Mittelalter: »Ein plumpes Machwerk eines Esels und schülerhaften Stümpers«
Alles hatte so gut angefangen für die oberrheinische Grafenfamilie der Habsburger. Rudolf I. von Habsburg wurde im Jahr 1273 als Erster von ihnen zum König des Heiligen Römischen Reichs gewählt. Auch sein Sohn Albrecht I. (1255-1308) erlangte – nach einem siebenjährigen Intermezzo eines Grafen von Nassau – die Krone. Kurzzeitig sah es sogar nach dem endgültigen Durchbruch des Hauses Habsburg aus. Denn mit diplomatischem Geschick und kluger Heiratspolitik wusste Albrecht seine Hausmacht im Reich deutlich auszubauen und sogar das Königreich Böhmen für die Habsburger zu gewinnen.
Doch kein halbes Jahrhundert später wird das Herrschergeschlecht unter Rudolf IV. (1339-1365) – aus der Furcht heraus, im Kampf um die deutsche Königskrone vollends ins Hintertreffen zu geraten – mit einem Manöver von sich reden machen, das Franz Kirchweger, Kurator im Kunsthistorischen Museum Wien, »nicht nur eine der bekanntesten Urkundenfälschungen der Geschichte, sondern auch eine der aufwändigsten, kuriosesten und folgenreichsten Dokumentenfälschungen des Mittelalters« nennt.
Gemeint ist das »Privilegium maius«. In Konkurrenz zu diesem Dokument steht eigentlich nur noch die Konstantinische Schenkung, eine um das Jahr 800 in einer klösterlichen Schreibstube entstandene Fälschung, mit der bald zahlreiche Päpste ihren Machtanspruch auf den römischen Kaiser Konstantin zurückführten. Im Fall des »Privilegium maius« wurden gleich zwei prominente Geister des Römischen Reichs beschworen: Cäsar und Nero. Wenn auch nur als flankierende Stützen eines mit Dreistigkeit ersonnenen Konvoluts, das die fingierten Unterschriften der größten und bekanntesten Herrscher des Reichs umfasste.
Prolog einer Fälschungsgeschichte
Das Ende vom Anfang des Habsburger Aufstiegs lag zu diesem Zeitpunkt schon gut 50 Jahre in der Vergangenheit. Es datiert auf das Jahr 1308, als sich der Neffe des zweiten Habsburgerkönigs Albrecht I. in seinen Erbansprüchen übergangen fühlte und den Onkel bei Streitigkeiten erschlug. Der Mord stoppte den Aufstieg der Herrscherfamilie, bevor er richtig begonnen hatte.
Denn kein Habsburger, sondern der Luxemburger Heinrich VII. wurde zum Nachfolger gewählt, womit die Pläne vom Ausbau der habsburgischen Hausmacht geplatzt waren. Der Nächste aus ihrer Familie, der den Thron besteigen durfte, musste sich seine Macht mit dem Wittelsbacher Ludwig der Bayer (1282/1286-1347) teilen, gegen den er 1322 in der Schlacht bei Mühldorf verloren hatte. Jahrelang politisch kaltgestellt, wird Friedrich der Schöne (1289-1330) erst wenige Jahre vor seinem Tod als Mitkönig anerkannt.
Als er dann 1330 stirbt, sieht es so aus, als nehme er alles mit ins Grab, was seine Ahnen mühsam aufgebaut haben. Die Krone des Heiligen Römischen Reichs ist mittlerweile auf das Adelsgeschlecht der Luxemburger übergegangen; das Reich wird ohne einen Habsburger regiert. Auch im Inneren des habsburgischen Machtgebiets rumort es: Nach ihrem Sieg bei Morgarten (1315) erklären die Schweizer ihren Abfall von Österreich. Als 1339 auch noch Otto, der Bruder Friedrichs, stirbt, ist nur noch ein Sohn König Albrechts am Leben: der 47-jährige Albrecht II. (1298-1358), ein zeitweilig an Händen und Füßen gelähmter Mann, verheiratet, aber bis dahin kinderlos.
