News: Eine dicke Linse
Wenn in Milliarden Lichtjahren Entfernung Materie in ein Schwarzes Loch stürzt, brauchen elektromagnetische Wellen eine halbe Ewigkeit, um einem Beobachter auf der Erde von dem Ereignis zu berichten. Doch dann erzählt ihm das Licht nicht nur von seinem Ursprung, sondern auch über so manches Objekt, an dem es auf seinem Weg vorbeigekommen ist.
Es klingt schon fantastisch, was Einsteins Allgemeine Relativitätstheorie über Raum und Zeit aussagt. Große Massen sollen danach ihre Umgebung so verbiegen, dass sogar Licht und andere elektromagnetische Wellen von ihrem geometrisch geraden Weg abweichen und eine Kurve ziehen. Kaum zu glauben und doch in vielen Beobachtungen bestätigt.
Besonders eindrucksvolles Zeugnis geben die so genannten Gravitationslinsen ab: Eine Galaxie, die aus unserer Sicht fast direkt vor einem leuchtenden Objekt steht, lenkt Strahlen, die eigentlich an der Erde vorbeigehen sollten, so ab, dass sie uns doch erreichen. Infolgedessen sehen wir das Objekt doppelt, vierfach oder sogar als einen Ring. Ein schöner Nachweis, allerdings mit einem winzigen Schönheitsfehler: Genau genommen sollte die Anzahl der Abbilder nämlich ungerade sein. Doch leider hat lange Zeit niemand so ein Theorie-getreues Exemplar einer Gravitationslinse finden können.
Das Warten hat ein Ende. Mit den großen Verbünden von zusammengeschalteten Radioteleskopen des Very Large Array und des Very Long Baseline Array sind Wissenschaftler um Joshua Winn vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics nun fündig geworden. Im Sternbild Schlangenträger (Ophiuchus) identifizierten sie eine schwache Radioquelle, die zwischen zwei bekannten Abbildern eines Quasars liegt, als drittes und damit ungerades Mitglied des Systems, das unter dem Kürzel PMN J1632-0033 in der Fachwelt bekannt ist.
Den schwachen Schimmer hatten Forscher schon früher bemerkt. Sie waren sich jedoch nicht sicher, ob es sich dabei tatsächlich um gebogene Wellen handelte oder vielleicht eher um ein Merkmal der Galaxie, die als Gravitationslinse fungierte. Erst die spektrografische Analyse der Radiowellen brachte jetzt Gewissheit.
Seinen Ursprung haben die Radiowellen in etwa 11,5 Milliarden Lichtjahren Entfernung. Dort fällt nach Vorstellung der Wissenschaftler Materie in ein extrem massereiches Schwarzes Loch und strahlt dabei einen Teil der frei werdenden Gravitationsenergie ab. Derartige Objekte werden als Quasare bezeichnet, weil sie von der Erde aus wie winzige Sterne aussehen ("quasi stellar objects").
Rund acht Milliarden Lichtjahre von uns entfernt saugt eine elliptische Galaxie mit ihrer Schwerkraft an dem Licht und zwingt es auf neue Wege. Wie sie das genau macht, verrät den Astronomen nun einiges über ihren Aufbau. "Das zentrale Abbild zu finden, ist an sich schon interessant", kommentiert Winn seine Ergebnisse. "Aber für uns ist noch wichtiger, was es über die Galaxie erzählt, die als Gravitationslinse wirkt. Damit bekommen wir ein Werkzeug, um Galaxien zu untersuchen, die so weit weg sind, dass sie selbst mit dem Weltraumteleskop Hubble nur schwache Fleckchen sind."
Ihre ersten Geheimnisse musste die Galaxie denn auch preisgeben. So umfasst das Schwarze Loch, das in ihrem Zentrum steckt, offenbar weniger als 200 Millionen Sonnenmassen. Außerdem herrscht ziemliches Gedrängel in der Galaxie: Die Materiedichte liegt mit mehr als 20 000 Sonnenmassen pro Quadratparsec (ein Parsec entspricht 3,26 Lichtjahren) etwa 4000-mal höher als in der näheren Umgebung der Sonne. Große Zahlen, aber alles im Rahmen, den die Astrophysiker erwartet hatten.
