Direkt zum Inhalt

News: Eine Erklärung für flüssiges Wasser auf dem vorzeitlichen Mars

Auf dem Mars herrschen heute Temperaturen, die weit unter dem Gefrierpunkt für Wasser liegen. Dennoch haben die Marsmissionen vergangener Jahre, Mars Pathfinder und Mars Global Surveyor Hinweise gefunden, daß einst flüssiges Wasser in großen Mengen vorlag. Nach einem neuen Modell haben Wolken aus Kohlendioxid einen gewaltigen Treibhauseffekt angetrieben, der die Temperaturen in der Frühzeit unseres roten Nachbarn so weit anhob, daß sich sogar Leben hätte entwickeln können.
Durch Fotografien, die Viking, Mars Pathfinder und Mars Global Surveyor aufgenommen haben, gibt es genügend Beweise für tiefe Kanäle auf der Marsoberfläche, die vermutlich durch fließendes, flüssiges Wasser gegraben wurden. Wie konnte es auf dem Mars – an der Landestelle von Pathfinder herrschten frostige 40 oC unter Null – jemals warm genug sein, damit sich auf seiner Oberfläche flüssiges Wasser bilden konnte?

Die Antwort, meinen ein Klimatologe der University of Chicago und sein französischer Kollege, sind reflektierende Kohlendioxideiswolken, die in der Nähe der Plantenoberfläche thermische Strahlung zurückhalten (Science vom 15. November 1997).

„Dieses Problem hat Wissenschaftler seit den siebziger Jahren verwirrt, als Viking die ersten detaillierten Bilder vom Mars zur Erde funkte”, sagte Raymond Pierrehumbert, Professor für Geophysik an der University of Chicago. „Wie ist es zu erklären, daß der Mars warm genug wurde, damit sich fließendes Wasser bilden konnte. Insbesondere wenn man bedenkt, daß die Sonne im Frühstadium der Evolution des Mars sogar schwächer war?” Pierrehumbert arbeitete mit dem französischen Klimatologen Francois Forget vom Laboratoire de Meteorologie Dynamique du CNRS in Paris zusammen.

Frühere Modelle der Atmosphäre des vorzeitlichen Mars gingen davon aus, daß Kohlendioxid in der Atmosphäre eine globalen Erwärmung des Planeten hervorrief. „Das Problem war,” sagte Pierrehumbert, „daß Kohlendioxid auskondensiert, wenn man versucht, ausreichend CO2 in die Atmosphäre zu geben, um sie zu erwärmen. Man vermutete, daß die dicken Wolken, die sich bilden würden, das Sonnenlicht in den Weltraum zurückreflektierten und so den Planeten sogar abkühlten. Als wir dies erneut untersuchten, fanden wir heraus, daß diese Trockeneis-Decke den Planeten erwärmt, weil sie das infrarote Licht in größerem Maße auf die Oberfläche zurückstrahlt, als die Sonnenstrahlung nach außen zu reflektieren.”

Im Gegensatz zu den Wassereiswolken, die auf der Erde vorhanden sind, haben die Partikel in den die Kohlendioxideiswolken eine Größe, die ausreicht, um infrarotes Licht effektiver zu streuen als sichtbares Sonnenlicht. Gewöhnliche Wolken, wie sie auf der Erde vorkommen, absorbieren Wärme von der Oberfläche des Planeten und geben sie sowohl wieder in Richtung Oberfläche ab als auch in den Weltraum. Dabei geht also die Hälfte der Wärme verloren.

„Aber die Kohlendioxidwolken verhalten sich wie ein Einwegspiegel. Wenig Sonnenlicht dringt auf die Oberfläche des Planeten durch. Die Sonnenstrahlen, die den Planeten jedoch erreichen, werden in Wärme umgewandelt, welche die Wolken dann auf die Oberfläche zurückstrahlen”, erklärte Pierrehumbert. „Dieser Effekt bewirkt, daß der Planeten so weit erwärmt wird, daß sich flüssiges Wasser bilden kann.”

Nach Ansicht von Pierrehumbert liefert dieses Klimamodell Anhaltspunkte über die Art von Leben, das sich auf dem Mars entwickelt haben könnte: „Wenn wir auf dem Mars nach Analogien zu irdischen Lebensformen suchen,” sagte er, „dann sollten wir uns auf Organismen konzentrieren, die sich unter extremen Bedingungen entwickeln können, z.B. auf dem Meeresgrund oder in Höhlen. Die Bedingungen auf dem Mars vor ungefähr vier Milliarden Jahren sind eher mit den Bedingungen auf dem Meeresgrund als mit einem Regenwald zu vergleichen. Es war dunkel und warm genug für flüssiges Wasser, aber es gab keine Energiequelle für die Photosynthese.”

Pierrehumbert und Forgets Modell erweitert auch die bewohnbare Zone auf Planeten außerhalb unseres Sonnensystems und erhöht somit die Wahrscheinlichkeit, daß Leben außerhalb unseres Sonnensystems existiert. Früher glaubten Wissenschaftler, daß nur Planeten, die einen Stern innerhalb von 1,37 astronomischen Einheiten (eine astronomische Einheit (AE) ist die mittlere Entfernung zwischen Erde und der Sonne) umkreisen, Wasser über dem Gefrierpunkt besitzen können. Haben die Planeten jedoch Kohlendioxidwolken, dann könnten sie bis zu einer Entfernung von 2,4 AE flüssiges Wasser aufweisen. Der Mars ist 1,52 AE von der Sonne entfernt.

Kohlendioxidwolken könnten auch bei der Erwärmung der Erde eine Rolle gespielt haben, als die Sonne schwächer war als heute. Möglicherweise wurde so eine globale Eiszeit verhindert, welche die Erde für immer in ihrem eiskalten Würgegriff gefangengehalten hätte. Wenn sich die Erde jemals soweit abgekühlt hätte, daß alle Ozeane zugefroren wären, dann hätte sie sich nie mehr erwärmen können. Die Eisoberfläche hätte nämlich einen Großteil der Sonnenstrahlung in den Weltraum zurückgestrahlt.

Pierrehumbert und Forget glauben, daß ihr Modell mit einer Hypothese übereinstimmt, die Carl Sagan und Christopher Chyba Anfang des Jahres in Science veröffentlicht haben. Sie besagt, daß eine Methan- und Ammonik-Atmosphäre den frühen Mars erwärmt hat. „Das Problem bei Methan ist jedoch,” sagte Pierrehumbert, „daß es sehr schnell zerfällt, wenn es dem Sonnenlicht ausgesetzt wird. Deshalb ist ein biologischen Motor erforderlich – das Leben auf dem Mars – der die Atmosphäre versorgte, als das Methan abnahm. Unser Modell bietet die Startbedingungen unter denen sich Leben entwickelt haben könnte und die Produktion von Methangas begann. Sobald Gas sich bildet, schützen die Kohlendioxidwolken das Methan gegen Sonnenlicht und verhindern so, daß es schnell abgebaut wird.”

  • Quellen

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.