Luftbildarchäologie: Ein römisches Venedig
Bereits lange vor Gründung Venedigs prosperierte an fast gleicher Stelle eine römische Großstadt. Luftbilder verraten: Schon damals nutzte man geschickt den Standortvorteil am Wasser.
Es begann mit der Eroberung durch Attila Mitte des 5. Jahrhunderts. Dann kamen die Langobarden und schließlich immer mehr germanische Barbaren. Als der Druck zu groß wurde, gaben die Bewohner auf. Rund zwei Jahrhunderte hatte der Niedergang gedauert, dann war das blühende römische Altinum, eine lokale Metropole mit bis zu 20 000 Einwohnern und einer Ausdehnung vergleichbar der Pompejis, zum Steinbruch für Baumaterial verkommen.
Schutz vor den Angreifern hatten seit eh und je die Inseln in der nahe liegenden Lagune geboten. Hier waren längst neue Siedlungen entstanden, und hierher dürften sich schließlich auch die allerletzten zurückgezogen haben, die noch in Altinum ausgeharrt hatten. Mit "Veni etiam" ("Auch ich bin hierher gekommen") begrüßten der Legende nach die ehemaligen Flüchtlinge alle Neuankömmlinge und gaben so einer der Neugründungen ihren Namen. Sie sollte es später zu einer wahren Berühmtheit bringen: Venedig.
Zumindest für Archäologen erwies sich die Nähe zur Lagune als Glücksfall: Ein Anstieg des Meeresspiegels ließ das Gelände ein paar Jahrhunderte später im Wasser versinken. Landgewinnungsmaßnahmen in der Neuzeit legten schließlich die im Erdboden versunkenen Ruinen wieder trocken. Heute erstrecken sich Äcker, Feldwege und ein paar Bäume, wo sich einst Haus an Haus reihte.
Aus der Vogelperspektive
"Altinum ist die einzige Stadt in Norditalien – und einer der wenigen in ganz Europa –, die nie unter mittelalterlichen und modernen Städten begraben wurden", schreibt das Archäologenteam um Andrea Ninfo von der Università degli Studi in Padua. Vor zwei Jahren begannen die Forscher auf dem Gelände mit dem Blick unter die Oberfläche – ohne dass sie dafür einen Spaten in die Hand nahmen. Heraus kam jetzt ein stellenweise überraschend detaillierter Stadtplan Altinums.
Mit Hilfe von Fotografien aus der Luft machten Ninfo und Kollegen die im Erdreich verborgenen Strukturen sichtbar, unter anderem mit Aufnahmen im nahen Infrarot. Das Prinzip hinter der Luftbildarchäologie ist einfach: Dort wo unterirdisch Gebäudereste aus Stein liegen, gedeihen die Pflanzen schlechter als in der Umgebung; wo hingegen ein antiker Graben heute mit Humus gefüllt ist, bietet der Boden mehr Nährstoffe als anderswo.
Erst in der Vogelperspektive wird aus den am Boden kaum wahrnehmbaren Wachstumsunterschieden ein Gewirr aus Linien, Flächen und Umrissen. Eine Dürreperiode während der Prospektionen im Juli 2007 setzte den Pflanzen in den kargen Bereichen besonders zu und ließ die Strukturen noch deutlicher hervortreten
So konnten die Wissenschaftler nicht nur Wohngebiete ausmachen, auch zahlreiche repräsentative Monumentalbauten zeichneten sich ab: mehrere Theater, darunter ein Amphitheater, Tempel, Markthallen und das Zentrum urbanen römischen Lebens – das Forum. Die meisten Großbauprojekte, so die Forscher, dürfte man in einer Zeit unternommen haben, als Altinum seine größte Ausdehnung erreichte. Die Blütephase begann im ersten Jahrhundert v. Chr. und endete im ersten Jahrhundert n. Chr.
Altinums Canal grande
"Den Daten nach zu urteilen, nutzen die Römer erfolgreich das amphibische Umfeld aus", erläutern die Forscher. Auch wenn sich Altinum nicht mit dem weitverzweigten Kanalnetz des späteren Venedig messen kann – die Anpassung an die Besonderheiten der Lage scheint den Stadtvätern wenig Schwierigkeiten bereitet zu haben, meinen die Archäologen.
Freilich wollen diese sich mit den aus der Luft gewonnenen Daten allein nicht zufrieden geben. Feldbegehungen mit Magnetometern, die aus winzigen Abweichungen im Erdmagnetfeld Rückschlüsse auf Strukturen unter der Oberfläche zulassen, werden Lücken im Stadtplan füllen und zusätzliche Details liefern. Und natürlich seien auch Grabungskampagnen bereits in der Planungsphase, heißt es von den italienischen Archäologen. Wo man dazu am besten den Spaten ansetzt, ist nun ja bestens bekannt.