Die Rivalen der Habsburger verteilen schon einmal die Beute. König Karl IV. der Luxemburger schafft sich auf Kosten der Habsburger eine starke Hausmacht. Böhmen und Mähren hat er bereits, dazu kommen Teile der Oberpfalz, Schlesien, die Mark Brandenburg und die Niederlausitz, außerdem erhebt er Ansprüche auf Pommern und Ungarn. Die Habsburger können im Gegenzug nur Kärnten und die Krain vorweisen.
Doch Albrecht »der Lahme« hat Glück. Nach 15-jähriger Ehe wird ihm am 1. November 1339 doch noch ein Sohn geboren. Dieser wird auf den Namen Rudolf getauft, und der Name ist Programm: Der Erbe soll weiterführen, was der Urgroßvater einst begonnen hat. Der stolze Vater Albrecht tut alles, um seinem Sohn den Weg zu ebnen. Rudolf, der Vierte seines Namens, ist noch nicht einmal neun Jahre alt, da wird er mit der gerade zweijährigen Tochter von Karl IV. verlobt. Nun sind die Habsburger mit den Luxemburgern verschwägert und haben damit keine schlechten Aussichten, irgendwann einmal deren Riesenreich vermacht zu bekommen.
Mit dem jungen Rudolf kehren die Habsburger wieder auf die große politische Bühne zurück. Und er tut alles, um seine Macht zu vergrößern. Gegen heftigen Widerstand der Wittelsbacher und der Luxemburger erhält er die reiche Grafschaft Tirol aus der Hand der Gräfin Margarete Maultasch – die nach zwei gescheiterten politischen Ehen genug hat vom Regieren und der Männerwelt. Sie überschreibt das Land an ihren nächsten Verwandten Rudolf. Damit erhält er die Kontrolle über den Brenner, die wichtigste Nord-Süd-Verbindung über die Alpen.
Die sieben Königsmacher
Aber eine Königskrone ist das noch nicht. Die Rivalen in Prag und München tun alles, um den ehrgeizigen Wiener Herzog von der Macht fernzuhalten. 1356 erlässt der zum Kaiser aufgestiegene Karl IV. die Goldene Bulle, in der die Wahl des römisch-deutschen Königs verbindlich festgeschrieben wird. In diesem Grundgesetz des Reichs, das die Wahlmonarchie zum Prinzip erhebt, wird die Verleihung und Weitergabe der Herrschaft auf einen privilegierten Kreis von sieben Kurfürsten begrenzt.
Nur folgendes Kollegium darf fortan den König wählen: die drei Erzbischöfe von Mainz, Köln und Trier als geistliche Reichsfürsten – und als weltliche Reichsfürsten der König von Böhmen, der Pfalzgraf bei Rhein, der Herzog von Sachsen und der Markgraf von Brandenburg. Sie bilden die hocharistokratische Spitze des Reichs, das sie »wie durch sieben brennende Leuchter in der Einheit des siebenfältigen Geistes erleuchten«, wie es in der Bulle heißt.
Dass die stolzen Habsburger offenbar keine großen Lichter mehr sind, wurmt den österreichischen Herzog gewaltig. Denn neben den Regularien für die Königswahl regelt die Goldene Bulle auch die Rechte der Kurfürsten sowie das zeremonielle Miteinander von König und Kurfürsten. »Macht, Rang und Ansehen manifestierten sich in der Nähe zum König«, charakterisiert der Heidelberger Mediävist Bernd Schneidmüller das adlige Beziehungsgefüge im Heiligen Römischen Reich. Wenn zum Beispiel die Goldene Bulle den Kurfürsten auf Hoftagen stets den Platz zur Rechten und Linken des Königs zuwies, dann hob diese symbolisch verankerte Privilegierung die Kurfürsten als vornehmste Glieder des Reichs hervor.
»Tollkühn formuliert Rudolf eine ganze Reihe von angeblich alten habsburgischen Sonderrechten, die [Barbarossa] den Babenbergern und damit auch ihren Nachfolgern als österreichische Landesfürsten einst gewährt haben soll«Christian Lackner, Institut für österreichische Geschichtsforschung Wien
In diesem elitären Machtzirkel müssen auch die österreichischen Herzöge ihren Platz einnehmen, davon ist Rudolf überzeugt. »In der mittelalterlichen Adelskultur, die von hohem Ehrbewusstsein und kompromisslosem Prestigedenken geprägt ist, wird eine derartige Zurücksetzung als ehrabschneidend empfunden«, sagt der emeritierte Greifswalder Historiker Karl-Heinz Spies.
