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News: Ein-Zell-Steuerung

Ohne gut funktionierendes Teamwork geht nichts im vielzelligen Organismus. Die Leistung der einzelnen Beteiligten wird dabei leicht unterbewertet. Zu Unrecht, wie Stimulationsversuche im Rattenhirn zeigen.
Ratte
Die "Schnurrhaare" der Ratte sind weit mehr als schnöde Sensoren. Genauso wie der kritische Käufer seine Finger prüfend über den Stoff eines Kleidungsstückes gleiten lässt, nutzt das Nagetier seine Tasthaare zur Erkundung der Umwelt. Dabei begnügt es sich nicht mit passiver Reizaufnahme, sondern bewegt die Sinneshaare aktiv hin und her und tastet mit ihnen Objekte und Oberflächen ab.

Gesteuert werden diese Tastbewegungen im primären motorischen Cortex, einem großen Bereich im frontalen Großhirn. Da die Bewegung der Sinneshaare einfach analysiert werden kann, eignen sie sich besonders gut als Modell, die Auslösung von Bewegungen zu studieren. Die Erkenntnisse aus solchen Untersuchungen können dazu beitragen, Neuroprothesen zu konstruieren, die nur durch gedankliche Leistung gesteuert werden.

Welche Rolle spielen nun die einzelnen Nervenzellen im motorischen Cortex bei der Bewegungssteuerung? Keine – so eine alte Lehrmeinung. Muskelaktivität benötigt demnach die Kooperation vieler Neurone. Doch die Arbeitsgruppe von Michael Brecht vom Max-Planck-Institut für medizinische Forschung in Heidelberg nahm nun einmal den tatsächlichen Input einzelner Zellen in zwei unterschiedlich tief liegenden Schichten des motorischen Cortex zum Bewegungsmuster der Rattentasthaare genauer unter die Lupe.

Den Max-Planck-Forschern ist es gelungen, einzelne Nervenzellen im Rattenhirn individuell zum Feuern zu bringen. Um die daraus resultierende Lageveränderung der Tasthaare sichtbar zu machen, klebten an ihnen kleine Stückchen Plastikfolie.

Tatsächlich löste das Feuern einer einzelnen Zellen eine eindeutige Bewegung aus – abhängig von der Lage der feuernden Zelle in der Hirnrinde und von der Intensität der Stimulation. Der Mechanismus, der die nervöse Aktivität in Bewegung umsetzt, erwies sich dabei als außerordentlich präzise und sensibel: Ein einzelnes Neuron bewegte ein Haar um rund 0,5 Grad vor oder zurück. Die Aktivität der Einzelzelle ist also alles andere als bedeutungslos.

Da die maximale Bewegungsamplitude der Barthaare aber bei 100 Grad liegt, vermuten die Forscher, dass wenige hundert Neurone für den vollständigen Bewegungsumfang benötigt werden. Trotz der wichtigen Leistung der Einzelzelle für einfache Muskelaktivität erfordern komplexe Bewegungsabläufe dann eben doch das Teamwork größerer Nervengruppen.
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