News: Einblick in die Kinderstube des Sonnensystems
Ein Glücksfall war dieser Fund für die Wissenschaftler Michael Lipshutz und Jon Friedrich von der Purdue University. Sie analysierten die chemische Zusammensetzung des Meteoriten, wobei sie 45 verschiedene Elemente identifizierten. Der so genannte Tagish Lake-Meteorit gehört zur sehr seltenen Klasse der kohligen Chondriten. Da sie organische Kohlenstoffverbindungen, von denen einige zu den Grundbausteinen des Lebens gehören, und auch interstellare Materie enthalten, die aus explodierten Sternen außerhalb des Sonnensystems stammt, sind sie sehr interessant für Wissenschaftler. Die neue Studie zeigt jetzt, dass sich der Meteorit in seiner Zusammensetzung und mineralogisch von anderen kohligen Chondriten etwas unterscheidet. Somit füllt er eine Lücke zwischen zwei Unterarten dieser Meteoriten.
"Der Tagish Lake-Meteorit ist ein Muster des präsolaren Nebels, aus dem sich die Planeten gebildet haben", erklärt der Chemiker. "Wir hatten noch nie eine Probe solchen Materials." Zusammen mit anderen Studien gewinnen Forscher nun einen Einblick in die Zeit, in der sich das Sonnensystem gerade bildete, wie es ihn bisher noch nicht gegeben hat. Forscher verschiedener Gruppen stellten ihre gesammelten Ergebnisse auf dem Jahrestreffen der Meteoritical Society in Chicago am 31. August und 1. September 2000 vor.
Lipshutz erklärt, dass die im Tagish Lake-Meteoriten enthaltenen Sauerstoff-Isotope in diese eigene Kategorie zwischen den Unterklassen CI und der thermisch verwandelten CM einordnen. CI-Meteoriten gelten als eine Art Maßstab in der Kosmochemie, weil sie so zusammengesetzt sind wie die äußere Oberfläche der Sonne. "Der Meteorit ist den CI-Meteoriten näher verwandt als alle anderen Meteoriten", erläutert Lipshutz. "Von der chemischen Zusammensetzung her müssen wir annehmen, dass er aus anderen Regionen des Sonnensystems stammt als denen, wo früher untersuchte Meteoriten entstanden. Dieser Meteorit ist einzigartig und vertritt eine neue Art planetarischen Materials", freut sich der Chemiker, der sich bereits seit 30 Jahren dem Studium dieser Himmelskörper widmet. Die Wissenschaftler sind fasziniert von den Möglichkeiten, aber die wahre Bedeutung müssen sie erst noch erkennen, so Lipshutz.
Siehe auch
- Spektrum Ticker vom 21.6.2000
"Zucker im Weltall"
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