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News: Ein Oberflächenthermometer in der Tiefe

Untersuchungen an Bohrkernen aus dem Meeresboden der subtropischen Sargasso-See ergaben, daß die Oberflächentemperaturen des Wassers während der letzten Eiszeit auch dort kurzfristig mehrmals um bis zu fünf Grad Celsius schwankten. Demzufolge veränderten sich nicht nur die Temperaturen in den höheren Breiten, sondern selbst die warmen Regionen waren von plötzlichen Wechseln betroffen. Das könnte die globalen Meeresströmungen stören, die wie eine Wärmepumpe warmes Wasser aus den tropischen Ozeanen in die gemäßigten Breiten transportieren.
Klimaaufzeichnungen und -modelle zeigen, daß sich Temperaturveränderungen in den Ozeanen der wärmeren Regionen sehr wahrscheinlich weitreichend auf das globale Klimageschehen auswirken. So entsteht über den großen Oberflächen der warmen Meere mehr Wasserdampf, der Wärme in der Atmosphäre zurückhält. "Die Temperatur in der Region der warmen Meere reguliert den Wasserdampfgehalt der Atmosphäre und die Treibhauskapazität", erklärt Scott Lehmann vom Institute of Arctic and Alpine Research der University of Colorado in Boulder.

Zusammen mit seinem Kollegen Julian Sachs untersuchte Lehmann insgesamt fünfzig Meter Bohrkernmaterial, das französische Forscher aus mehreren Kilometern Tiefe in der Sargasso-See vor Bermuda gezogen haben. Die Wissenschaftler analysierten den Anteil von ungesättigten Alkenonen, organischen Verbindungen aus planktischen Algen, der letzten 100 000 Jahre als Maß für die damaligen Oberflächentemperaturen des Wassers (Science vom 22. Oktober 1999).

"Die Erwärmung vor 10 000 Jahren war begleitet vom Abschmelzen der enormen Eisdecken, einem Anstieg des atmosphärischen Kohlendioxidgehaltes um ein Drittel und Veränderungen in der jahreszeitlichen Verteilung der Sonnenenergie", erzählt Lehmann. "Aber die abrupten Veränderungen, die wir für die letzte Eiszeit feststellen konnten, scheinen fast vollständig auf die Ozeane zurückzuführen sein."

Eine Abkühlung der Meerestemperaturen kann nach Ansicht vieler Wissenschaftler schnelle und lang anhaltende Kälteperioden verursachen. Sie wirken sich auf die globalen Meeresströmungen aus und können zum Beispiel den Zustrom warmer Wassermassen aus den tropischen Regionen in die höheren Breiten unterbinden. Erst kürzlich wurde nachgewiesen, daß die Meeresströmungen im Nordatlantik durch das Schmelzwasser zweier riesiger Gletscher in der Hudson Bay für Jahrhunderte beeinflußt wurden. Die Folge war eine durchschnittliche Abkühlung von etwa drei Grad Celsius in Europa und Grönland.

"Numerische Modellierungen haben gezeigt, daß ähnliche Veränderungen auch durch Erwärmung, die mit menschliche Emissionen zusammenhängt, ausgelöst werden können", berichtet Lehmann. Mit der Erwärmung würde auch der Gehalt des klimaaktiven Wasserdampfes in der Luft erhöht und noch mehr Wärme zurückgehalten werden.

Dem Wissenschaftler zufolge war das Klima in den letzten 8 000 Jahren eigentlich recht konstant. "Durch die Veränderungen der Umwelt aufgrund der Treibhausgase werden wir sicherlich herausfinden, wie stabil das Klima der Erde wirklich ist", meint er. "Dabei werden wir womöglich feststellen, daß wir am seidenen Faden hängen."

Als nächstes gilt es nun zu überprüfen, ob ähnliche Veränderungen auch im Pazifik aufgetreten sind. "Falls dem so ist, dann wird sich die menschliche Beeinflussung der Ozeanströmungen nicht auf Europa und Grönland, sondern auf die ganze Welt auswirken."

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