Neufundland: Eine zweite Wikingersiedlung in Amerika entdeckt
In den 1960er Jahren entdeckten Archäologen auf der Neufundlandhalbinsel L'Anse aux Meadows Überreste einer Wikingersiedlung. Damit hatten sie den Beweis, dass die Seefahrer aus dem fernen Europa tatsächlich – wie es die Sagas berichten – die Neue Welt erreicht hatten. Die Ausgrabungen belegten außerdem, dass das Siedlungsexperiment nach kurzer Zeit scheiterte: Die Nordmänner kehrten dem kargen Eiland für immer den Rücken.
Nun könnte kanadischen Archäologen ein weiterer Coup gelungen sein: Hunderte Kilometer südwestlich von L'Anse aux Meadows scheinen sie in Point Rosee auf weitere Hinterlassenschaften der Wikinger gestoßen zu sein. Bei Probegrabungen in der mutmaßlichen Siedlung entdeckten sie einen Metallverarbeitungsplatz samt steinerner Esse und einer Ansammlung von Schlackestücken.
Noch gelang es ihnen allerdings nicht, die Zugehörigkeit zu den Wikingern eindeutig nachzuweisen. Doch entsprächen Art und Weise der Metallverarbeitung dem üblichen Vorgehen der Nordmänner, die den begehrten Rohstoff vor allem aus Raseneisenerz gewannen, das in der Umgebung verfügbar war, berichtet das Magazin "National Geographic", das die Ausgrabungen finanziell unterstützt und publizistisch begleitet. Auch eine exakte Datierung liegt noch nicht vor.
Je nachdem welche Ergebnisse die weiteren Untersuchungen liefern, dürfte sich das Bild der Wikingerbesiedlung Neufundlands mehr oder weniger stark ändern. Möglicherweise handelte es sich bei Point Rosee nur um einen temporären Außenposten zur Metallgewinnung. Vielleicht zeigt der Fund aber auch, dass die Nordmänner mehrere Versuche einer Siedlungsgründung unternahmen. Der Ort an der Küste des Sankt-Lorenz-Golfs sei gut dazu geeignet gewesen, erklären die Forscher in dem Beitrag. So könnte sich der flache, felsenarme Strand gut zum Anlanden der Schiffe geeignet haben. Außerdem bot das Terrain einen guten Ausblick in alle Richtungen. Die Siedler hätten unter ständiger Bedrohung durch die Einheimischen gelebt und im Zweifel bereit sein müssen, einen Angriff abzuwehren.
Den entscheidenden Hinweis auf die Stätte fand die Archäologin Sarah Parcak. Die Expertin im Aufspüren archäologischer Bodendenkmäler auf Satellitenaufnahmen suchte die Küste Neufundlands nach viel versprechenden Verfärbungen im Boden ab, wie sie durch Strukturen im Boden entstehen. Bei der Grabung, die im Juli 2015 begann, kam zudem eine Wand aus Torfziegeln zum Vorschein. Noch ist das Areal allerdings nicht zur Gänze ausgegraben.
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.