Teleskope: Ministernwarte im Garten
Nachdem ich mit meiner Familie nach Hamburg gezogen war, war ich zunächst skeptisch, ob es sinnvoll wäre, dort einen stationären Beobachtungsplatz einzurichten. In den nördlichen Hamburger Randbezirken ist der Himmel aufgehellt, mindestens auf Vorstadtniveau, im Zenit aber relativ dunkel, und der Blick zum Himmel wird nicht von umliegenden Häusern oder Bäumen eingeschränkt. Zunächst richtete ich mir am Rand unseres kleinen Gartens einen gepflasterten Beobachtungsplatz ein, wo ich die Teleskopmontierung regelmäßig aufstellte. Markierungen am Boden erleichterten die korrekte Aufstellung und das Einnorden.
Den Vorteil dieses Beobachtungsplatzes nutzte ich später mit der Errichtung einer einbetonierten Säule samt Adapter, auf der ich meine Teleskopmontierung platzierte und ausrichtete. Diese stationäre Lösung bot schon einen hohen Komfort. Die Betonsäule samt Montierung schützte ich mit einer Abdeckung, die aus einer passenden Grillhaube bestand. Die Vorteile liegen auf der Hand, denn der vollständige Auf- und Abbau sowie das Einrichten der Geräte sind stets zeitaufwändig, und auf eine einsatzbereite Ausrüstung zurückzugreifen, bedeutet einen Gewinn an kostbarer Beobachtungszeit.
Um beobachten zu können, musste ich mein Teleskop, das ich grundsätzlich im Haus vor Feuchtigkeit geschützt lagerte, rechtzeitig nach draußen bringen und auf die Montierung setzen, damit sich das Gerät an die Außentemperatur anpassen konnte. Zwischenzeitig konnte ich mich um Notebook, Kamera und die sonstige für die Astrofotografie benötigte Ausrüstung kümmern. Der Zeitaufwand für diese Rüstzeiten belief sich auf 10 bis 15 Minuten. Nach jeder Beobachtungssession, in der Nacht oder früh am Morgen, wurde dann wieder alles zurückgebaut und nur die Montierung mit der wasserdichten Grillhaube abgedeckt. Diese Vorgehensweise praktizierte ich einige Zeit – doch so richtig zufrieden war ich damit nicht; ich machte einige Erfahrungen, die mich zu Verbesserungen veranlassten und die ich nun schildern möchte.
Welcher Schutzbau ist der richtige?
Der Dreh- und Angelpunkt war die Verwendung der regendichten Abdeckung: Auf der einen Seite war die Montierung regengeschützt, aber ein Luftaustausch fand nicht wirklich statt, und eine gewisse Restfeuchtigkeit blieb nach einer Beobachtungssession darunter bestehen. Hauptsächlich störte mich jedoch der Abbau des Teleskops: Nachts schlaftrunken das empfindliche Teleskop wieder in das Haus zu verfrachten, barg das Risiko des Stolperns oder gar Hinfallens.
Um die Montierung und das Teleskop gleichzeitig zu schützen, wäre eine größere Plane oder Schutzhülle erforderlich, aber auch in diesem Fall verbliebe ein gewisses Maß an Restfeuchtigkeit unter der Haube. Der Klassiker – eine Hütte mit Schiebedach mit ausladenden Stützelementen zur Aufnahme des Daches – kam nicht in Betracht. Unser kleiner Garten gibt das aus optischen Gründen nicht her.
Am grundlegenden Plan, nach einer Beobachtungssession Teleskop und Montierung zu schützen, ohne das empfindliche Teleskop und möglicherweise auch eine Kamera permanent draußen zu lagern, hielt ich gedanklich fest. Ich stellte mir vor, das Teleskop, die Kamera und alles für die Astrofotografie Nötige während einer Schönwetterphase für eine überschaubare Zeit von vielleicht einigen Tagen geschützt unterzubringen. In Zeiten schlechten Wetters sollte nur die Montierung regengeschützt in bekannter Manier unter der Konstruktion draußen verweilen, jedoch sonst keine Optiken oder Zusatzgeräte.
So ergab sich nach langen Überlegungen eine Schiebekonstruktion, die nicht nur das Dach, sondern die gesamte Schutzvorrichtung verschieben sollte. Hierbei sollte einerseits eine maximale Regendichtigkeit gewährleistet und andererseits eine maximale Belüftung sicherstellt sein. Somit war eine auf Rollen und Schienen basierende Konstruktion unabdingbar.
