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News: Ein guter Tropfen - trotz der Herkunft

In vino veritas - wieviele Geheimnisse wurden unter dem Einfluß eines guten Tropfens schon preisgegeben. Nun enthüllten amerikanische Forscher Überraschendes über den Wein selbst. Aus den Ergebnissen molekulargenetischer Analysen entwickelten sie eine Ahnentafel für einige der berühmtesten Weinsorten. Dabei stellte sich heraus, daß 16 von ihnen Nachfahren eines einzigen fruchtbaren Elternpärchens waren. Ein Elternteil ist allerdings eine Rebsorte, die in Frankreich wegen ihrer schlechten Qualität in den fünfziger Jahren vom Markt verbannt wurde.
Carole Meredith und John Bowers von der University of California in Davis nutzten für ihre Analysen eine Technik, die 1990 von australischen Genetikern entwickelt wurde. Die Forscher unterschieden damals Weinsorten anhand der sogenannten Mikrosatelliten – einfachen, sich wiederholenden DNA-Abschnitten, die bei nicht verwandten Individuen in der Länge variieren und so einen "genetischen Fingerabdruck" darstellen. Meredith und Bowles versuchten mit dieser Methode, die undurchsichtigen Verwandtschaftsbeziehungen von 322 französischen Rebsorten aufzuklären.

Mit Hilfe eines Computerprogramms filterten die Wissenschaftler übereinstimmende Muster in der Mikrosatelliten-DNA heraus. Ergebnis der Rechenarbeit ist ein Stammbaum für die Reben Burgunds, in dem die Verwandtschaftsverhältnisse von 18 Varietäten aufgedeckt sind. Überraschend ist, daß die "Eltern" der gesamten Abstammungslinie wahrscheinlich Pinot und eine weiße Rebe namens Gouais sind (Science vom 3. September 1999). Diese recht unbekannte Weinsorte wurde wegen ihrer schlechten Qualität in den fünfziger Jahren vom französischen Markt verbannt.

Außerdem stellten die beiden Forscher fest, daß die Züchtung verschiedener Rebsorten schon einige Jahrhunderte älter sein müßte als bisher angenommen. Demnach sind nach Ansicht von Meredith viele der Kreuzungen zwischen Pinot und Gouais spontan und unabhängig voneinander entstanden. Den Ergebnissen zufolge geschah das wahrscheinlich im Nordosten Frankreichs und nicht im heutigen Anbaugebiet Burgund.

Für Weinliebhaber könnten die Ergebnisse reichlich ernüchternd sein. Gerade in Frankreich bekommen neue Kreuzungen aus verschiedenen Weinreben nicht den begehrten Qualitätsnachweis "Appelation d'Origine Controllée" (AOC). Alain Bouquet, ein Weinzüchter am Institut National de la Recherche Agronomique in der Nähe von Montpellier meint dazu: "Das AOC-System wurde 1934 eingeführt mit der Annahme, daß aus Kreuzungen hervorgegangene Varitäten minderwertiger als die traditionellen Varietäten sind. Ich glaube, daß dies für den Fall von Kreuzungen zwischen alten europäischen Sorten nicht zutrifft, wie man auch jetzt daran sieht, daß die zwei weltbesten Varietäten, Cabernet Sauvignon und Chardonnay, aus einer solchen Kreuzung hervorgegangen sind."

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