News: Ein Schädel macht noch keine Art
Vor fast zwei Millionen Jahren teilten sich zwei Menschenarten die Jagdreviere Ostafrikas: Homo habilis und Homo rudolfensis. Wirklich? Oder war Homo habilis doch allein?
Früher war alles ganz einfach. Eine schnurgerade Linie führte direkt vom Tier zum Menschen: Da gab es Lucy, Australopithecus afarensis, aus der über Australopithecus africanus irgendwann und irgendwie Homo habilis und Homo erectus wurde, um schließlich in der "Krone der Schöpfung", Homo sapiens, zu münden. Und dann gab es noch den Neandertaler, von dem nie ganz klar war, ob er nur eine Sackgasse auf diesem geraden Weg darstellt, oder ob er nicht doch seine genetischen Spuren bei uns hinterlassen hat.
Doch die Zeiten sind vorbei. Immer mehr Funde machen die Evolution der Hominiden kompliziert – oder genauer gesagt der Homininen, denn etliche Forscher fassen die Menschen zum Tribus Hominini zusammen, um sie von den ebenfalls zur Familie Hominidae gehörenden Menschenaffen abzugrenzen. Jedenfalls tauchen immer neue Gattungen und Arten auf, wie Sahelanthropus, Orrorin oder Kenyanthropus und Homo ergaster oder Homo antecessor, und bevölkern einen ganzen Homininenzoo. Der Stammbaum des Menschen wird zu einem weit verzweigten Busch.
Dazu gehört auch eine Art, die ihre Existenz zunächst einem Irrtum verdankte: 1972 fanden Anthropologen in Kenia einen Schädel, dessen Alter auf 2,9 Millionen Jahre taxiert wurde. Trotz seiner Ähnlichkeit zu Überresten von Homo habilis konnte damit 'KNM-ER 1470', wie der Fund zunächst hieß, nicht zu dieser Art gehören. Doch dummerweise hatte man sich bei der Altersbestimmung um eine Million Jahre vertan. Der Träger des Schädels wandelte vermutlich "erst" vor 1,9 Millionen Jahren auf Erden – und damit gleichzeitig wie Homo habilis. Dennoch schlug Valerij Alexejew 1986 den Namen Homo rudolfensis vor – nicht ohne Widerspruch, denn "ein Schädel macht noch keine Art", wie der Anthropologe Eric Delson von City University of New York spöttisch bemerkte.
Doch 1995 schien die neue Art Unterstützung zu bekommen. In der Olduvai-Schlucht in Tansania – einem El Dorado für Anthropologen – grub das Team um Robert Blumenschine von der Rutgers University einen Oberkiefer aus, der KNM-ER 1470 stark ähnelte. Auch die Datierung mit 1,84 bis 1,79 Millionen Jahre passte, sodass der Zuordnung von Fund OH 65 zu Homo rudolfensis eigentlich nichts mehr im Wege stand.
Doch Blumenschine war sich da nicht so sicher. Er verglich den Oberkiefer mit dem Skelettfund OH 62, der wiederum als Homo habilis betrachtet wird. Sein Ergebnis: Alle drei Überreste, KNM-ER 1470, OH 62 und OH 65, ähneln einem Fund, den Jonathan Leakey bereits 1960 an das Licht der Welt holte: OH 7 ist das Typusexemplar von Homo habilis.
Damit zweifelt Blumenschine die Existenz der Art Homo rudolfensis an. Alle Funde gehören seiner Meinung nach einzig und allein zu Homo habilis – der Homininenzoo wird ein wenig übersichtlicher.
Egal wo er nun hingehört, Fund OH 65 ist auf jeden Fall interessant. Denn er besteht nicht nur aus dem Oberkiefer, sondern auch aus Steinwerkzeugen und bearbeiteten Tierknochen – und zeigt damit die hohe geistige Leistungsfähigkeit, zu der die Menschheit vor fast zwei Millionen Jahren bereits in der Lage war.
Doch die Zeiten sind vorbei. Immer mehr Funde machen die Evolution der Hominiden kompliziert – oder genauer gesagt der Homininen, denn etliche Forscher fassen die Menschen zum Tribus Hominini zusammen, um sie von den ebenfalls zur Familie Hominidae gehörenden Menschenaffen abzugrenzen. Jedenfalls tauchen immer neue Gattungen und Arten auf, wie Sahelanthropus, Orrorin oder Kenyanthropus und Homo ergaster oder Homo antecessor, und bevölkern einen ganzen Homininenzoo. Der Stammbaum des Menschen wird zu einem weit verzweigten Busch.
Dazu gehört auch eine Art, die ihre Existenz zunächst einem Irrtum verdankte: 1972 fanden Anthropologen in Kenia einen Schädel, dessen Alter auf 2,9 Millionen Jahre taxiert wurde. Trotz seiner Ähnlichkeit zu Überresten von Homo habilis konnte damit 'KNM-ER 1470', wie der Fund zunächst hieß, nicht zu dieser Art gehören. Doch dummerweise hatte man sich bei der Altersbestimmung um eine Million Jahre vertan. Der Träger des Schädels wandelte vermutlich "erst" vor 1,9 Millionen Jahren auf Erden – und damit gleichzeitig wie Homo habilis. Dennoch schlug Valerij Alexejew 1986 den Namen Homo rudolfensis vor – nicht ohne Widerspruch, denn "ein Schädel macht noch keine Art", wie der Anthropologe Eric Delson von City University of New York spöttisch bemerkte.
Doch 1995 schien die neue Art Unterstützung zu bekommen. In der Olduvai-Schlucht in Tansania – einem El Dorado für Anthropologen – grub das Team um Robert Blumenschine von der Rutgers University einen Oberkiefer aus, der KNM-ER 1470 stark ähnelte. Auch die Datierung mit 1,84 bis 1,79 Millionen Jahre passte, sodass der Zuordnung von Fund OH 65 zu Homo rudolfensis eigentlich nichts mehr im Wege stand.
Doch Blumenschine war sich da nicht so sicher. Er verglich den Oberkiefer mit dem Skelettfund OH 62, der wiederum als Homo habilis betrachtet wird. Sein Ergebnis: Alle drei Überreste, KNM-ER 1470, OH 62 und OH 65, ähneln einem Fund, den Jonathan Leakey bereits 1960 an das Licht der Welt holte: OH 7 ist das Typusexemplar von Homo habilis.
Damit zweifelt Blumenschine die Existenz der Art Homo rudolfensis an. Alle Funde gehören seiner Meinung nach einzig und allein zu Homo habilis – der Homininenzoo wird ein wenig übersichtlicher.
Egal wo er nun hingehört, Fund OH 65 ist auf jeden Fall interessant. Denn er besteht nicht nur aus dem Oberkiefer, sondern auch aus Steinwerkzeugen und bearbeiteten Tierknochen – und zeigt damit die hohe geistige Leistungsfähigkeit, zu der die Menschheit vor fast zwei Millionen Jahren bereits in der Lage war.
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