Direkt zum Inhalt

Amazonas-Archäologie: Eine neue Keimzelle uralter Landwirtschaft

Mit dem Ackerbau hat die Menschheit ihre Lebensweise fundamental verändert. Doch die Kulturtechnik wurde mehrfach erfunden. Einen weiteren Hotspot haben Archäologen in Bolivien entdeckt.
Ein Wäldchen auf einem Hügel in der bolivischen Savanne. Hier betrieben schon vor rund 10 000 Jahren Menschen Ackerbau

Im Grunde beruht das moderne Leben auf zwei rund 12 000 Jahre alten Erfindungen: Ackerbau und Viehzucht. Diese »neolithische Revolution«, das wissen Archäologen inzwischen, fand allerdings unabhängig voneinander in mindestens vier verschiedenen Regionen der Welt statt: im Nahen Osten, in China, in Mexiko und im Nordwesten des südamerikanischen Kontinents. Nun beschreiben Forscher um Umberto Lombardo von der Universität Bern im Fachblatt »Nature«, dass auch in der Moxos-Ebene im Norden Boliviens Menschen vor rund 10 000 Jahren den Ackerbau erfunden hatten. Dafür hatten die Vorkolumbianer einst hunderte Erdhügel angelegt, auf denen sie Kürbis, Mais und Maniok anpflanzten.

Schon seit Längerem vermuten Genetiker, dass sich in dieser Region eine Keimzelle der Landwirtschaft befunden haben muss. So zeigten Erbgutanalysen: Moderne Nutzpflanzen wie Kürbisse, Bohnengewächse (Canavalia plagiosperma), die Pfirichpalme (Bactris gasipaes) oder Chilis (Capsicum baccatum var. pendulum) ähneln den wilden Sorten in der Moxos-Ebene. Was bislang aber fehlte, war der archäologische Nachweis für diese These, den Lombardo und sein Team nun erbracht haben wollen. Schon zuvor haben sie in der Savanne der Moxos-Ebene ungefähr 4700 auffällige Erdhügel kartiert und über 80 Stück davon genauer untersucht. Bei mehr als 60 Erhebungen stellte sich heraus, dass sie künstlich angelegt worden waren. Der wahrscheinliche Grund laut der Forscher: Einmal pro Jahr wird die Ebene überschwemmt. Die Hügel bleiben dann aber über Wasser, Pflanzen können auf ihnen gedeihen.

Waldinseln von oben | In der Moxos-Ebene in Bolivien haben Archäologen zirka 4700 künstlich aufgeschüttete Erdhügel kartiert. Im frühen Holozän hatten die Menschen dort Landwirtschaft betrieben.

Inzwischen haben der Schweizer Geograf und seine Kollegen Proben aus drei Dutzend der Hügel genommen und mit Hilfe der Radiokarbonmethode datiert. Offenbar waren die ersten Waldinseln vor rund 10 000 Jahren aufgeschüttet worden. Aus den Proben extrahierten die Wissenschaftler auch Phytolithen. Das sind winzige Überreste von Pflanzen, die aus Kieselsäure bestehen. Lombardo und sein Team haben die Mikrofossilien analysiert und einige Arten von gezüchteten Pflanzen bestimmt: »Wir konnten zeigen, dass das früheste Alter für Maniok im Amazonas 10 350 Jahre ist, für Kürbis 10 250 Jahre und für Mais 6850 Jahre.« Daraus folgt nach Ansicht der Forscher, dass die Menschen im Südwesten des Amazonas 8000 Jahre früher als bislang angenommen Pflanzen kultivierten.

In der Alten Welt begannen Menschen vor ungefähr 10 000 bis 12 000 Jahren, Feldbau und auch Viehzucht zu betreiben. Genetische Studien haben gezeigt, dass im Nahen Osten, in der Region des so genannten Fruchtbaren Halbmonds, diese Erfindungen in zwei Regionen gemacht wurden: in der südlichen Levante und im Zägros-Gebirge (heute Iran).

WEITERLESEN MIT »SPEKTRUM +«

Im Abo erhalten Sie exklusiven Zugang zu allen Premiumartikeln von »spektrum.de« sowie »Spektrum - Die Woche« als PDF- und App-Ausgabe. Testen Sie 30 Tage uneingeschränkten Zugang zu »Spektrum+« gratis:

Jetzt testen

(Sie müssen Javascript erlauben, um nach der Anmeldung auf diesen Artikel zugreifen zu können)

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.