News: Eine neue Art von Quastenflosser
Wissenschaftliche Untersuchungen an einigen dieser Fische haben stets die Vermutung bestätigt, daß Latimeria chalumnae eine Population mit einem eng begrenzten Lebensraum bildet, der auf die Straße von Mosambique oder sogar nur auf eine oder zwei der Komoren-Inseln beschränkt ist (Grand Comoros und Anjouan). Diese alte Hypothese wurde im Juli 1998 durch die Entdeckung eines Quastenflossers in der Nähe der mehr als 9000 km entfernten Insel Menado Tua im Celebes-Archipel von Indonesien erschüttert.
Um herauszufinden, ob der indonesische Quastenflosser zu einer eigenständigen Population gehörte, führte ein gemeinsames Forschungsteam aus Mitgliedern des Institut de recherche pour le développement (IRD), der LIPI (Division of Zoology Research and Development Centre for Biology, Indonesien) und des CRIFI-RIFF (Central Research Institute for Fisheries, Indonesien) eine morphologische Untersuchung der Tiere durch und sequenzierte Abschnitte ihrer mitochondriellen DNA. Die Daten wurden mit den entsprechenden Informationen über die Komoren-Quastenflosser verglichen (Comptes rendus de l'Académie des Sciences vom April 1999).
Die Wissenschaftler stellten signifikante morphologische und genetische Unterschiede zwischen der indonesischen und der Komoren-Form des Quastenflossers fest, obwohl nur ein geringer Polymorphismus zu verzeichnen war. Die genetische Differenz spricht für zwei unterschiedliche Arten, die eng miteinander verwandt sind. Die Hinweise führten die Forscher zu dem Schluß, daß der indonesische Quastenflosser eine neue Art ist, die sie nach der Insel, auf der sie gefunden wurde, Latimeria menadoensis nennen.
Aus der Anzahl der Unterschiede in der DNA-Sequenz errechneten die Wissenschaftler noch, daß sich Latimeria menadoensis und Latimeria chalumnae sich vor ungefähr 1,5 Millionen Jahren voneinander differenzierten – in Anbetracht der langen Geschichte der Quastenflosser, die vor 400 Millionen Jahren begann, ein relativ junges Ereignis.
Der indonesische Quastenflosser wurde im Meer an den unterseeischen Abhängen geologisch junger vulkanischer Inseln entdeckt, einer Umgebung, die dem Habitat der Komoren-Form ähnelt. Dies bestätigt die Vorliebe des Fisches für eine derartige Umgebung. Felsspalten, die sich bildeten, als die Lava ins Meer floß, sind ideale Zufluchtsorte, in denen sich der Quastenflosser während des Tages verstecken kann. Kürzlich durchgeführte Studien haben gezeigt, daß die Tiere mitunter mehrere Dutzend Kilometer zurücklegen, um von einer Höhle zur anderen zu gelangen. Insgesamt handelt es sich jedoch um einen halb-seßhaften Fisch, der sich weder in größere Tiefen noch in offenes Wasser wagt. Es ist daher höchst unwahrscheinlich, daß die Art von den Komoren nahezu 10 000 km zurücklegte und dabei gewaltige Untiefen mit ungünstigen Strömungen überwand, um die Küste Indonesiens zu erreichen oder umgekehrt. Nach Ansicht der Forscher ist der genetische Unterschied zwischen den Arten durch die deutliche geographische Trennung zu erklären.
Der Lebensbereich des Latimeria menadoensis ist möglicherweise nicht auf das Gebiet nördlich von Celebes beschränkt. Neuere Erhebungen deuten tatsächlich darauf hin, daß auch an anderen Stellen im indonesischen Archipel Quastenflosser vorkommen. Um den vielen Geheimnissen dieser "lebenden Fossilien" auf die Spur zu kommen, wären sicherlich weitere vergleichende Untersuchungen hilfreich.
Siehe auch
- Spektrum Ticker vom 28.9.1998
"Noch mehr Quastenflosser im Meer"
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