Was bei Rudolf IV. hinzukommt, ist ein außergewöhnlicher Hang zur »fürstlichen Selbstdarstellung« verglichen mit den anderen Fürsten des Reichs seiner Zeit, wie es bereits in den 1950er Jahren der österreichische Historiker Alphons Lhotsky (1903-1968) erklärte. Diese stark auf die eigene Persönlichkeit zentrierte Herrschaftsrepräsentation Rudolfs manifestiere sich etwa darin, so Lhotsky, dass er alle wichtigeren Urkunden eigenhändig unterschrieb und sie nach seinen eigenen Lebensjahren datierte – eine sonst vollkommen unbekannte Praxis. Auch verwendete er Siegel, die eine neue Ikonografie aufwiesen und die Bildsprache des Kaisers an Größe übertrafen.
Was steckte hinter dieser übersteigerten Herrschaftsinszenierung? Schon früh kamen Forscher zu der Ansicht, der wahre Grund sei in Rudolfs charakterlicher Disposition zu suchen: eitel, überehrgeizig, narzisstisch – so stellte sich die Nachwelt den Habsburger Herzog vor.
Allerdings äußerte bereits der Göttinger Mittelalterhistoriker Lukas Wolfinger Zweifel an dieser Ferndiagnose. Statt auf individuelle Charaktermerkmale solle man den Fokus auf die Funktionalität seines Handelns im mittelalterlichen Sozialgefüge legen: Wie passt Rudolfs Auftreten in die Spielregeln der deutschen Adelswelt? Folgt man dem Heidelberger Mediävisten Jörg Peltzer, war »individuelle Performanz«, also das persönliche Auftreten eines Fürsten, ein wichtiger Faktor für die Rangbildung in der Vormoderne und der Rang selbst wiederum »eine zentrale Ordnungskategorie«.
Es war also nur logisch und konsequent, wenn Rudolf IV. Rangansprüche für seine Familie erhob. Die Mittel, wie er dies zu erreichen suchte, waren indes weniger honorig.
Erfundene Vergangenheit
Um sich mindestens auf die gleiche Stufe wie die Kurfürsten zu stellen, erfand Rudolf kurzerhand einen klangvollen Titel: »Pfalzerzherzog«, den er für sich beanspruchte. Erstmals publik macht Rudolf seine Ambitionen im Juni 1359, als er eine Urkunde mit dem fiktiven Titel siegelt. Doch der junge und ehrgeizige Wiener geht noch einen Schritt weiter. Um das Renommee der Habsburger zu steigern, schafft er im gleichen Jahr alternative Fakten. Der 20-Jährige manipuliert das von Kaiser Friedrich I. Barbarossa ausgestellte »Privilegium minus«, mit dem dieser anno 1156 dem babenbergischen Herzog Heinrich Jasomirgott eine Reihe von bedeutenden Rechten verbriefte. Unterschrift und Siegel des Stauferkaisers hatten das »Privilegium minus«, den »kleinen Freiheitsbrief«, in Kraft gesetzt.
Rudolf, ohne Respekt vor dem alten Dokument, lässt Pergament und Bulle voneinander trennen, die echte Barbarossa-Urkunde vernichten und von seiner Kanzlei ein völlig neues Privilegium anfertigen. »Tollkühn«, so der am Institut für österreichische Geschichtsforschung Wien lehrende Historiker und Diplomatiker Christian Lackner, »formuliert Rudolf darin eine ganze Reihe von angeblich alten habsburgischen Sonderrechten, die der Staufer den Babenbergern und damit auch ihren Nachfolgern als österreichische Landesfürsten einst gewährt haben soll.« Zu den kreativen Neuerungen aus Rudolfs Fälscherwerkstatt zählen etwa die Minimierung der Lehensbedingungen und der Ausbau der Landeshoheit: Die Hoffahrtspflicht, also der Zwang, auf Hoftagen vor dem König zu erscheinen, wurde im »Privilegium maius« vollständig aufgehoben, die Heerfahrtspflicht – auf Geheiß des Königs Kriegsdienst leisten zu müssen – ausschließlich auf Ungarn beschränkt. Zudem, so heißt es in dem manipulierten Dokument weiter, verlören alle Reichslehen in Österreich ihre Reichsunmittelbarkeit und seien dem Herzog unterstellt. Ferner reklamiert Rudolf für sich, oberster Gerichtsherr in seinen Ländern zu sein. Somit können seine Anordnungen vom Kaiser nicht mehr aufgehoben werden. Auch dürfe er nicht vor ein kaiserliches Gericht zitiert werden.
