Und jetzt zum Wetter: Ein Winter wie im letzten Jahr?
Das Wetter: Für die Jahreszeit zu mild
Dicker Mantel, Schal, Mütze und Handschuhe können zumindest tagsüber für die meisten Menschen im Schrank bleiben. Denn es ist – und bleibt vorerst – für die Jahreszeit zu mild. Mit Föhneinfluss wurden am Alpenrand noch am Dienstag Temperaturen von 15 bis 20 Grad Celsius gemessen. Bis zum Wochenende schwanken sie deutschlandweit weiter im Bereich zwischen 10 und 15 Grad Celsius. Dazu ist es meist wechselhaft mit Sonnenschein vor allem am Freitag, aber auch gelegentlichen Regenfällen. Ein erster Wintereinbruch ist dagegen länger nicht in Sicht: Väterchen Frost verharrt vorerst noch in Sibirien und im Norden Skandinaviens.
Die Ursache: Eine dauerhafte Südwestströmung
Der September war um 1,6 Grad Celsius zu warm, der Oktober um 2,4 Grad Celsius und die ersten Novembertage sogar um satte 6,5 Grad Celsius (immer verglichen mit dem langjährigen Mittel). "Schuld" ist laut dem Deutschen Wetterdienst (DWD) die seit Anfang September eingefahrene atmosphärische Zirkulation: Sie bescherte uns fast ausschließlich Wetterlagen mit westlichen, südwestlichen oder südlichen Strömungen, mit der milde bis warme Luftmassen nach Mitteleuropa vorstießen. Ost- oder Nordwindlagen mit Kälte fanden dagegen praktisch nicht statt.
Das Strömungsmuster zeigt sich auch schön in Echtzeit in dieser Animation. Und sie deutet an, wer zumindest in den letzten Tagen wieder wie im letzten, sehr milden Winter seine Finger mit im Spiel hatte: Der Jetstream buchtete knapp westlich von Europa nach Süden aus, während er östlich von Mitteleuropa nach Norden auswich – in der Folge lag Deutschland genau im Zentrum einer südwestlichen Windströmung. Sie trieb gleichzeitig feuchtwarme Luft an die Südseite der Alpen und Norditalien, wo heftige Regenfälle zu Überschwemmungen beispielsweise in Ligurien führten. Umgekehrt sehen sich die Vereinigten Staaten früh einem heftigen Kaltlufteinbruch gegenüber, während die Arktis wieder ungewöhnlich warm ist – ganz so wie im letzten Winter. Die atmosphärische Zirkulation scheint sich also momentan wieder dauerhaft auf ein stabiles Muster eingestellt zu haben.
Die Folgen: Kein Schnee in Sicht
Winterfreunde müssen hierzulande also noch warten und in die Hochlagen ausweichen – oder auf der Alpensüdseite ihr Glück versuchen, wo es ab dem Wochenende in den Hochlagen wieder schneien könnte. Laut dem DWD schneit es jedoch ohnehin nur in einem von zehn Jahren bis zum 20. November in weiten Teilen Deutschlands so stark, dass eine geschlossene Schneedecke liegt. Diesen frühen Termin kann man für 2014 fast sicher ausschließen. Allerdings entsprechen die Daten für den ersten Schnee auf den Gipfeln der Alpen und des Bayerischen Waldes am 21. Oktober und für den Alpenrand Anfang November dem langjährigen Mittel. Geht es in dieser Regelmäßigkeit weiter, könnte es vielleicht Anfang Dezember zu einer ersten Schneedecke im größten Teil der Republik reichen.
Die Aussichten: Behält der Jetstream sein Muster bei?
