Eine Portion Forschung: Kombucha, erfrischend vergoren
Die Fermentation ist einer der ältesten Tricks, um Lebensmittel haltbar zu machen. Während sie in Asien seit jeher als unverzichtbar zum Konservieren von Fisch, Fleisch und Gemüse galt, ist sie erst seit der Jahrtausendwende ein weltweiter kulinarischer Trend.
Vor allem ein Fermentationsprodukt ist begehrt: Kombucha. Das Getränk ist das Werk von Teepilzen, einer symbiontischen Bakterien-Hefe-Kultur namens SCOBY. Die produziert den gesüßten, fermentierten Tee durch Gärprozesse. Meist lässt man dazu die Mikroorganismenmischung, die »Mutter des Kombucha«, in einem Gärgefäß mit ein wenig Zucker auf die Blätter von Camellia sinensis los, aus denen sonst schwarzer Tee werden würde. Kombucha lässt sich aber auch aus Oolong-Teeblättern, halb fermentiertem und grünem oder sogar weißem Tee herstellen (siehe Infobox »Kombucha selbst machen«).
Was dabei genau passiert, ist unübersichtlich. Die bisher detaillierteste mikrobiologische Studie zur Kombucha-Alchemie hat die Gruppe um Alan Marsh am University College Cork durchgeführt. Das Team hat unter anderem die beteiligten Mikroorganismen ausgezählt: Die Bakteriengattung Gluconacetobacter war in mehr als 85 Prozent aller Proben vertreten. Mit 30 Prozent auffällig häufig war aber auch Lactobacillus, während Acetobacter sich nur in weniger als zwei Prozent der vom Forscherteam geprüften Gärgefäße fand. Die Hefepopulation wurde eindeutig von der Gattung Zygosaccharomyces dominiert, die mehr als 95 Prozent der Pilze ausmachte. Alle Organismen zusammen produzieren im Gärtopf die Substanzen, die dem fertigen Kombucha Geschmack und Eigenschaften mitgeben.
Kombucha soll helfen, Bluthochdruck zu vermeiden
Dem fertig fermentierten Tee schreibt man traditionell gesundheitsfördernde Wirkungen zu, Kombucha gilt gar als »Lebenselixier«: Es soll Energie verleihen, bei der Verdauung helfen und das Hungergefühl kontrollieren, das Immunsystem stärken, schlechtes Cholesterin senken und das Risiko für Herzinfarkte verringern. Was das Getränk leisten kann, versuchen Forschende in verschiedenen Studien zu überprüfen.
Serie: »Eine Portion Forschung«
Was steckt in unseren Lebensmitteln? Wie ernähren wir uns in der Zukunft? Und welche Entwicklungen machen das möglich? Eine neue Videoserie von »Spektrum der Wissenschaft« und »Scientific American« serviert Ihnen fortan regelmäßig eine Portion Forschung.
See the English-language version of this piece at »Scientific American«.
Kombucha enthält demnach durchaus Substanzen, die gemeinsam positive Auswirkungen auf die Gesundheit haben könnten. Darunter bioaktive Komponenten wie Polyphenole und Glucuronsäure, wie Jessica Martínez Leal von der Universität Monterrey in Mexiko und Rasu Jayabalan vom National Institute of Technology in Rourkela 2018 im »CyTA-Journal of Food« berichtet haben. Die Polyphenole könnten vor Erkrankungen des Gehirns schützen, indem sie die Blutversorgung unterstützen; zudem greift Kombucha womöglich in die Regulation des Cholesterinstoffwechsels ein und beugt Bluthochdruck vor.
Doch weil es an konkreten wissenschaftlichen Nachweisen fehlt, ist Kombucha offiziell weiterhin kein Heilmittel, sondern ein Erfrischungsgetränk. Und eine spannende Zutat für Sterneköche.
Der Niederländer Jonnie Boer vom Restaurant »De Librije« verarbeitet es zum Beispiel in seiner gekochten Languste. René Redzepi vom »Noma« in Kopenhagen hat gleich einen ganzen Forschungsbereich für fermentierte Lebensmittel eingerichtet. Mario Sandoval wiederum hat in seinem Restaurant »Coque« den traditionellen Gurkenessig durch Kombucha ersetzt. Andoni Aduriz vom »Mugaritz« kombiniert den Kombucha-Muttercocktail mit Erdbeeren. Und Joan Roca hat im »Celler de Can Roca« einen Fermentationsexperten mit Arbeitsgrundlage Kombucha in sein Forschungsteam aufgenommen.