Die Beweglichkeit auf Schienen erlaubt möglicherweise später eine Motorisierung der Konstruktion – diese gibt es nicht von der Stange. Dazu hatte ich mir den Aufbau elektrischer Schiebetore angesehen, die sich per App steuern lassen und somit eventuell einen automatisierten Betrieb ermöglichen. Dies wäre aber der zweite Schritt; zunächst wollte ich die Idee einer Schiebekonstruktion verfolgen.
Die bereits vorhandene Säule musste also umgebaut werden. Sie besteht aus einem mit Beton gefüllten Kanalgrundrohr mit 25 Zentimeter Durchmesser. Ein kleines Fundament mit einer Grundfläche von 60 × 60 Zentimetern und einer Tiefe von 80 Zentimetern umfasst die Säule. Am oberen Teil der Säule ist ein massiver Montierungsadapter eingelassen, die zurzeit meine Montierung vom Typ Sky-Watcher EQ6-R trägt.
Wie groß muss die Sternwarte sein?
Die Abmessungen von Teleskop mit Taukappe auf der Montierung gaben die äußeren Maße der Konstruktion vor. Als Puffer plante ich in allen Richtungen zusätzlichen Raum ein. So kam ich zu einer Grundfläche der Schutzvorrichtung von 160 × 160 Zentimetern.
Eine Ruheposition, in die das Teleskop mit Taukappe von der Montierungssteuersoftware gefahren werden kann, ist grundsätzlich frei wählbar. Idealerweise befindet sich das Teleskop hierbei in einer horizontalen Ausrichtung, platzsparend bei minimaler Höhe. Aus dieser Anforderung ergibt sich also das Höhenmaß und damit die Untergrenze des Daches, damit beim Hin- und Herschieben, wenn sich das Teleskop in der Parkposition befindet, nichts oben anstößt. Diese Untergrenze habe ich auf 180 Zentimeter festgelegt. Mit diesen Eckdaten konnte ich planen und dann dem Baumarkt meines Vertrauens die Holzzuschnitte vorgeben. Für einen kleinen Aufpreis bieten Baumärkte in der Regel als Service an, die Vorgaben der Kunden umzusetzen. Als Holzverbinder beschaffte ich Metallwinkel und Schrauben in unterschiedlichen Längen.
Als ich meine Einkaufsliste zusammenstellte, zog ich natürlich nicht nur den Bedarf an Material, sondern auch meine handwerklichen Fertigkeiten und die Geräteausstattung in Betracht. Meine Werkzeugpalette bestand im Kern aus einer Bohrmaschine, einer Stichsäge sowie einem Akkuschrauber, Hammer und einem Schraubendreher. Damit konnte ich umgehen, um die einzelnen Teile zusammenzusetzen oder kleine Anpassungen, beispielsweise Zuschnitte oder auch Kürzungen, durchzuführen.
Die Stützkonstruktion bestand aus Kantleimholz von 80 × 80 Millimetern für die Pfosten und 80 × 60 Millimetern für die obere Konstruktion (siehe »Das Grundgerüst entsteht«). Der Unterbau sollte aus zwei Schienen bestehen, auf denen ich die Schiebekonstruktion in Richtung Westen bis zu einem Anschlag verschieben kann. Eine westliche Ausrichtung bietet viel Schutz vor Wind, der auch nachts in moderater Form auftreten kann, und gibt zugleich den Blick nach Süden frei, der primären Beobachtungsrichtung. In der Ruheposition sollte die Schiebekonstruktion fixiert werden. Zum Fixieren überlegte ich zunächst Spannseile zu verwenden, dann kam mir der Gedanke von Sturmhaken und Verspannungen aus Metall; beides wollte ich sicher am Boden fixieren.
Die im Zentrum stehende Säule wurde mit schachbrettähnlich verlegten 60 × 60-Zentimeter-Gartenplatten umrahmt. Die gesamte Anordnung nimmt eine Grundfläche von 180 × 180 Zentimetern ein (siehe »Solide Fundamente«). Mit den Platten war eine gewisse Rutschsicherheit gegeben. Als Untergrund waren sie von der Säule mechanisch entkoppelt; sie standen also baulich nicht mit ihr in Verbindung. Die Platten eigneten sich jedoch nicht, um Sturmhaken darin zu verschrauben, denn sie waren relativ dünn und hatten ein geringes Eigengewicht. Also grub ich vier kleine Fundamente, die nicht mit den Platten in Kontakt standen.