Bis Mitte nächster Woche sind sich die Wettermodelle einig: Mit einer südwestlichen Strömung fließt weiter feuchte und milde Luft nach Mitteleuropa. Danach gehen die Prognosen wie üblich auseinander: Während die Europäer ein schwaches Hoch über Mitteleuropa prognostizieren – mit neblig-trübem, aber eher trockenem Wetter –, erwarten die Amerikaner, dass die atlantische Wetterküche in Fahrt kommt. Das hätte für Mitteleuropa verschiedene Folgen: Entweder baut sich als Gegengewicht ebenfalls ein Hoch über uns auf, dann blieben wir in einer milden bis warmen, südwestlich ausgerichteten Grundströmung. Oder die atlantischen Frontalzone schlägt bis nach Deutschland durch, der Witterungscharakter wäre dann wechselhafter und vor allem windiger bei leicht erhöhten Temperaturen. Erwarten würde uns dann ein Mix aus warmem Vorder- und kühlerem Rückseitenwetter. Eine kleine Chance besteht schließlich noch, dass sich nach dem 20. November vielleicht doch phasenweise kühle Luft durchsetzen kann: Manche Wettersimulationen berechnen ein blockierendes Hoch auf dem Atlantik, auf dessen Rückseite kalte Luftmassen aus nördlichen Richtungen nach Mitteleuropa einströmen können. Knackiger Frost scheint aber auch dann nicht zu erwarten
Was bedeutet das für die nächsten Monate? Ein eingespieltes Strömungsmuster in der Atmosphäre ändert sich nicht so leicht – das lehrt der letzte Winter. Damals kam es vor Labrador immer wieder zu heftigen Kaltluftausbrüchen aus der Arktis, die die Wetterdynamik im westlichen Atlantik antrieb. Dort entwickelten sich beständig starke Tiefdruckgebiete, die mit dem Jetstream Richtung Alte Welt reisten und entweder bei den britischen Inseln nach Nordosten und Skandinavien zogen oder den Weg ins Mittelmeer nahmen. In beiden Fällen profitierte Mitteleuropa von mildem und eher ruhigem Wetter.
Langfristige Prognosen sind dennoch unzulässig. Das lehrte bereits der vergangene Winter, zu dessen Beginn die Zeichen eher auf Kälte und Schnee standen. Verschiedene Faktoren gilt es momentan zu berücksichtigen. So besteht im Pazifik immer noch die Möglichkeit, dass sich ein El Niño entwickelt – was die Wahrscheinlichkeit für blockierende Hoch- oder Tiefdruckgebiete über Nordamerika reduziert: Arktische Luftmassen würden dann seltener oder gar nicht nach Süden vordringen.
Am Nordpol wiederum gibt es Anzeichen, dass sich die negative Phase der Arktischen Oszillation verstärkt: Normalerweise herrschen extreme Temperatur- und Druckunterschiede zwischen den gemäßigten und den hohen Breiten, die durch Luftbewegungen ausgeglichen werden sollten. Die entstehenden Winde werden durch die Corioliskraft ostwärts abgelenkt und rasen um den Nordpol, wodurch er weiter isoliert wird und auskühlt – was die Oszillation verstärkt: die positive Phase. Von Zeit zu Zeit bricht diese Zirkulation jedoch zusammen, und während dieser negativen Phase kann dann arktische Luft weit nach Süden vordringen. Ausgemacht ist aber auch das nicht, es könnte zu dieser Jahreszeit ebenso nur ein schlichtes Anzeichen für dynamischeres Wetter sein.
Umgekehrt befindet sich die Nordatlantische Oszillation – der vereinfacht gesagt den Luftdruckgegensatz zwischen Azorenhoch und Islandtief wiedergibt – in einer positiven Phase. Damit herrscht zwischen beiden Gebilden ein starker Kontrast, was zu einer lebhaften Westwindzirkulation führt, die milde Atlantikluft heranschaufelt – was auf absehbare Zeit den Winter fern hält. Doch wie meinte der Meteorologe Felix Ament letztes Jahr zu Spektrum.de? "In 20 Jahren liegen etwa elf Prognosen richtig und neun daneben. Das ist besser als nichts, aber der normale Nutzer von Vorhersagen wird diese Genauigkeit als unzureichend betrachten. Damit kann man keine Ferienplanung machen!"
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