Manches Kombucha-Gebräu enthält beachtliche Mengen Alkohol
Um Genuss zu garantieren, braucht es Standards, die den Brauprozess sicher machen. Schließlich ist Kombucha ein Produkt der Fermentation, die unbedingt streng kontrolliert ablaufen muss.
In den USA hat die Kombucha Brewers International Best-Practices-Richtlinien festlegt, um künftig die Sicherheit und Qualität der Produkte zu garantieren. In Europa gibt es solch eine übergeordnete Organisation noch nicht. Dabei ist unter anderem fraglich, welche Produkte eigentlich als Kombucha bezeichnet werden dürfen: auch solche, die den Fermentierungsprozess abgeschlossen haben, dann im Verkauf aber keine lebenden Mikroorganismen mehr enthalten?
Korrekt hergestellt, ist Kombucha jedenfalls ein unbedenkliches Erfrischungsgetränk. Es findet sich heute in zahlreichen Supermärkten, Restaurants, Bars, auf Bauernmärkten und in Brauereien. Einige im Handel befindliche Produkte eignen sich als kalorienarme Durstlöscher, bei anderen ist auf den Zucker- und Alkoholgehalt zu achten.
Das Gebräu kann zwischen 0,1 und 2 Prozent Alkohol enthalten, eine Folge der Vergärungsprozesse. Wer sich nicht mit Kombucha betrinken möchte, sollte also unbedingt den Alkoholgehalt checken.
Kombucha selbst machen
Wer Kombucha ansetzen möchte, sollte vor allem darauf achten, dass alles sauber ist. Die Hygiene bei der Zubereitung ist mit entscheidend dafür, dass das Getränk verträglich ist. Nutzen Sie keine bleihaltigen Gefäße, und verwenden Sie feinmaschiges Material zum Sieben. Geeignet sind zum Beispiel Geschirrtücher oder Küchenrolle. Damit keine Gärfliegen ins Getränk krabbeln, sollte man Tuch oder Papier mit einem Gummi fixieren.
Für Kombucha braucht es Wasser, Tee, Starterflüssigkeit, Zucker und den Kombucha-Pilz (SCOBY). SCOBY ist ein Akronym und steht für »symbiotic culture of bacteria and yeast«, also »symbiontische Bakterien- und Hefekultur«. Manche nennen es auch die »Mutter des Kombucha«.
Als Erstes bringt man Wasser zum Kochen, gibt den Tee dazu und lässt ihn acht bis zehn Minuten ziehen. Anschließend die losen Blätter aussieben. Nun Zucker hinzugeben und unter Rühren auflösen. Das Gemisch in ein Gefäß geben und – wichtig – abkühlen lassen. Wenn die Temperatur gesunken ist, Teepilz mit Ansatzflüssigkeit hinzugeben. Abdecken. Warten und die Organismen ihre Arbeit machen lassen.
SCOBY vergärt den gezuckerten Tee zu einem mostartigen, kohlensäurehaltigen Getränk. Bei der Fermentation entstehen aus dem zugesetzten Zucker Alkohol und Essigsäure, Milchsäure und Gluconsäure. Dadurch schmeckt Kombucha sauer und enthält zwischen 0,7 und 1,3 Prozent Alkohol.
Zehn bis zwölf Tage gilt als die typische Fermentationszeit für zu Hause gebrautes Kombucha. Je nach persönlichem Geschmack, Temperatur und anderen Faktoren kann das variieren. Generell gilt: Je länger die Gärung dauert, desto herber wird das Kombucha. Die kommerzielle Herstellung von Kombucha kann auf Grund der Größe der Charge oft 20 bis 30 Tage dauern. Weil das vergleichsweise lange ist, kostet das Getränk mehr als andere.
Der richtige pH-Wert des Getränks liegt zwischen 2,5 und 3,5. Der pH-Wert von Kombucha ist wichtig, da er das Gebräu vor schädlichen Mikroorganismen schützt.
Der Großteil des auf dem Markt verkauften Kombuchas ist roh und daher biologisch aktiv. Der Fermentationsprozess läuft so lange, wie Bakterien und Hefe Zucker als Nahrung haben. Hefen sind temperaturempfindlich, und niedrige Temperaturen halten sie weniger aktiv. Die optimale Temperatur beträgt zwischen 21 und 27 Grad Celsius. Kombucha kühl zu halten, ist ein wichtiges Mittel, um sicherzustellen, dass die Qualität konstant und konform bleibt.
Autorin: Alina Schadwinkel
Dieser Text ist zuerst bei »Investigación y Ciencia« unter dem Titel »Kombucha« erschienen. Der Artikel wurde zur besseren Lesbarkeit angepasst und um Informationen ergänzt.
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