Die Fundamente waren schnell gegraben und etwa 50 Zentimeter tief. Dort füllte ich schnell härtenden Beton ein und setzte einen massiven Betonpflasterstein darauf. Geeignete Steine hatte ich noch von der Pflasterung meiner Hausauffahrt übrig. Die vier in den Ecken platzierten Betonpflastersteine hatten jeweils ein Maß von 20 × 10 × 8 Zentimetern und besaßen eine glatte Oberfläche. Sie dienten als Plattform für die Verschraubung der Schienen und zugleich als Basis für die Sturmhaken (siehe »Wirksame Sicherheitsmaßnahme«).
Rollen und Schienen bestellte ich bei einem bekannten Onlinehändler. Nachdem sie geliefert worden waren, konnte ich den Unterbau in Angriff nehmen: Den Holzrahmen schraubte ich an einem Nachmittag zusammen und verband die einzelnen Kanthölzer zu einer stabilen Konstruktion. Als Verkleidung setzte ich 14 Millimeter dicke Profilhölzer ein, welche in Nut und Feder ineinandergesteckt und an den Seiten verschraubt wurden (siehe »Stabile Bauelemente«).
Als Dachkonstruktion zog ich einen kleinen Mittelbalken ein, auf dem die Profilhölzer aufgesetzt und verschraubt wurden. So entstand ein Satteldach mit einem geringen Neigungswinkel, um Regenwasser abzuführen. Als Abdeckung kam keine herkömmliche Dachpappe zum Einsatz – passend zum Garten verwendete ich eine grüne LKW-Plane, die in allen Größen im Fachhandel erhältlich ist und sich gut zuschneiden lässt. Die Plane wurde letztlich mittels rostfreier Schrauben und Unterlegscheiben fixiert. Zum Schluss erhielt meine Ministernwarte einen passenden Anstrich – fertig!
Auf kurzem Weg zur Astronomie
Mit überschaubaren Kosten von rund 400 Euro hat sich die ganze Sache gelohnt: Die Vorteile stellten sich genauso ein, wie ich es mir ausgemalt hatte. Die Automatisierung der Ministernwarte samt Motorisierung der Schiebevorrichtung wäre eine mögliche nächste Ausbaustufe, um auch Himmelsaufnahmen vollständig zu automatisieren. Die Ministernwarte bei eintretender Morgendämmerung automatisch zurückzufahren, nachdem die Montierung das Teleskop in eine Parkposition gebracht hat, könnte ein weiteres Nachfolgeprojekt sein. Weitere Informationen zum Stand des Projekts und zu möglichen Ausbaustufen finden Sie auf meiner Website www.pixlimit.com. Für Fragen stehe ich gerne per E-Mail zur Verfügung: peter.bresseler@pixlimit.com.
Checkliste für eine Gartensternwarte
Die folgenden Gesichtspunkte sollten bei der Planung berücksichtigt werden:
• Die vor Ort geltenden Bauvorschriften sind in jedem Fall zu beachten – insbesondere, wenn die Schutzbehausung nahe der Grundstücksgrenze platziert werden soll. Bei Verstößen droht ein angeordneter Rückbau oder Abriss, was sich bei richtiger Planung vermeiden lässt und Kosten spart.
• Optisch sollte sich die Ministernwarte gefällig in das Landschafts- und Gartenbild einfügen.
• Die Hauptbeobachtungsrichtung ist Süden, die Wind- und Wetterseite typischerweise Westen. Beide Faktoren sind bei der Planung der Schieberichtung der Ministernwarte sowie beim Windschutz und der Sturmsicherung zu berücksichtigen.
• Die Ausrichtung der Teleskopmontierung auf den nördlichen Himmelspol gestaltet sich einfacher, wenn der Polarstern direkt sichtbar ist.
• Ob Flachdach oder Satteldach – die obere Seite des Schutzbaus sollte eine gewisse Neigung aufweisen, damit Regenwasser abfließen und Schnee leicht abgetragen werden kann.
• Das Fundament der Säule sollte vom Innenbereich entkoppelt werden, damit beim Gehen keine Trittschwingungen entstehen, welche die Beobachtung stören könnten.
• Die Stromversorgung des Beobachtungsplatzes muss sichergestellt sein; im Idealfall sind 220 Volt direkt verfügbar.
• Eine Internetverbindung per WLAN ist ein ebenso wichtiges Kriterium, denn so lässt sich die Ministernwarte mit ihren Komponenten fernsteuern.
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