News: Ein süßes Gift gegen Krebs
Die Resultate der Studie, die in der Ausgabe vom 17. Februar 1998 der Proceedings of the National Academy of Sciences veröffentlicht wurden, legen nahe, daß mit Hilfe von Medikamenten, die die Glucoseversorgung unterbinden, Krebs wirksam bekämpft werden könnte und dabei nur geringe Nebenwirkungen für gesundes Gewebe auftreten.
Die Forscher brachten in embryonale Mäusezellen eine ungewöhnlich aktive Form eines Gens, c-Myc genannt, ein. Viele Krebszellen nutzen dieses Gen zur massenweisen Produktion seines Proteins. Durch eine solche Überproduktion wird die Aktivität der Lactat-Dehydrogenase-A erhöht, was die Abhängigkeit der Zelle von Glucose als Energielieferant verstärkt.
"Als wir Zellen mit hohem c-Myc-Niveau in einem Zellmedium ohne Glucose badeten, zerstörten sie sich selbst, indem sie eine Art Selbstmordprozeß – Apoptose – auslösten", erklärt Dang. "Die Zellen, die wir nicht [durch Zugabe von c-Myc] verändert hatten, schritten in ihrem Lebenszyklus nicht mehr weiter fort. Sie verblieben in den ersten beiden Stadien ihres Zelllebens und schienen in jeder Hinsicht lebensfähig zu sein."
Dang erreichte ähnliche Ergebnisse, indem er sowohl behandelte als auch unbehandelte Zellen dem Stoff 2-Desoxyglucose aussetzte. Dies ist eine Verbindung, die dem Zucker ähnlich ist, aber die Glykolyse unterbricht, also jenen Prozeß, durch den die Zellen Energie aus Zucker gewinnen. Bei der Anwendung in menschlichen Tumorproben tötete der Einsatz von 2-DesoxyGlucose einige Zellreihen ab, verschonten jedoch andere. "Der Hauptfaktor war offenbar ein Gen, das die Apoptose aufhält, das Bcl2. Es verhindert, daß Zellen zu leicht mit 'Selbstmord' beginnen", sagt Dang. "Wenn dieses Gen in der Krebszelle aktiv ist, reagiert die Zelle weniger empfindlich auf den Entzug von Glucose."
Eines der größten Hindernisse bei der Behandlung von Krebspatienten durch Zuckerentzug ist laut Dang die Tatsache, daß die Zellen des zentralen Nervensystems ohne Glucose nicht richtig funktionieren. "Das Gehirn ist das einzige wichtige Organ, das von Glucose abhängt. Also brauchen wir ein Medikament, das die Fähigkeit der Tumorzellen, Glucose zu erhalten, unterbindet, jedoch dem Hirn die Gewinnung von Glucose ermöglicht", erläutert Dang. "Es ist vielleicht sogar möglich, 2-Desoxyglucose selbst so zu verändern, daß es sich entsprechend verhält."
Dang und seine Kollegen planen, bald damit zu beginnen, 2-Desoxyglucose und ähnliche Verbindungen an Tumoren in Tieren zu testen.
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