Die Gravitationslinse bietet ihnen die ersehnte Gelegenheit, ihre Theorien zu überprüfen. Schließlich liegt es acht Milliarden Jahre zurück, dass die Linsengalaxie die Radiowellen des Quasars abgelenkt hat. "Nahezu unser gesamtes Wissen über die Zentren von Galaxien stammt aus Untersuchungen an benachbarten Galaxien", sagt Winn. "Das Bemerkenswerte an zentralen Abbildern ist, dass man so ähnliche Informationen über Kerne von Galaxien bekommen kann, die hunderte Male weiter weg und Milliarden Jahre jünger sind als unsere Nachbargalaxien." So gesehen, ist also die Zeitung von vorgestern eben besonders interessant.
Besonders eindrucksvolles Zeugnis geben die so genannten Gravitationslinsen ab: Eine Galaxie, die aus unserer Sicht fast direkt vor einem leuchtenden Objekt steht, lenkt Strahlen, die eigentlich an der Erde vorbeigehen sollten, so ab, dass sie uns doch erreichen. Infolgedessen sehen wir das Objekt doppelt, vierfach oder sogar als einen Ring. Ein schöner Nachweis, allerdings mit einem winzigen Schönheitsfehler: Genau genommen sollte die Anzahl der Abbilder nämlich ungerade sein. Doch leider hat lange Zeit niemand so ein Theorie-getreues Exemplar einer Gravitationslinse finden können.
Das Warten hat ein Ende. Mit den großen Verbünden von zusammengeschalteten Radioteleskopen des Very Large Array und des Very Long Baseline Array sind Wissenschaftler um Joshua Winn vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics nun fündig geworden. Im Sternbild Schlangenträger (Ophiuchus) identifizierten sie eine schwache Radioquelle, die zwischen zwei bekannten Abbildern eines Quasars liegt, als drittes und damit ungerades Mitglied des Systems, das unter dem Kürzel PMN J1632-0033 in der Fachwelt bekannt ist.
Den schwachen Schimmer hatten Forscher schon früher bemerkt. Sie waren sich jedoch nicht sicher, ob es sich dabei tatsächlich um gebogene Wellen handelte oder vielleicht eher um ein Merkmal der Galaxie, die als Gravitationslinse fungierte. Erst die spektrografische Analyse der Radiowellen brachte jetzt Gewissheit.
Seinen Ursprung haben die Radiowellen in etwa 11,5 Milliarden Lichtjahren Entfernung. Dort fällt nach Vorstellung der Wissenschaftler Materie in ein extrem massereiches Schwarzes Loch und strahlt dabei einen Teil der frei werdenden Gravitationsenergie ab. Derartige Objekte werden als Quasare bezeichnet, weil sie von der Erde aus wie winzige Sterne aussehen ("quasi stellar objects").
Rund acht Milliarden Lichtjahre von uns entfernt saugt eine elliptische Galaxie mit ihrer Schwerkraft an dem Licht und zwingt es auf neue Wege. Wie sie das genau macht, verrät den Astronomen nun einiges über ihren Aufbau. "Das zentrale Abbild zu finden, ist an sich schon interessant", kommentiert Winn seine Ergebnisse. "Aber für uns ist noch wichtiger, was es über die Galaxie erzählt, die als Gravitationslinse wirkt. Damit bekommen wir ein Werkzeug, um Galaxien zu untersuchen, die so weit weg sind, dass sie selbst mit dem Weltraumteleskop Hubble nur schwache Fleckchen sind."
Ihre ersten Geheimnisse musste die Galaxie denn auch preisgeben. So umfasst das Schwarze Loch, das in ihrem Zentrum steckt, offenbar weniger als 200 Millionen Sonnenmassen. Außerdem herrscht ziemliches Gedrängel in der Galaxie: Die Materiedichte liegt mit mehr als 20 000 Sonnenmassen pro Quadratparsec (ein Parsec entspricht 3,26 Lichtjahren) etwa 4000-mal höher als in der näheren Umgebung der Sonne. Große Zahlen, aber alles im Rahmen, den die Astrophysiker erwartet hatten.
Die Gravitationslinse bietet ihnen die ersehnte Gelegenheit, ihre Theorien zu überprüfen. Schließlich liegt es acht Milliarden Jahre zurück, dass die Linsengalaxie die Radiowellen des Quasars abgelenkt hat. "Nahezu unser gesamtes Wissen über die Zentren von Galaxien stammt aus Untersuchungen an benachbarten Galaxien", sagt Winn. "Das Bemerkenswerte an zentralen Abbildern ist, dass man so ähnliche Informationen über Kerne von Galaxien bekommen kann, die hunderte Male weiter weg und Milliarden Jahre jünger sind als unsere Nachbargalaxien." So gesehen, ist also die Zeitung von vorgestern eben besonders interessant.
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