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Europäische Jupitersonde JUICE: Ein Rendezvous mit Mond und Erde

Am 19. und am 20. August 2024 passiert die europäische Jupitersonde JUICE zuerst den Mond, dann die Erde auf ihrem Weg zum Riesenplaneten. Den erreicht sie aber erst im Juli 2031.
Mond und Erde im Blick des DSCVR-Satelliten der NASA
Noch nicht von JUICE: Mond und Erde zusammen aufgenommen vom NASA-Satelliten DSCVR im Jahr 2015.

LEGA ist die Bezeichnung für den Missionsabschnitt, den die europäische Jupitersonde JUICE in den nächsten Tagen absolvieren wird. LEGA steht für »Lunar Earth Gravity Assist« und bedeutet »Schwerkraftmanöver an Mond und Erde«. Diese Vorgehensweise ist eine Premiere in der Raumfahrt. Der Sinn und Zweck des Ganzen ist die Optimierung der Bahn des Jupiter Icy Moons Explorer auf seinem langen Weg zum Riesenplaneten Jupiter, den er im Juli 2031 erreichen soll.

Kurz vor Mitternacht, am 19. August um 23:16 Uhr unserer Zeit (MESZ), nähert sich JUICE unserem Mond bis auf 751 Kilometer zur kraterbedeckten Oberfläche. Rund 24 Stunden später kommt die Sonde um 23:57 Uhr der Erdoberfläche bis auf 6807 Kilometer oberhalb der Philippinen nahe. Während der ganzen Zeit in Mond- und Erdnähe werden verschiedene wissenschaftliche Instrumente wie Kameras, Spektrometer, das Radarsystem, die Navigationskamera sowie weitere Geräte in Betrieb sein und Messdaten aufzeichnen. Sie dienen vor allem der Kalibration der Instrumente an zwei wohlbekannten Himmelskörpern, so dass sich die späteren Untersuchungen im Jupitersystem optimieren lassen. Aber auch die ästhetischen Aspekte der beiden Vorbeiflüge werden nicht außer Acht gelassen: Die ESA plant,eine ganze Reihe an Bildern aufzunehmen.

Selbst mit der seinerzeit leistungsstärksten europäischen Trägerrakete Ariane 5 konnte JUICE im April 2023 nicht auf den direkten Weg zum Jupiter gebracht werden. Vielmehr benötigt die Sonde Vorbeiflüge an den Planeten des inneren Sonnensystems; mit Hilfe von deren Schwerefeldern kann sie genug Geschwindigkeit aufbauen, um den Riesenplaneten zu erreichen. Dafür fliegt sie einmal an Mond und Erde, dann an der Venus und noch zweimal an der Erde vorbei und gelangt schließlich im Januar 2029 auf die finale Bahn zu Jupiter. Auf dieser wird JUICE noch einmal zweieinhalb Jahre zum Riesenplaneten benötigen. Ohne die Vorbeiflüge hätte die rund sechs Tonnen schwere Raumsonde zusätzlich etwa 60 Tonnen Treibstoff benötigt, um Jupiter nahe zu kommen. Eine detaillierte Beschreibung der Raumsonde JUICE und ihres Missionsverlaufs findet sich im Juliheft 2023 von »Sterne und Weltraum«.

Die nun unmittelbar bevorstehenden Vorbeiflüge an Mond und Erde dienen dazu, JUICE auf eine optimale Bahn zum inneren Nachbarplaneten Venus zu bringen, die sie am 31. August 2025 in einer Höhe von 5100 Kilometern passieren soll. Der Vorbeiflug am Mond erhöht die Geschwindigkeit von JUICE relativ zur Sonne um 0,9 Kilometer pro Sekunde (3240 Kilometer pro Stunde), die Passage an der Erde reduziert die Geschwindigkeit von JUICE relativ zur Sonne um 3,3 Kilometer pro Sekunde (17 300 Kilometer pro Stunde). Dann befindet sich JUICE auf der Transferbahn zur Venus, deren Passage sie wieder relativ zur Sonne beschleunigt. Insgesamt muss JUICE eine Überschussgeschwindigkeit von neun Kilometern pro Sekunde (32 400 Kilometern pro Stunde) relativ zur Sonne erreichen, um bei Jupiter anzukommen, was nur durch das Zusammenspiel der vier Planetenvorbeiflüge innerhalb der ersten sechs Jahre des Fluges gelingt. Beim Start hatte die Sonde eine Überschussgeschwindigkeit von 2,5 Kilometern pro Sekunde (9000 Kilometern pro Stunde).

Bei einem dichten Vorbeiflug an einem Planeten wird eine Raumsonde von dessen Schwerkraft angezogen und dabei beschleunigt. Wenn sich die Sonde dann wieder vom Planeten entfernt, wird sie durch dessen Schwerkraft abgebremst. Relativ zum überflogenen Planeten betrachtet ändert sich die Geschwindigkeit der Sonde im Endeffekt nicht. Aber dies gilt nicht relativ zur Sonne gesehen: Je nach Wahl der Bahn kann ein Raumfahrzeug entweder beschleunigt oder abgebremst werden. Bei einer Beschleunigung verliert der passierte Planet einen winzigen, unmessbaren Teil seiner Bewegungsenergie relativ zur Sonne, während die im Vergleich zu ihm praktisch masselose Sonde durch Impulsübertragung stark an Geschwindigkeit zulegt. Bei einer Abbremsung im Schwerefeld eines Planeten, wie es jetzt am 20. August erfolgen wird, überträgt die Sonde einen Teil ihrer Bewegungsenergie auf den Planeten, der dadurch um eine unmessbare Winzigkeit beschleunigt wird, während die Sonde einen signifikanten Teil ihrer Geschwindigkeit einbüßt.

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