Außerdem maßt sich Rudolf in dem Dokument höchste protokollarische Würden an. So diktiert er seinen Notaren in die Feder, dass die Habsburgerherzöge künftig beim Lehensempfang nicht mehr knien müssten, sondern hoch zu Ross sitzen dürften. Schließlich lässt Rudolf am neuen Dokument die alten Siegel anbringen und nennt es großspurig »Privilegium maius« – »größerer Freiheitsbrief«.
Fingierte Referenzen
Doch nicht nur Barbarossa musste mit seinem Namen für Österreichs falsche Vergangenheit herhalten. Um seine Ansprüche zu untermauern, rief Rudolf noch andere hochrangige Persönlichkeiten in den Zeugenstand. Hierzu ließ er vier weitere vermeintlich echte »Freiheitsbriefe« anfertigen. Ausgestellt hätten diese der Salier Heinrich IV., die beiden Staufer Heinrich VII. und Friedrich II. sowie der erste habsburgische König Rudolf I. Der junge Habsburgerherzog datierte sie frech auf die Jahre 1058, 1228, 1245 und 1283. Und als Gipfel zauberten seine Fälscher noch zwei Privilegien aus der Antike aus dem Hut – eines von Julius Cäsar und eines von Kaiser Nero. In beiden Dokumenten wurde bekundet, dass das Land Österreich für immer frei und von allen Abgaben entbunden sein sollte. So weit, so die hinter dieser Privilegierung stehende Botschaft, könne keine deutsche Fürstenfamilie ihre Ansprüche zurückverfolgen. Geschichte derart zu verdrehen, erforderte dem britischen Historiker Andrew Wheatcroft zufolge »ein hohes Maß an Kaltschnäuzigkeit«.
Rudolf hat auch keinerlei Skrupel, die von ihm gefälschten Urkunden und Briefe seinem kaiserlichen Schwiegervater zur Bekräftigung seiner Ansprüche vorzulegen. Irritiert bittet Karl IV. den italienischen Dichter Petrarca, der gerade an seinem Hof weilt und als Experte der römischen Geschichte gilt, ein wissenschaftliches Gutachten zu den Dokumenten zu erstellen. Schnell entlarvt der berühmte Gelehrte die Dokumente als Fälschung und nennt den Freiheitsbrief »ein plumpes Machwerk eines Esels und schülerhaften Stümpers«.
Erbost über die dreisten Machenschaften seines Schwiegersohns wies der Kaiser dessen Begehren entschieden zurück. »Rudolf sei entweder auf Grund jugendlichen Leichtsinns oder durch verschlagene Einflüsterung vom Weg der Vernunft abgekommen«, schreibt Karl.
Rudolf ficht die kaiserliche Schelte zunächst nicht an, er hält unbeirrt an seinem Ansinnen fest. Als er kurz darauf in der Öffentlichkeit in »unstandesgemäßem fürstlichem Gezierde« auftritt und sich in seinem Siegel anmaßend mit der Königskrone präsentiert, platzt dem Kaiser der Kragen. Er zitiert den Habsburger zu sich und zwingt ihn zum Verzicht auf »derart ungebührliches Gebaren«. Rudolf lenkt ein, den Titel »Erzherzog« allerdings behält er.
