Besuch beim Todesboten: Auf zum Asteroiden Apophis!
Am Freitag, dem 13. April 2029 gegen 23:46 Uhr MESZ, wird der Asteroid (99942) Apophis der Erde im Abstand von nur 31 500 Kilometern begegnen, weniger als die Bahnhöhe von Fernsehsatelliten. Apophis hatte schon vor Jahren für Furore gesorgt, weil es zunächst den Anschein hatte, dass der kleine Himmelskörper auf der Erde einschlagen könnte. Inzwischen wurde die Katastrophe abgesagt. Der erdnahe Asteroid ist ein etwa 350 Meter großer Gesteinsbrocken mit einer Masse von rund 50 Millionen Tonnen. Die enge Begegnung wird nicht nur ein weltweites Medienereignis ersten Ranges werden, sondern bietet auch eine einmalige wissenschaftliche Gelegenheit: Fast alle Asteroiden einer Größe von mehr als 100 Metern sind mit hoher Wahrscheinlichkeit fliegende Geröllhaufen, die durch die gegenseitige Anziehung ihrer Einzelteile zusammengehalten werden – große und kleine Gesteinsbrocken bis hinunter zu Staubkörnern.
Beobachtungsdaten belegen, dass fast nur kleine Asteroiden eine kürzere Rotationsperiode als ein als »Schutthaufen-Rotationsgrenze« (englisch: Rubble Pile Spin Barrier) bezeichneter Wert von etwas mehr als 2,2 Stunden aufweisen. Das lässt sich nur so erklären, dass eine schnellere Rotation zu Zentrifugalkräften führen würde, die den schwachen Zusammenhalt infolge der eigenen Schwerkraft überwiegen. Nur feste Gesteinsbrocken, also Monolithen, können schnell rotieren. Apophis selbst rotiert mit einer Periode von 30,6 Stunden viel langsamer als dieser Grenzwert. Wenn nun ein Asteroid einem großen Planeten nahe kommt, treten erhebliche Gezeitenkräfte auf.
Apophis wird zwar nicht so nahe an die Erde herankommen, dass die Gezeitenkräfte den Geröllhaufen auseinanderreißen. Aber es besteht durchaus die Möglichkeit, dass er dabei durchgeknetet und verformt wird. Dabei gelangt Material aus dem Asteroideninneren an die Oberfläche. Man hat zwar schon mit spektroskopischen Messungen aus der Ferne bei anderen Objekten die Folgen einer solchen Umstrukturierung feststellen können, der Vorgang selbst wurde aber noch nie in Echtzeit und aus der Nähe beobachtet. Bei Apophis besteht am 13. April 2029 erstmals die Möglichkeit dazu.
Eine Raumsonde zu Apophis?
Dazu muss man allerdings eine Raumsonde zu Apophis schicken, die vor, während und nach der Erdbegegnung den Asteroiden im Formationsflug begleitet. Alternativ könnte man zwar auch einen Satelliten in eine geeignete Bahn um die Erde starten, die den Asteroiden am 13. April 2029 ins Visier nimmt. Da dieser aber am erdnächsten Punkt, dem Perigäum, mit mehr als 7,7 Kilometern pro Sekunde (27 600 Kilometern pro Stunde) fliegt, zudem auch noch entgegensetzt der Umlaufrichtung (retrograd), wäre die Relativgeschwindigkeit zu einem Erdsatelliten enorm. So wäre maximal eine wissenschaftlich wertlose Blitzbeobachtung möglich.
Ein Startfenster für eine Begleitmission existiert ein Jahr früher, im April 2028. Eine dann gestartete Sonde könnte Apophis im Februar 2029 erreichen und den Asteroiden dauerhaft begleiten. Es wäre Zeit genug, den Körper vorher und nachher detailliert zu charakterisieren und alle Veränderungen infolge der nahen Erdbegegnung zu dokumentieren.
Geplante Missionen
Die NASA-Asteroidensonde OSIRIS-REx wurde inzwischen zu OSIRIS-APEX umbenannt. Sie hat nach erfolgreicher Probenrückführung vom Asteroiden (101955) Bennu Kurs auf Apophis genommen, kann diesen aber erst nach der Erdbegegnung erreichen. Die ESA plant dagegen eine Mission namens RAMSES (Rapid Apophis Mission for SpaceE Safety). Dazu soll die Sonde HERA, die im Oktober 2024 zum Asteroidendoppelsystem (65803) Didymos gestartet werden soll, noch einmal in leicht modifizierter Form gebaut und eingesetzt werden. Der Einsatz bereits entwickelter Hardware beschleunigt und verbilligt die Planungsphase erheblich. Der endgültige Beschluss zur Durchführung von RAMSES steht allerdings noch aus. Von anderen konkreten Raumsondenprojekten zur Erkundung von Apophis ist derzeit nichts bekannt.
Die Nutzlast von RAMSES umfasst als Minimum zwei hochauflösende Kameras und zwei Kleinsatelliten, so genannte Cubesats, deren genaue Instrumentierung noch zu definieren ist. Auch die weiteren Instrumente der Hauptsonde müssen noch gewählt werden. Kandidaten sind unter anderem ein bodendurchdringendes Radar, ein Laserhöhenmesser oder ein thermisches Emissionsspektrometer. Während der größten Annäherung sollen besonders viele Aufnahmen des Asteroiden gemacht und zeitnah zur Erde geschickt werden. Zu dieser Zeit werden Milliarden Menschen in den Himmel schauen. Da müssen einfach auch PR-wirksame »money shots« des Asteroiden mit der Erde im Hintergrund gemacht werden. Eine solche Gelegenheit wird es so bald nicht wieder geben.
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