News: Ein merkwürdiger Stern in unserer Milchstraße
Klar ist Jenaer Astrophysikern der Friedrich-Schiller-Universität, daß dieser Materiefluß Eta Carinae irgendwann aus dem Gleichgewicht stürzen wird. Ob durch die gewaltige Explosion, die dann einen grellen Lichtblitz durchs Weltall zucken lässt, eine hell leuchtende Supernova oder aber zwei Materie verschlingende Schwarze Löcher entstehen, hängt von der verbleibenden kritischen Masse ab. "Über die nahe Zukunft von Eta Carinae, die sich in zehn Minuten oder erst in 1000 Jahren ereignen wird, können wir im Augenblick nur spekulieren", bemerkt Thomas Henning, "sicher ist nur, dass unsere Erde davon weit genug entfernt ist, um irgendetwas abzubekommen." Das beruhigt, obwohl es sich bei dem fernen Doppelstern um einen wahrhaft galaktischen Riesen handelt: Auf das mehr als 50fache Gewicht unserer Sonne schätzen die Fachleute die Einzelmasse der Sterne, das entspricht etwa 10 hoch 29 Tonnen (eine Eins mit 29 Nullen).
Für ihre Messungen haben die Astrophysiker nun Daten und Bilder ausgewertet, die mit Hlilfe des Weltraumteleskops Hubble, den Infrarot-Spektrometern eines ESA-Satelliten und der Infrarotkamera TIMMI des 3,6m-Teleskops an der Europäischen Südsternwarte auf dem chilenischen Berg La Silla gemacht wurden. Dabei wiesen sie an Hand der Infrarot-Aufnahmen erstmals ein Objekt nach, dessen Existenz die Forscher lange nur vermuteten: Beide Sterne sind von einem Torus, einem pfannkuchenähnlichen Gebilde, umgeben, das sich aus dem ,Abfall' des Materiestroms speist. Inzwischen ist dieser Torus auf über 15 Sonnenmassen angewachsen. Wenn seine Aufnahmekapazität erschöpft ist, kommt es zu dem erwarteten Crash des gesamten Systems (Nature vom 2. Dezember 1999).
Interessant ist aber auch die chemische Zusammensetzung von Eta Carinae. "Unsere Messungen im Spektralbereich von 2 bis 200 Mikrometer Wellenlänge haben einen sehr hohen Anteil von Sulfiden, insbesondere Eisensulfiden ergeben", berichtet Henning. "Diese Verbindung kommt in unserer Galaxie recht selten vor; Eta Carinae ist ein echter Exot in unserer Milchstraße." Möglich wurden diese Messungen nur vom Weltall aus, weil die infrarote Strahlung in diesen Wellenlängenbereichen vollständig von der Erdatmosphäre absorbiert wird. Daneben wiesen die Wissenschaftler eine hohe Zahl "sehr interessanter Festkörperbanden" nach, deren chemische Zusammensetzung gegenwärtig noch nicht identifiziert ist. Auch sonst gibt Eta Carinae noch manches Rätsel auf. So stellten die Forscher zwar die angesichts des fortgeschrittenen Sternenalters erwarteten großen Mengen Stickstoff fest, aber keine Stickstoffverbindungen. "Den Grund dafür kennen wir noch nicht", nennt Henning Perspektiven für die weitere Forschung.
Siehe auch
- Spektrum Ticker vom 10.6.1999
"Denn sie wissen nicht, was er tut"
(nur für Ticker-Abonnenten zugänglich) - Spektrum Ticker vom 29.5.1998
"Noch besser als erwartet"
(nur für Ticker-Abonnenten zugänglich) - Spektrum Ticker vom 8.1.1998
"Das schwerste Paar in der Milchstraße"
(nur für Ticker-Abonnenten zugänglich)
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