Fälscher und Stifter
Nach dem gescheiterten Versuch, sich mit dem gefälschten »Privilegium maius« Vorrecht und Würden zu erschleichen, bemüht sich Rudolf auf andere Weise, die Bedeutung des Hauses Habsburg herauszustellen. Er verlagert seine Ambitionen von der Macht- auf die Kulturpolitik: Karl IV. gründet 1348 in Prag eine Universität – prompt ruft Rudolf in Wien eine Hochschule ins Leben, die Alma Mater Rudolphina Vindobonensis. Karl legt den Grundstein für den Veitsdom, Rudolf baut die romanische Wiener Staatskirche St. Stephan in einen gotischen Dom um. Wie Karl seinen Amtssitz in Prag, will Rudolf seine Residenzstadt Wien zu einer Metropole europäischen Rangs machen. »All diese Projekte«, die Rudolf den Beinamen »der Stifter« einbringen, »zielen darauf ab, die Würde von Haus und Land zu erhöhen und in einer gesteigerten Legitimation die Anerkennung im Kreis der Reichsfürsten zu verbessern«, erklärt der Wiener Historiker Lothar Höbelt.
Zwar scheitert letztlich Rudolfs Versuch, sich mit dem gefälschten »Privilegium maius« Vorrechte und Würden zuzulegen. Doch sein Fernziel – die Rückgewinnung der Königskrone für das Haus Habsburg – ist damit nicht vom Tisch. Dies zu verwirklichen, war ihm allerdings nicht mehr vergönnt. Rudolf IV. starb am 27. Juli 1365 – erst 25-jährig – in Mailand.
Sein Traum von der Königskrone erfüllt sich Jahre später in der Person seines Großneffen Albrecht V. (1397-1439). Der erinnert sich an jenen Grundsatz, der später als »Du, glückliches Österreich, heirate!« formuliert wurde: 1422 ehelicht er die Tochter des Luxemburgers Sigismund, und da es weder von diesem König noch von dessen Bruder Wenzel Söhne gibt, rücken auf einmal Ungarn, Böhmen, ja die Reichskrone in greifbare Nähe. Tatsächlich folgt der Habsburger Albrecht dem Luxemburger Sigismund nicht nur in Böhmen und Ungarn, sondern 1438 auch im Reich nach. Von nun an bleibt die Krone bis zum Ende des Reichs 1806 bei Habsburg – mit allen unerwünschten Konsequenzen, die der unerschütterliche habsburgische Familiensinn mit sich bringen sollte.
»Geschichte derart zu verdrehen, erforderte ein hohes Maß an Kaltschnäuzigkeit«Andrew Wheatcroft, University of Stirling
Auch die »stümperhafte Fälschung« wurde zur Dauereinrichtung: Knapp 100 Jahre nach Rudolfs Tod wird das »Privilegium maius« durch den Habsburger Friedrich III. – 1442 als König und 1453 als Kaiser – nachträglich bestätigt. »Damit ist durch höchste Anerkennung die Vorrangstellung der österreichischen Herzöge gegenüber anderen Reichsfürsten für alle Zeiten festgelegt«, konstatiert der Wiener Historiker Thomas Winkelbauer. Dass schon Karl IV. und sein Gelehrter Petrarca den Schwindel durchschaut hatten, verschwand aus dem kollektiven Gedächtnis.
Auf Trug gebaut, erstrahlte das Haus Habsburg für mehrere Jahrhunderte. Erst Mitte des 19. Jahrhunderts flog Rudolfs dreistes Manöver dank akribischer Quellenanalyse des deutschen Historikers und Paläografen Wilhelm Wattenbach (1819-1897) auf. Doch da war das Alte Reich schon aufgelöst. Für das junge österreichische Kaiserreich und sein habsburgisches Herrscherhaus war es dennoch höchst peinlich, dass ausgerechnet jene Privilegien, mit denen das Haus Österreich über Jahrhunderte hinweg seine herausgehobene Stellung im Reichsverband begründet hatte, erschwindelt und erlogen waren.
Dies hielt die Mitglieder der Familie freilich nicht davon ab, den erfundenen Titel eines Erzherzogs (allerdings ohne den Zusatz »Pfalz«) bis zum Untergang der Donaumonarchie 1918 als einzige Fürsten im Reich zu tragen.
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