Schutz vor den Angreifern hatten seit eh und je die Inseln in der nahe liegenden Lagune geboten. Hier waren längst neue Siedlungen entstanden, und hierher dürften sich schließlich auch die allerletzten zurückgezogen haben, die noch in Altinum ausgeharrt hatten. Mit "Veni etiam" ("Auch ich bin hierher gekommen") begrüßten der Legende nach die ehemaligen Flüchtlinge alle Neuankömmlinge und gaben so einer der Neugründungen ihren Namen. Sie sollte es später zu einer wahren Berühmtheit bringen: Venedig.
In Wirklichkeit hat der Name einen wesentlich profaneren Ursprung. Seit Jahrhunderten siedelte in der Gegend das Volk der Veneter, die im zweiten Jahrhundert v. Chr. vom expandierenden Römischen Reich geschluckt wurden. Wie viele Kleinstädte Oberitaliens ist auch das antike Altinum eine ihrer Gründungen.
Zumindest für Archäologen erwies sich die Nähe zur Lagune als Glücksfall: Ein Anstieg des Meeresspiegels ließ das Gelände ein paar Jahrhunderte später im Wasser versinken. Landgewinnungsmaßnahmen in der Neuzeit legten schließlich die im Erdboden versunkenen Ruinen wieder trocken. Heute erstrecken sich Äcker, Feldwege und ein paar Bäume, wo sich einst Haus an Haus reihte.
Aus der Vogelperspektive
"Altinum ist die einzige Stadt in Norditalien – und einer der wenigen in ganz Europa –, die nie unter mittelalterlichen und modernen Städten begraben wurden", schreibt das Archäologenteam um Andrea Ninfo von der Università degli Studi in Padua. Vor zwei Jahren begannen die Forscher auf dem Gelände mit dem Blick unter die Oberfläche – ohne dass sie dafür einen Spaten in die Hand nahmen. Heraus kam jetzt ein stellenweise überraschend detaillierter Stadtplan Altinums.
Mit Hilfe von Fotografien aus der Luft machten Ninfo und Kollegen die im Erdreich verborgenen Strukturen sichtbar, unter anderem mit Aufnahmen im nahen Infrarot. Das Prinzip hinter der Luftbildarchäologie ist einfach: Dort wo unterirdisch Gebäudereste aus Stein liegen, gedeihen die Pflanzen schlechter als in der Umgebung; wo hingegen ein antiker Graben heute mit Humus gefüllt ist, bietet der Boden mehr Nährstoffe als anderswo.
Erst in der Vogelperspektive wird aus den am Boden kaum wahrnehmbaren Wachstumsunterschieden ein Gewirr aus Linien, Flächen und Umrissen. Eine Dürreperiode während der Prospektionen im Juli 2007 setzte den Pflanzen in den kargen Bereichen besonders zu und ließ die Strukturen noch deutlicher hervortreten
So konnten die Wissenschaftler nicht nur Wohngebiete ausmachen, auch zahlreiche repräsentative Monumentalbauten zeichneten sich ab: mehrere Theater, darunter ein Amphitheater, Tempel, Markthallen und das Zentrum urbanen römischen Lebens – das Forum. Die meisten Großbauprojekte, so die Forscher, dürfte man in einer Zeit unternommen haben, als Altinum seine größte Ausdehnung erreichte. Die Blütephase begann im ersten Jahrhundert v. Chr. und endete im ersten Jahrhundert n. Chr.
Altinums Canal grande
Vor allem aber ergebe sich aus dem Grundriss, wie gut die Veneter den Standortvorteil zu nutzen wussten. Auch Altinum hatte seinen "Canal grande", der mitten durch die Stadt lief und den Zugang zur Lagune erleichterte. Gleichzeitig war damit eine Verbindung zu Flüssen im Hinterland geschaffen. Ein Hafen schloss sich direkt an das Stadtgebiet an. Die Rekonstruktion der antiken Topografie, bei der sich die Forscher auf Satellitendaten stützten, zeigt, dass die Stadt auf einer zwei bis drei Meter hohen Anhöhe lag, an deren Flanken zu römischer Zeit die Wellen der Lagune geschlagen haben dürften.
"Den Daten nach zu urteilen, nutzen die Römer erfolgreich das amphibische Umfeld aus", erläutern die Forscher. Auch wenn sich Altinum nicht mit dem weitverzweigten Kanalnetz des späteren Venedig messen kann – die Anpassung an die Besonderheiten der Lage scheint den Stadtvätern wenig Schwierigkeiten bereitet zu haben, meinen die Archäologen.
Freilich wollen diese sich mit den aus der Luft gewonnenen Daten allein nicht zufrieden geben. Feldbegehungen mit Magnetometern, die aus winzigen Abweichungen im Erdmagnetfeld Rückschlüsse auf Strukturen unter der Oberfläche zulassen, werden Lücken im Stadtplan füllen und zusätzliche Details liefern. Und natürlich seien auch Grabungskampagnen bereits in der Planungsphase, heißt es von den italienischen Archäologen. Wo man dazu am besten den Spaten ansetzt, ist nun ja bestens bekannt.
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