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News: Eine kostbare Gabe

Hühner nehmen's mit der Treue nicht so genau, und daher sollte man als Hahn sein Sperma nicht unüberlegt verteilen. Schließlich will das kostbare Gut nicht umsonst verschleudert werden.
Gallus gallus
Kennen Sie Calvin Coolidge?

Über die außen- und innenpolitischen Leistungen des 30. Präsidenten der Vereinigten Staaten, der das Land zwischen 1923 und 1929 regierte, steht nur wenig in den Geschichtsbüchern, und dennoch hat Calvin Coolidge es geschafft, sich in der Fachliteratur zu verewigen – und zwar als Coolidge-Effekt.

Grundlage hierfür ist eine nette Anekdote, die über ihn kursiert: Demnach soll sich seine Frau beim Besuch einer Hühnerfarm erkundigt haben, wie oft denn der Hahn sich mit einer Henne einlässt. Als ihr versichert wurde, dutzende Mal am Tag, bemerkte sie: "Sagen Sie das meinem Mann!" Der damit konfrontierte Ehemann fragte zurück: "Immer mit der gleichen Henne?" Es sei jedesmal eine andere, lautete die Antwort, und der Präsident nickte zufrieden und meinte: "Sagen Sie das meiner Frau!"

Wir wissen nicht, ob das politische Amt Präsident Coolidge so sehr beanspruchte, dass er seine ehelichen Pflichten vernachlässigte, und ob überhaupt an dieser Geschichte etwas dran ist. Biologen kennen jedoch das Phänomen, dass die sexuelle Aktivität eines Männchens nachlässt, wenn es immer nur dasselbe Weibchen zur Verfügung hat. Sobald es jedoch eine neue Partnerin kennenlernt, ist es wieder voller Begeisterung bei der Sache. Was steckt dahinter?

Knallharte Berechnung. Schließlich ist Sperma ein kostbares Gut, das mit Bedacht eingesetzt werden sollte. Und da ist es natürlich effektiver, wenn Mann seine Spermien – sprich seine Gene – an möglichst viele Damen verteilt, statt sich mit einer einzigen zu begnügen.

Besonders schwierig wird es, wenn die Herren der Schöpfung nicht allein sind, sondern lästige Konkurrenten das Feld streitig machen – was ja meistens der Fall ist. Die Konkurrenz hört dann etwa nach erfolgreicher Zweisamkeit nicht auf, sie beginnt mitunter erst richtig im Körper des Weibchens. Denn wenn die Weibchen sich mit mehreren Männchen einlassen, stellt sich die Frage, welches Spermium von welchem Männchen glücklicher Eroberer einer Eizelle werden darf. Ein Phänomen, das als Spermienkonkurrenz Eingang in die Literatur gefunden hat.

Soweit die Theorie. Doch wie sieht es in der Praxis aus? Für diese Praxis – und zwar beim eingangs erwähnten Federvieh – interessierte sich Tommaso Pizzari von der Swedish University of Agricultural Sciences. Zusammen mit Kollegen aus Schweden und Großbritannien wollte er wissen, wie weise ein Hahn mit seinem Sperma umgeht.

Um diese Frage zu beantworten, mussten sie zunächst die Hennen – es handelte sich um wild lebende, aber zahme Bankivahühner (Gallus gallus) – entsprechend vorbereiten: Die Tiere erhielten ein spezielles "Kondom", welches das Ejakulat des Hahns aufnahm, ohne – wie die Forscher versichern – das Liebesspiel des Geflügels zu stören. "Das Sammeln von Sperma ist unangenehm", meint Pizzari, "aber es stellt einen echten Durchbruch für die Untersuchung des Fortpflanzungsverhaltens dar. Jetzt können wir die Spermien-Investition messen, statt sie lediglich aus dem Verhalten der Vögel zu erraten."

Und das Ergebnis dieser Messungen? Ein Hahn weis offensichtlich mit seinen Ressourcen umzugehen. War er mit einer Henne allein, dann setzte er nur wenig Sperma ein. Schließlich gab es keine Konkurrenten, gegen die er seinen Einsatz erhöhen musste.

Tauchten jedoch männliche Artgenossen auf, dann hing die Ejakulatgabe von der Hackordnung des Spenders ab. Beim hohen Rang wurde der Einsatz gesteigert, um so die Gewinnchancen bei der Spermienkonkurrenz zu verbessern. Ein niedriger Rang war dagegen Anlass zur Enthaltsamkeit. Offensichtlich hielt es der Hahn, der nun seltener zum Zuge kam, für gescheiter, sich nicht allzusehr zu verausgaben, sondern besser auf eine neue Chance ohne störende Rivalen zu warten.

Doch nicht nur die Konkurrenten, auch die anwesende Damenwelt beeinflusste die Freigebigkeit der Hähne. Wie die Spermamessungen ergaben, hing die Menge der männlichen Gabe direkt von der Größe des Kamms des Weibchens ab. Ein prächtiger Kamm deutet auf eine stabile Gesundheit und erhöht damit die Aussicht auf zahlreiche gesunde Hühnereier. Schöne Hühnerdamen sind daher die Mühe wert, bei den weniger ansehnlichen kann man den Einsatz etwas herunterschrauben.

Und auch den Coolidge-Effekt konnten Pizzari und seine Kollegen nachweisen: Bei derselben Henne zeigten sich die Hähne zunehmend geiziger. Sobald jedoch eine Neue das Spiel betrat, war das Ejakulat ergiebig wie nie zuvor.

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