News: Ein verdorbener Magen ist ein guter Lehrmeister
Auf der Suche nach den möglichen Folgen von vergiftetem Futter organisierten Lowell Nicolaus und Hansoo Lee von der Northern Illinois University in DeKalb einen Frühstücksservice für Rotschulterstärlinge (Agelaius phoenicus), Verwandte unserer Amseln. Jeden Morgen kredenzten sie den 21 Pärchen ein Schüsselchen mit Mehlwürmern. "Glücklich und eifrig ließen sich die Vögel die Mehlwürmer schmecken", erzählt Nicolaus.
Dann jedoch folgte für die Sänger die böse Überraschung: Eines Morgens legten die Wissenschaftler auch einen mit Parathion – einem gängigen Insektizid – behandelten Mehlwurm dazu. Auch die folgenden drei Tage war einer der Futterwürmer "schlecht", danach kehrten die Forscher wieder zu unbehandelten Larven zurück.
Schon kurz nach der ersten unbekömmlichen Mahlzeit wurden die Vögel zunehmend mißtrauischer gegenüber dem verlockenden Frühstück. Nach den vier Tagen mit den versteckten ungenießbaren Futtertieren rührten die Tiere auch die folgenden zwei Monate der Studie die Mehlwürmer nicht mehr an. In einer Kontrollgruppe, die während der gesamten Zeit Mehlwürmer "natur" bekam, ließ der Appetit dagegen nicht im geringsten nach (Ecological Applications vom September 1999). Nicolaus vermutet, daß die Versuchstiere von den Parathion-Mehlwürmern leichte Magenprobleme bekamen, weshalb sie von der Speisekarte verbannt wurden.
Robert MacLean vom U.S. Geological Survey in Madison hält es für eine gute Nachricht, daß die Singvögel das ungesunde Almosen zurückwiesen. Das Vermeiden von gesundheitsgefährdendem Futter zwinge die Tiere gegebenenfalls dazu, sich andere Nahrungsquellen zu suchen, meint er. Problematisch sei allerdings, daß sie womöglich dabei auch andere nahrhafte Insekten aussparen. Statt einem verdorbenen Magen droht dann Unterernährung.
Siehe auch
- Spektrum Ticker vom 20.5.1999
"Tödliche Fernwirkung" - Spektrum der Wissenschaft 5/98, Seite 86
"Nützlinge – Alternative zum chemischen Pflanzenschutz"
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