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News: Eine Hitzeschockimpfung gegen Bakterieninfektionen

Bisher betrachtete man Autoimmunreaktionen - bei denen der Körper irrtümlich eigenes Gewebe angreift - fast ausschließlich als störende Fehlfunktion. Doch nun haben Wissenschaftler des Weizmann-Instituts gezeigt, daß es auch möglich ist, einen Autoimmunmechanismus für eine gute Sache 'einzuspannen' - um Eindringlinge von außen, zum Beispiel Bakterien, abzuwehren. Dieser neue Ansatz könnte zur Entwicklung besserer Impfsera gegen verschiedene Infektionskrankheiten führen.
Das Auftreten wirkstoffresistenter Bakterienstämme und die wachsende Besorgnis ueber das Auftreten hartnäckiger Infektionen machen die Suche nach verbesserten Impfstoffen dringlicher. Aufgabe eines Impfstoffes ist es, die Produktion von Antikörpern gegen einen Krankheitserreger auszulösen. Idealerweise sollten die Antikörper hochwirksam sein, das heißt schnell auftreten, lange halten und sich selbst mit der Zeit verbessern. Solche Antikörper können nur mit Hilfe der T-Zellen des Immunsystems produziert werden, die ihre Dienste anbieten, sobald ein Krankheitserreger erkannt wird. Leider tarnen sich viele infektiöse Organismen mit einer Zuckerhülle, so daß T-Zellen sie nicht ausmachen können. In solchen Fällen werden Antikörper von geringerer Qualität produziert, die im Kampf gegen die Krankheit weniger erfolgreich sind.

Um die getarnten Bakterien zu überlisten, haben Wissenschaftler einen komplizierten Ansatz ersonnen: Bei der Herstellung verbesserter Impfstoffe binden sie Impfmoleküle an sogenannte "Trägerproteine", die die T-Zellen stimulieren und zur Produktion von Antikörpern anregen. Bis jetzt hatten diese Trägerproteine jedoch einen heftigen Nachteil: In den meisten Faellen stammten sie von Diphterie- oder Tetanusbakterien, weshalb sie auch dazu neigten, die Produktion von Antikörpern gegen sich selbst auszulösen, ein Prozeß, der die Bildung von jenen Antikörpern, die zur Verhinderung der Krankheit gebraucht werden, stört.

An diesem Punkt setzt die Innovation des Weizmann-Instituts an. Irun Cohen hatte die geniale Idee, die aus Diphterie- und Tetanuserregern gewonnenen Träger durch Hitzeschock-Proteine zu ersetzen, so genannt, weil sie vom Körper in Reaktion auf Streß produziert werden. Der Mensch kommt mit einer natürlichen Immunität gegen diese Proteine auf die Welt, von denen bekannt ist, daß sie T-Helferzellen anregen.

"Hitzeschock-Proteine sind perfekte Verstärker der T-Helferzell-Reaktion, doch weil sie Teil des Autoimmunsystems sind – der Körperreaktion gegen eigene Bestandteile – hat bisher keiner daran gedacht, ihre Aktivität umzudirigieren und zur Abwehr externer Bedrohungen wie Infektionen einzusetzen," meint Cohen. Gemeinsam mit Mati Fridkin sowie Stephanie Konen-Waisman und Avi Cohen führte er die Studie durch, die in der Februarausgabe des Journal of Infectious Diseases veröffentlicht wurde (voller Text).

Die Wissenschaftler immunisierten Mäuse mit einem Impfserum, das aus einem Hitzeschock-Protein-Träger bestand, an das ein Molekül mit Zuckermantel angeheftet war, das zu einem gefährlichen Pneumococcus-Bakterium gehört. Die geimpften Mäuse wurden dann mit einer tödlichen Dosis der Bakterien infiziert. Normalerweise reichen 2-3 Bakterien dieser Art aus, um eine ungeschützte Maus innerhalb von ein bis zwei Tagen zu töten. In der Studie bot die Impfung fast vollständigen Schutz gegen eine bakterielle Armee von mehreren Millionen. Dieser Schutz war tausendmal größer als der eines handelsüblichen Pneumococcus-Impfstoffs. Letzterer kann die Infektion nur teilweise und bei Angriffen von bis zu 1000 Bakterien abwehren.

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