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News: Ein Prosit auf die Gene

Immer wieder versuchen Wissenschaftler herauszufinden, inwieweit bestimmtes Suchtverhalten oder die Anfälligkeit dafür auch eine genetische Ursache haben könnte. Zumindest bei Mäusen haben sie entdeckt, daß der Alkoholkonsum und dessen Auswirkungen von der Existenz eines bestimmten Neuropeptids im Hirn abhängig ist.
Mäuse, die einen natürlich im Hirn vorkommenden Neurotransmitter namens Neuropeptid Y (NPY) nicht mehr produzieren können, nehmen signifikant mehr Alkohol zu sich als ihre Artgenossen. Außerdem reagieren sie weniger stark auf den beruhigenden und einschläfernden Einfluß der Droge: Nachdem sie ihren "Rausch" ausgeschlafen hatten, wachten sie im Vergleich zu normalen Mäusen früh und "frisch" auf. Wurde bei Versuchtieren aber eine abnorm hohe Produktion des NPY induziert, dann fanden die tierischen Probanden wenig Geschmack am Alkohol und litten weit stärker – sie waren viel anfälliger für einen starken "Kater" (Nature, Ausgabe vom 26. November 1998).

Um den Einfluß der NPY-Konzentration auf den Alkoholkonsum zu überprüfen, gingen Todd Thiele und seine Kollegen von der University of Washington folgendermaßen vor: Sie untersuchten drei Gruppen von Versuchstieren. Die eine bestand aus Mäusen, die genetisch so verändert wurden, daß sie nicht mehr in der Lage waren, NPY zu produzieren. Die Tiere der zweiten Gruppe waren entsprechend manipuliert worden, besonders viel NPY aufzubauen. Die Kontrollgruppe bestand aus unbehandelten Mäusen. Alle Labormäuse wurden einzeln gehalten und durch zwei Flaschen mit Nahrung und Wasser versorgt. Dann wurde das Wasser durch eine Ethanollösung ersetzt, deren Konzentration die Wissenschaftler schrittweise von von drei Prozent Ethanol über sechs und zehn auf zwanzig Prozent erhöhten. Jede der Lösungen stand den Mäusen für acht Tage zur Verfügung. Eine dreiprozentige Ethanollösung ist dabei in etwa mit dem Konsum von Bier vergleichbar, während man bei zwanzig Prozent Ethanol schon bei Whisky angelangt ist.

Nach Meinung der Wissenschaftler sind diese Ergebnisse ein weiterer Hinweis auf eine mögliche genetische Beeinflussung von Alkoholkonsum und -mißbrauch auch beim Menschen. Jetzt werden sie versuchen, den genauen Mechanismus herauszufinden, durch den NPY diese Wirkung hervorruft. Die Untersuchungen sind auch im Hinblick darauf interessant, daß gegenwärtig einige Medikamente, die die NPY-Rezeptoren blockieren, zur Behandlung von Übergewicht getestet werden. Es sollte sichergestellt sein, daß es dann nicht heißt: Trinken statt essen.

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