Sensationsfund in Niedersachsen: Ein Sack voll bronzezeitlichem Gold auf freier Flur
Eigentlich hatten die Archäologen die Reste einer bronzezeitlichen Siedlung erwartet, stattdessen gab der Erdboden einen Schatzfund mit nicht weniger als 117 Goldobjekten preis. Das umfangreiche Depot mit einem Gesamtgewicht von 1,8 Kilogramm trat in Gessel beim niedersächsischen Syke (Landkreis Diepholz) zu Tage. Dort waren die Schmuckstücke vor mehr als 3300 Jahren auf freier Flur vergraben worden.
Es handelt sich vor allem um verschieden große Spiralen, die als Arm- oder Haarschmuck dienten. Als besondere Funde erwiesen sich zudem eine mit Sonnensymbolen dekorierte Gewandspange und ein in sich gedrehter Ring sowie zehn Ketten aus Drahtspiralen. Auf Grund ihrer Machart datieren die Forscher die jüngsten Stücke ans Ende des 14. Jahrhunderts v. Chr.
Da zu dem Schatzfund auch ein halbfertiger Ring zählt, geht der leitende Archäologe Bernd Rasink vom niedersächsischen Landesamt für Denkmalpflege in Hannover davon aus, dass es vielleicht ein Händler war, der sein Hab und Gut verwahrte. "Dass sich an Ort und Stelle ein Kultort der mittleren Bronzezeit befand, dafür spricht momentan noch nichts", so Rasink. Auch die zehn großen Spiralketten, die sonst nur als Einzelstücke aus Gräbern bekannt sind, deutet der Archäologe vorsichtig als "eine Art Währung".
Die Fundstelle hatten Grabungstechniker im Zuge der Bauarbeiten an der Nordeuropäischen Erdgasleitung schon vorab ausfindig gemacht – günstig gelegen auf einer kleinen Anhöhe nahe der Stadt Syke vermutete man dort einen Siedlungsplatz. Anfang April 2011 stießen die Ausgräber auf das Golddepot und gingen umgehend an dessen Bergung: In Holzleisten verpackt wurde der Fund als Ganzes aus dem Erdreich gehoben und anschließend im Labor geröntgt. Auf den CT-Bildern fiel den Forschern die ungewöhnliche Anordnung der Stücke ins Auge – offenbar hatte der einstige Besitzer seinen Goldschatz in einem Beutel oder Tuch verstaut und mit vier Nadeln aus Bronze verschlossen. An Letzteren fanden sich Stoffreste, die Experten des Niedersächsischen Landeskriminalamts als Leinenfasern bestimmen konnten. Wie Bernd Rasink erklärt, soll nun mit Hilfe einer Radiokarbondatierung das Alter der Textilfragmente präzise bestimmt werden.
Die bisherigen Untersuchungen ergaben überdies, dass die Spiralen aus gezogenem Golddraht gewickelt wurden – eine fortschrittliche Herstellungstechnik im Vergleich zur damals sonst gängigen Treibarbeit. Zudem konnten Archäometallurgen der Leibniz Universität in Hannover erste Hinweise auf die Herkunft des Metalls gewinnen: Zu ihrer Überraschung stammt das Gold der wenigen bislang untersuchten Stücke aus Zentralasien. "Wir hatten stets nur den Mittelmeerraum als Herkunftsregion im Blick", sagt Bernd Rasink. Das Gold kam aber wohl nicht auf direktem Weg nach Europa: Die Schmuckteile bestehen aus recyceltem Edelmetall. Machart und Form der Objekte würden aber recht sicher auf das nördliche Deutschland und Europa als Herstellungsort verweisen.
Auf ein vergleichbares Depot stießen Bauarbeiter letztmalig 1913 in Eberswalde bei Berlin. In einem Tongefäß lagen acht Goldschalen und darin 73 Objekte aus demselben Metall aus dem 10. oder 9. Jahrhundert v. Chr. Der 2,59 Kilogramm schwere Schatz wurde 1945 in die Sowjetunion verschleppt und befindet sich heute im Moskauer Puschkin-Museum.
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