfahrungen auf der ISS helfen dabei, diese zu entwickeln. Zwar steht noch kein konkretes Datum für die erste Entdeckungsreise zum Roten Planeten fest, aber die technischen Vorbereitungen laufen bereits auf Hochtouren. Das muss auch so sein. Denn die ISS hat eine ungewisse Zukunft. Ihr Betrieb ist nur noch bis 2024 gesichert. Die Versorgung der Raumstation hat die NASA bereits in private Hände gegeben, etwa an das Unternehmen SpaceX. Eine vollständige Privatisierung ist nicht ausgeschlossen.

Fest steht, dass für die internationale institutionelle Raumfahrt kein Weg am Mars vorbeiführt. Die Pläne für eine Mission werden eifrig geschmiedet und voraussichtlich innerhalb der kommenden Jahrzehnte umgesetzt. Wann genau, lässt sich schwer abschätzen. Man darf aber davon ausgehen, dass sie dann als ein monumentales Ereignis in die Geschichtsbücher eingehen wird.

Prof. Dr. Markus Czupalla ist Professor für Raumfahrtsystemtechnik an der Fachhochschule Aachen. Er lehrt und forscht dort mit den Schwerpunkten wissenschaftliche Weltraumnutzlasten und Raumfahrzeugbau sowie Lebenserhaltungssysteme.

(Beitrag zum 21. Berliner Kolloquium der Daimler und Benz Stiftung: »Überleben im Weltraum – Auf dem Weg zu neuen Grenzen«, 24. Mai 2017)

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