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Zentrum der Milchstraße: Ein Schwarm Schwarzer Löcher

Astrophysiker könnten Hinweise auf eine Gruppe kleiner Schwarzer Löcher im Herzen der Milchstraße entdeckt haben - aber noch bleiben Zweifel.
Ansicht der Milchstraße in der Sagittarius A Region

Um das gigantische Schwarze Loch im Zentrum der Milchstraße kreisen möglicherweise zahlreiche kleinere Schwarze Löcher. Das vermuten Astrophysiker schon länger, schließlich tummeln sich rund um das Massezentrum unserer Galaxie sehr viele Sterne und andere Himmelsobjekte. Nun könnte ein Team um Charles J. Hailey aber erstmals konkrete Hinweise darauf aufgespürt haben, dass sich darunter auch hunderte Schwarze Löcher befinden, die nicht viel schwerer als unsere Sonne sind.

Solche »stellaren« Schwarzen Löcher sind schon länger bekannt, Astronomen haben in der Vergangenheit gut 60 solcher Objekte in der Milchstraße entdeckt. Sie entstehen, wenn ein großer Stern seinen Brennstoff verbraucht hat und unter seiner eigenen Schwerkraft in sich zusammenfällt. Dadurch verklumpt sich Materie so stark, dass kein Licht mehr entkommen kann. Die Dellen in der Raumzeit sind allerdings nicht mehr als Fliegengewichte im Vergleich mit dem Koloss im Herzen der Milchstraße, dem supermassereichen Schwarzen Loch namens Sagittarius A*. Es soll die Masse von Millionen Sonnen haben.

Stellare Schwarze Löcher | Rund um das Zentrum der Milchstraße haben Forscher Dutzende Quellen von Röntgenstrahlung entdeckt. Rot umkringelt sind vermutlich weiße Zwergsterne, türkisfarben Duos aus einem Stern und einem Neutronenstern oder einem Schwarzem Loch. In der Mitte des Bilds befindet sich das supermassereiche Schwarze Loch Sagittarius A*. Der äußere gelbe Kreis entspricht einem Abstand von knapp 3,3 Lichtjahren vom Zentrum unserer Milchstraße.

Die Forscher um Hailey spürten die Spuren der stellaren Schwarzen Löcher in Daten des Weltraumteleskops Chandra auf. Es hat binnen der vergangenen zwölf Jahre im Umfeld des galaktischen Zentrums hunderte Punkte ausgemacht, von denen energiereiche Strahlung ausgeht. Dahinter verbergen sich vermutlich unter anderem so genannte Röntgen-Binärsysteme (englisch: x-ray binary), die entweder aus einem Neutronenstern und einem gewöhnlichen Stern bestehen oder aus einem Schwarzes-Loch-Stern-Duo.

Binärsysteme mit Neutronenstern neigen dazu, alle fünf bis zehn Jahre für kurze Zeit große Mengen Röntgenstrahlung ins All zu schießen. Bei mindestens sechs der Röntgenquellen im Umfeld von Sagittarius A* blieben derart große Ausbrüche während der letzten zwölf Jahre allerdings aus. Deshalb handle es sich vermutlich um Sternsysteme mit einem kleinen Schwarzen Loch, argumentieren die Forscher. Sie räumen jedoch auch ein, dass man derartige Systeme auf Röntgenaufnahmen nicht immer sauber von anderen Objekten unterscheiden könne, beispielsweise so genannten Millisekunden-Pulsaren.

Sollte es sich bei den sechs verdächtigen Punkten tatsächlich um Schwarze Löcher handeln, gäbe es vermutlich noch viel mehr davon rund ums Zentrum unserer Galaxie. Die unsichtbaren Masseklumpen gehen eigentlich nur in seltenen Fällen eine Partnerschaft mit einem Stern ein; viel öfter driften sie allein durchs All. Überträgt man diese Annahme auf das Herz der Milchstraße, ergeben sich 300 bis 500 bisher unentdeckte stellare Schwarze Löcher, die in einem Abstand von 3,3 oder weniger Lichtjahren um Sagittarius A* kreisen.

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