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News: Ein Siliziumchip als Heimat lebenstüchtiger Leberzellen

Um Patienten mit chronischen Leberschäden, die häufig nur noch mit einem Spenderorgan eine Überlebenschance haben, eine Alternative bieten zu können, arbeiten Forschungszentren weltweit an künstlichem Ersatz. Dreidimensionale Gewebe sind allerdings aufgrund ihrer Komplexität schwer zu kreieren. Einen Schritt in die richtige Richtung wagten nun Forscher mit einem fein gelöcherten Siliziumchip. Die hierauf angesiedelten Leberzellen überleben auch außerhalb des Körpers. Sowohl ihr Wohlbefinden als auch ihre Stoffwechselaktivität kann mittels Sensoren permanent überwacht werden. Die künstliche Leber soll den Patienten die Wartezeit zum Spenderorgan verkürzen.
Unermüdlich reinigt normalerweise die Leber unseren Körper von Giftstoffen und ist somit ein hochbeschäftigtes Organ. Nimmt sie jedoch durch Virenerkrankungen wie Hepatitis oder chronischen Alkoholkonsum schweren Schaden, verändert sich ihre Gewebestruktur und die Reinigungskraft erlischt. Oft bietet nur ein Spenderorgan einen Ausweg. Doch sie sind selten, und somit kommt für viele Betroffene die Hilfe zu spät. Eine künstliche Leber könnte hier Abhilfe schaffen.

Doch Leberzellen sind nicht einfach zu handhaben. Damit sie auch außerhalb des Körpers gut gedeihen, brauchen sie die richtigen Bedingungen. Wissenschaftlern von der Jacobs School of Engineering der University of California in San Diego ist nun ein lebender Bioreaktor für die anspruchsvollen Zellen gelungen. Sie entwickelten einen Siliziumchip, der winzig kleine Löcher mit Durchmessern von zwei bis 1500 Nanometern auf seiner Oberfläche trägt. Mithilfe einer Platinelektrode und Flusssäure können die Forscher zylindrische Löcher in das Silizium ätzen, da sich Teile des Chips elektrochemisch herauslösen. Der Prozess ähnelt der Rostentstehung beim Auto. "Wir haben Methoden entwickelt, um diese Korrosionsreaktionen auf Siliziumchips kontrollieren zu können", erklärte der Chemiker Boyce Collins. "Indem wir die elektrochemischen Bedingungen verändern, können wir Größe und Form der Löcher beeinflussen."

Um die optimale Porengröße für die Leberzellen zu finden, variierten die Wissenschaftler die Größe auf einem gemeinsamen Chip und beobachteten, wo sich die Zellen zusammenfanden. Das Endresultat ist ein dreidimensional gebautes Zuhause. Hier kommen die Zellen auf allen Seiten mit dem löchrigen Silizium in Kontakt, genauso wie sie in der Leber von der extrazellulären Matrix umgeben wären. Und sie scheinen sich wohl zu fühlen. Denn Tausende völlig funktionsfähiger Leberzellen überlebten hier für zwei Wochen.

Anhand dieses Bioreaktors können die Forscher nun auch die Stoffwechselaktivität der Zellen beobachten. Ein Farbumschlag zeigt die Umsetzung an. Und schon sehr geringe Farbveränderungen können durch die ebenfalls auf dem Chip befindlichen Sensoren nachgewiesen werden. Indem sie den Zellen außerhalb des Körpers die besten Bedingungen bieten, hoffen die Forscher, sie in der ungewohnten Umgebung möglichst lange am Leben zu erhalten, damit sie die Aufgabe der ausgefallenen Lebern bei chronisch Kranken übernehmen können.

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