News: Ein Impfstoff gegen Botulismus
Dr. Lance Simpson, Professor für Medizin am Jefferson Medical College, und Direktor des Jefferson Clinical Center for Occupational and Environmental Medicine, sowie seine Kollegen Dr. Nikita Kiyatkin und Dr. Andrew Maksymowych, entwickelten eine modifizierte und nicht-toxische Version des Botulinus-Toxins, des tödlichsten Gifts in der Natur. Das Toxin, das die Krankheit Botulismus hervorruft, bewirkt eine Form von Lebensmittelvergiftung. Wird es mit der Nahrung aufgenommen, überlebt es die unwirtlichen Bedingungen des Verdauungstrakts und wird in den Blutkreislauf aufgenommen. Schließlich gelangt es in das zentrale Nervensystem und verursacht Lähmungen.
Die Forscher haben nun eine neue Art des Toxins hergestellt, das zwar weiterhin nicht durch das Verdauungssystem vernichtet wird; es gelangt in den Blutkreislauf, kann jedoch die Nerven nicht mehr vergiften. Deswegen ist das neuartige Molekül zur Immunisierung gegen die giftige Variante geeignet und damit ein wirksamer Impfstoff gegen Botulismus. Die Wissenschaftler beschreiben in der Novemberausgabe des Magazins Infection and Immunity die Ergebnisse von Experimenten, bei denen Mäuse erfolgreich gegen Botulismus immunisiert wurden.
Der Botulismus-Impfstoff kann nach Ansicht von Simpson sofort in der Veterinärmedizin eingesetzt werden. Daher ist die Herstellung dieses Impfstoffs von Interesse für die pharmazeutische Industrie. Simpson ist außerdem der Meinung, es könnte für ihre Arbeit noch weit umfangreichere Anwendungen sowohl in der Veterinärmedizin wie auch der Humanmedizin geben.
Genau die Eigenschaften, die dieses Molekül besitzt, sind unentbehrlich für alle Schluckimpfstoffe, erklärt er. Das Molekül könnte als Träger für den Transport anderer möglicher Impfstoffe vom Verdauungstrakt in den allgemeinen Blutkreislauf eingesetzt werden – dort würden sie dann Antikörper erzeugen. Wenn dies gelänge, könnte das neue Trägermolekül das entscheidende Element zur Herstellung einer Vielzahl neuartiger Schluckimpfstoffe sein. Ein Einsatzgebiet für diese Impfstoff-Technologie wären Erkrankungen wie Diphtherie und Wundstarrkrampf. Simpson sieht sogar eine Möglichkeit für eine weit faszinierendere Anwendung.
Es gibt Dritte-Welt-Länder, in denen die Injektion oder die orale Einnahme von Impfstoffen noch immer nicht praktikabel sind. Die Gesundheitssysteme und die finanziellen Mittel sind noch immer unzureichend, erklärt er. Eine praktikable Lösung könnte sein, die Gene für die Träger-Impfstoffe in eine Pflanze zu integrieren, z.B. eine Banane. Wächst die Banane, so würde sie automatisch den Schluckimpfstoff synthetisieren. Ißt ein Mensch dann eine Banane, so würde er gleichzeitig den Schluckimpfstoff einnehmen. Dies wäre ein Weg, Krankheiten zu bekämpfen, die in Teilen der Entwicklungsländern auftreten.
Simpson und seine Kollegen beschäftigen sich nun damit, Gene zu erzeugen, die Träger-Impfstoffmoleküle codieren. Sie werden im Labor testen, ob Moleküle als Schluckimpfstoffe fungieren können. Wenn diese Arbeit erfolgreich ist, ist der nächste Schritt eine Erprobung am Menschen.
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