News: Einäugig besser lesen lernen
John Stein vom Department of Physiology der University of Oxford und seine Kollegen glauben, daß die betroffenen Kinder dadurch völlig verwirrt werden. "Wenn nicht beide Augen konsequent dem Text folgen, scheinen die Buchstaben herumzutanzen und sogar ihre Reihenfolge umzudrehen", sagt Stein. Einen Ausweg sieht er darin, beim Lesen nur ein Auge zu benutzen und so zu verhindern, daß die Augen die Buchstaben über Kreuz sehen.
Die Forscher haben an 144 stark dyslektischen Kindern untersucht, ob der Gebrauch nur eines Auges die Lesefähigkeiten steigert. Die etwa neun Jahre alten Kinder, die alle an eingeschränkter Kontrolle über ihre Augenbewegung litten, bekamen gelbgetönte Brillen, die sie beim Lesen und anderen Tätigkeiten in Augennähe benutzen sollten. Bei der einen Hälfte der Kinder deckten die Wissenschaftler das linke Auge mit einem undurchsichtigen Pflaster ab. Drei Monate später hatte diese Gruppe weitaus größere Fortschritte gemacht, als jene Kinder, die weiter versucht hatten, mit zwei Augen zu lesen. Die Kinder hatten größere Kontrolle über ihre Augenbewegungen und konnten besser lesen. Diesen Vorsprung behielten sie auch im folgenden halben Jahr des Versuchs, so daß am Ende die Lesefähigkeiten der Kinder mit Augabdeckung den anderen um acht Monate voraus waren.
John Stein meint dazu: "Die Fortschritte mit der Abdeckmethode sind viel größer als die, welche wir gewöhnlich mit einem herkömmlichen Förderunterricht erzielen." Seiner Ansicht nach sollte diese Methode bei allen dyslektischen Kindern im Alter zwischen acht und zehn Jahren berücksichtigt werden, die über Lesestörungen beim Lesen klagen. "Das bedeutet viel Hoffnung für dyslektische Kinder und ihre Familien."
Siehe auch
- Spektrum Ticker vom 2.11.1999
"Ein getrübter Blick hilft beim Lesen"
(nur für Ticker-Abonnenten zugänglich) - Spektrum Ticker vom 29.10.1999
"Buchstabensalat und Wörtersuppe"
(nur für Ticker-Abonnenten zugänglich) - Spektrum Ticker vom 4.3.1998
"Warum das Lesen so schwer fällt"
(nur für Ticker-Abonnenten zugänglich)
Der Heidelberger Verlag Spektrum der Wissenschaft ist Betreiber dieses Portals. Seine Online- und Print-Magazine, darunter »Spektrum der Wissenschaft«, »Gehirn&Geist« und »Spektrum – Die Woche«, berichten über aktuelle Erkenntnisse aus der Forschung.
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.