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Paperfuge: Eine medizinische Zentrifuge für ein paar Cent

Sie schafft sagenhafte 125 000 Umdrehungen pro Minute und separiert Blut so gut wie eine kommerzielle Maschine. Doch dabei kostet die "Paperfuge" praktisch nichts.
Kapillarröhrchen

In vielen Regionen der Welt fehlt in den Gesundheitszentren das Geld für eine moderne Laborausstattung, und wo einmal Geräte angeschafft wurden, enden diese bald als Schrott, aus Mangel an Knowhow für Reparatur und Wartung. Als Abhilfe werden immer wieder ultragünstige Lowtechvarianten von Mikroskop und Co. vorgeschlagen. Nun haben Forscher getestet, ob ein uraltes Kinderspielzeug, der Brummknopf oder Schnurrer, als Zentrifuge zur Blutuntersuchung taugt.

Und das sei in der Tat der Fall, meinen Wissenschaftler um Manu Prakash von der Stanford University. Demnach lässt sich lediglich mit Hilfe eines Stücks Schnur und zweier Papierscheiben eine Blutprobe in einem dünnen Kapillarröhrchen in ihre Bestandteile aufsplitten. Anderthalb Minuten Einsatz genügen zur Konzentrierung der roten Blutkörperchen; will man das Blut auf Malariaparasiten testen, muss man die "Paperfuge" rund 15 Minuten schwirren lassen.

© Manu Prakash et al.
So funktioniert die "Paperfuge"

Der Aufbau ist an Einfachheit kaum zu übertreffen: Das Kapillarröhrchen wird zwischen die beiden kreisrunden Papierscheiben gelegt, die Schnur fädelt man durch zwei Löcher etwas abseits des Mittelpunkts der Papierkreise und verknotet ihre Enden. Dann gilt es, die Paperfuge so zwischen den Händen zum Rotieren zu bringen, dass sich die Schnur immer wieder aufwickelt und verdrillt. In ihrer aktuellen Veröffentlichung untersuchten die Forscher auch die Mechanik hinter dem Brummknopfprinzip. Entscheidend sei, dass sich die Schnur über den Punkt des einfachen Verdrillens hinaus weiter verdrillt und dabei Schlingen wirft. Dadurch werde so viel Energie im System gespeichert, dass die rotierende Scheibe auf bis zu 125 000 Umdrehungen pro Minute gebracht werden könne.

Um diese Werte zu erreichen, haben Prakash und Kollegen allerdings viel tüfteln müssen. Die Länge der Schnur, die Größe der Scheiben, aber auch deren Material müssten gut aufeinander abgestimmt sein. Sie verwendeten nach langen Tests schließlich ein Papier mit Folienüberzug. Allerdings sehen sie noch weitere Entwicklungsmöglichkeiten. Anstatt eines Kapillarröhrchens könne man auch komplexere Scheiben einsetzen, die beispielsweise Streifen mit Testpapier bereits enthalten und in denen Kanälchen aus Klebstreifen die zu untersuchende Flüssigkeit aufnehmen. Solche Scheiben müssten sich aus Kunststoff relativ einfach in Massenproduktion herstellen lassen.

Wie "Wired" berichtet, hat Prakash die Paperfuge bereits in Entwicklungsländern vorgestellt – und sei dabei auf großes Interesse gestoßen: "Seit Jahren suche ich schon nach so etwas", habe ihnen eine Labortechnikerin auf Madagaskar erzählt.

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