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Mondmissionen: Eine Seebestattung für Smart-1

Fast zwei Jahre umrundete Smart-1 den grauen Begleiter der Erde. Jetzt heißt es Abschied nehmen.
So könnte es aussehen: Smart-1 am Mond
Die Raumfahrt will immer höher und weiter hinaus – zu fernen Welten und gerne auch ein Stückchen weiter. Herkömmliche Antriebe können das allerdings nicht mehr leisten. Höchste Zeit also für die Ingenieure, sich etwas Neues einfallen zu lassen. Die Europäische Weltraumbehörde Esa erschuf dafür das Programm "Smart" (Small Mission for Advanced Research and Technology). Die erste Kreation der Weltraumschmiede war die Raumsonde Smart-1.

SMART-1 | SMART-1 ist etwa einen Kubikmeter groß und wiegt 366 Kilogramm. Mit ihm gelang die erste europäische Mission zum Mond.
Sie ist die erste Sonde mit Ionentriebwerk. Dabei wird stetig ein Strahl geladener Teilchen aus der Sonde ausgestoßen, der einen Schub erzeugt. In diesem Fall besteht der Treibstoff aus dem Edelgas Xenon. Ein solcher Antrieb ist zwar wesentlich effizienter als konventionelle Antriebe, gibt dafür aber weniger Schub. Auf der Erde würde die Kraft gerade mal ausreichen, um eine Postkarte hochzuheben.

Deshalb wurde die Sonde am 27. September 2003 mit Hilfe einer Ariane-5-Rakete ins Weltall katapultiert. Auf einer Erdumlaufbahn ausgesetzt, näherte sie sich ihrem Ziel angetrieben durch das ausströmende Xenon-Gas auf spiralförmigen Bahnen und schraubte sich insgesamt 100&nbps;Millionen Kilometer zum Mond empor. Nach mehr als 13 Monaten schwenkte sie dann am 15. November 2004 in eine elliptische Mondumlaufbahn.

Der Orbit führte über die beiden Pole des Mondes und leitete Smart-1 bis zu 300 Kilometer nah an der Oberfläche vorbei. Im fernsten Punkt war er etwa 3000 Kilometern entfernt. Neben der Schwerkraft des Mondes, bekam die Sonde aber auch diejenige von Sonne und Erde zu spüren, was ihre Flugbahn stetig veränderte. Ohne Zutun wäre Smart-1 somit nach wenigen Wochen auf der Mondoberfläche zerschellt. Das dem nicht so war, ist dem Ionenantrieb zu verdanken, der die Sonde stets auf den rechten Weg zurückbrachte.

Die Ionentriebwerke hatten sich also bewährt. Nun galt es auch eine Reihe von Beobachtungstechnologien zu testen, mit denen Smart-1 ebenfalls ausgestattet wurde. Die Wissenschaftler erprobten kleinere, leichtere und energiesparende Geräte, die in der Leistung den klotzigen Vorgängern allerdings in Nichts nachstehen sollten. Der Einsatz solcher Fliegengewichte, wie Kameras oder Spektrometern, könnte die Kosten von Raummissionen in Zukunft deutlich senken.

Ein praktischer Nebeneffekt der Gerätetests war, dass die Wissenschaftler auch den Mond etwas genauer unter die Lupe nehmen konnten. So lichtete die Kamera an Bord den Erdtrabanten im optischen und infraroten Licht ab. Unzählige Bilder von der Mondoberfläche wurden zur Erde gefunkt.

Allerdings machte Smart-1 nicht nur Fotos. Mit Hilfe verschiedener Verfahren konnte Smart-1 die chemische Zusammensetzung der Mondoberfläche und deren mineralogische Beschaffenheit untersuchen. So fand er beispielsweise Kalzium, Eisen und Magnesium auf dem Mond. Kalzium wurde dabei das erste Mal direkt im All nachgewiesen. Die Analyse der gesammelten Daten wird die Wissenschaftler vermutlich noch viele Jahre mit Arbeit versorgen.

Im Juni 2006 ging Smart-1 allerdings die Puste oder vielmehr das Xenon-Gas aus. Seine Flugbahn konnte nicht mehr korrigiert werden, und sein Ende war nahe. Die Wissenschaftler errechneten, dass die Sonde am 17. August für alle Sternenforscher unsichtbar auf der Mondrückseite zertrümmern würde. Ein Eklat in der Astronomengemeinde.

Die Forscher am Kontrollzentrum Esoc in Darmstadt hatten allerdings noch einen Trumpf im Ärmel: Smart-1 besitzt zusätzlich einen konventionellen Antrieb. Damit konnte die Bahn ein weiteres Mal justiert und der Absturz um mehr als zwei Wochen verzögert werden.

Mögliche Absturzstellen von SMART-1 | SMART-1 selbst fotografierte diesen Bereich auf der südlichen Mondvorderseite, der zum so genannten See der Vortrefflichkeit gehört. Die Aufnahme wurde aus mehreren Einzelbildern zusammengesetzt, die am 19. August 2006 entstanden.
Die Wissenschaftler erwarten der Esa den Absturz von Smart-1 am 3. September 2006 um 7.41 Uhr (MESZ). Aller Voraussicht nach wird er sein Ende im so genannten "See der Vortrefflichkeit" finden. In dem auf der südlichen Mondvorderseite gelegenen Gebiet dürfte sich die 366 Kilogramm schwere Raumsonde dann mit einem fünf bis zehn Meter breiten und einen Meter tiefen Krater verewigen.

Denkbar wäre allerdings, dass die Sonde schon bei vorherigen Umläufen auf der Mondoberfläche zerschellt. Zwar lässt sich die Umlaufbahn recht gut vorhersagen, die Mondoberfläche ist jedoch noch nicht flächendeckend erforscht. Und so könnte Smart-1 schon früher als gedacht mit einem bislang unbekannten Hügel des Mondes zusammenstoßen. Der Aufprall müsste dann entweder am 3. September um 2:36 Uhr oder sogar schon am 2. September um 21:33 Uhr stattfinden.

In Deutschland geht der Mond bedauerlicherweise erst zwei Stunden nach dem finalen Einschlag auf. Für Hobbyastronomen allerdings kein Grund zum Trauern – mit ihren vergleichsweise kleinen Instrumenten könnten sie das Spektakel auch in der klarsten Nacht nicht verfolgen.

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