Raumfahrt: Solch ein Satelliten-Rendezvous gab's im All noch nie
Rund drei Monate nach dem Start am 9. Oktober 2019 war es unterwegs, um am 25. Februar 2020 Raumfahrtgeschichte zu schreiben. An diesem Tag koppelte das Mission Extension Vehicle-1 MEV-1 am Kommunikationssatelliten Intelsat 901 an. Damit hat es der US-Raumfahrtkonzern Northrop-Grumman als Erster geschafft, in 36 000 Kilometer Höhe über dem Erdäquator, ein Rendezvousmanöver mit einem anderen Satelliten durchzuführen. In der geostationären Umlaufbahn bewegen sich Satelliten mit der gleichen Geschwindigkeit, wie die Erde rotiert, so dass sie am Himmel scheinbar feststehen.
Intelsat 901 war bereits im Jahr 2001 ins All gestartet, und seine Vorräte an Treibstoff, die für die Ausrichtung des Satelliten zur Erde benötigt werden, gingen allmählich zur Neige. Normalerweise bedeutet dies das Ende für ein solches Raumfahrzeug, obwohl die Technik an Bord noch voll einsatzfähig ist. Aber ohne genaue Ausrichtung ist keine zuverlässige Verbindung mit der Erde möglich. Somit wurde der Satellit mit dem letzten Rest an Treibstoff in eine geringfügig höhere Bahn angehoben, um dort Teil eines Satellitenfriedhofs zu werden. In Zusammenarbeit mit Northrop-Grumman testete nun der Betreiber Intelsat die Möglichkeit, die Nutzungsdauer zu verlängern, und verwendete dafür ein bereits finanziell abgeschriebenes Raumfahrtgerät. Mit dem erfolgreichen Rendezvous und Ankoppeln von MEV-1 lässt sich Intelsat 901 noch für mindestens fünf weitere Jahre nutzen. Dabei sitzt das MEV huckepack auf dem Kommunikationssatelliten und übernimmt für ihn die Lagekontrolle und die Ausrichtung. Zudem steuert es ihn zurück an seine Position, wo er zuvor 19 Jahre lang in Betrieb war.
Nach dem Start musste das MEV-1 mehrere Schubmanöver durchführen, um innerhalb von mehr als drei Monaten die Umlaufbahn von Intelsat 901 zu erreichen. Schließlich gelangte es in die unmittelbare Umgebung seines »Kunden« und pirschte sich vorsichtig immer näher an ihn heran. Dabei nahm die Bordkamera interessante Bilder von der Annäherung und dem eigentlichen Andocken auf. Als nun noch wenige Dutzend Zentimeter Abstand zwischen den beiden Raumfahrzeugen lagen, fuhr das MEV eine lange Andocksonde aus und steckte diese in die Raketendüse des Antriebsmotors von Intelsat 901. Danach zog ein Mechanismus beide Satelliten zusammen, so dass sie sich nun in einem festen Verband befinden.
Für das MEV wird es in Zukunft viele weitere Aufgaben geben. Es eignet sich nicht nur dazu, die Lebensdauer von anderen Satelliten zu verlängern, sondern kann auch im Kampf gegen den Weltraummüll zum Einsatz kommen. So könnte es inaktive Raumfahrtzeuge einfangen und diese zum Verglühen in die Erdatmosphäre transportieren oder in einen »Friedhofsorbit« bringen. Auch ferngesteuerte Reparatur- und Wartungsmissionen sind denkbar, ohne dass dafür Astronauten ins All entsendet werden müssen.
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