News: Ein molekularer Schalter läßt Zellen wuchern
"Die Stoffwechselwege, die Zellwachstum und Zelltod steuern, sind grundlegend miteinander verknüpft. Sich teilende Zellen sterben, wenn nicht bestimmte Wachstumsfaktoren vorhanden sind. Das ist ein körpereigener Schutz gegen Krebs. Wenn dieser Schutz versagt, gerät die Zellteilung außer Kontrolle", erklärt Makaro. "Deshalb ist es so wichtig, die molekularen Mechanismen zu verstehen, die den Zelltod und die Zellteilung kontrollieren."
Eine Stimulierung mit Wachstumsfaktoren setzte bei Untersuchugen an Zellkulturen in den Zellen eine komplizierte Abfolge von molekularen Signalen in Gang, an denen auch Ras und Akt beteiligt sind. Dieser über mehrere Proteine verlaufende Stoffwechselweg mündet schließlich in der Aktivierung von NF-kappaB. Dieses wiederum löst die Synthese von c-Myc aus, einem Protein, das eine Schlüsselrolle in der Regulierung von Wachstum, Differenzierung und Tod von Zellen besitzt.
"Wir wissen, daß c-Myc für die Zellteilung essentiell ist", sagt Makarov. Wenn zuviel c-Myc hergestellt wird, sterben die Zellen jedoch ab. Sind aber Wachstumsfaktoren zugegen, so ist c-Myc nicht tödlich, sondern fördert die Zellteilung. Wie nun die Wachstumsfaktoren die Funktion von c-Myc steuern, konnten die Wissenschaftler bisher nicht klären. "Wenn wir die Aktivierung von NF-kappaB unterbanden, verhinderten die Wachstumsfaktoren nicht den von c-Myc ausgelösten Tod der Zellen. Andererseits konnte aktiviertes NF-kappaB selbst die tödliche Wirkung einer Überproduktion des c-Myc-Proteins verhindern. Das bedeutet, daß die Wachstumsfaktoren über NF-kappaB die Zellteilung anregen und den Zelltod verhindern."
Die Studie wurde zwar an Zellkulturen mit normalen Zellen durchgeführt, die Ergebnisse könnten sich jedoch eventuell auf Tumorzellen, die ungehemmtes Zellwachstum zeigen, übertragen lassen. Denn hier sind Mutationen an Ras, Akt und Myc recht häufig, und dazu passend ist die Aktivierung von NF-kappaB ein oft beobachtetes Merkmal von menschlichen Tumorzellen.
Diese molekularen Mechanismen sind vielleicht auf rheumatische Arthritis übertragbar. In früheren Untersuchungen konnten Makarov und weitere Wissenschaftler nachweisen, daß die Überproduktion von c-Myc und die Aktivierung von NF-kappaB mit Veränderungen des Gewebes einher gehen, die charakteristisch für die Krankheit sind. Dazu gehören Entzündungen und das übermäßige Wachstum von Synovialzellen – den Gelenkinnenhautzellen – an den Gelenken.
"Rheumatische Arthrithis und Tumoren haben viel gemeinsam", meint Makarov. "In beiden findet man unkontrolliertes Zellwachstum. Und in beiden beobachtet man die Überproduktion von c-Myc und die Aktivierung von NF-kappaB." Damit könnte NF-kappaB ein Zielobjekt für die Forschung nach Behandlungsmethoden beider Krankheiten werden.
Siehe auch
- Spektrum Ticker vom 30.7.1999
"Zellen auf dem Weg zu Krebs"
(nur für Ticker-Abonnenten zugänglich) - Spektrum Ticker vom 21.4.1999
"Mit körpereigenen Genen gegen Krebs"
(nur für Ticker-Abonnenten zugänglich) - Spektrum der Wissenschaft Spezial 1996, Seite 85
"Neue molekulare Angriffsziele für eine Krebstherapie"
(nur für Heft-Abonnenten online zugänglich)
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