Direkt zum Inhalt

News: Einer gegen alle

Noch immer gibt es keinen wirksamen Impfschutz gegen die tödliche Immunschwächekrankheit AIDS - die einzelnen Virenstämme unterscheiden sich zu stark voneinander. Doch ein künstlicher Proteinkomplex könnte das Immunsystem gegen alle Varianten ankurbeln.
"AIDS hat mittlerweile die Grippe-Pandemie von 1918 und die Pestseuchen des 14. Jahrhunderts übertroffen und sich zur schlimmsten und tödlichsten Krankheit der Medizingeschichte entwickelt. 25 Millionen Menschen sind weltweit gestorben, weitere 40 Millionen sind infiziert und deren Zahl steigt von Sekunde zu Sekunde immer schneller an." Ein frustierendes Urteil, das George Lewis da fällt. Aber der Wissenschaftler weiß, wovon er spricht. Versucht er doch zusammen mit seinen Kollegen des University of Maryland Biotechnology Institute seit Jahren einen wirksamen Impfstoff gegen das tödliche HI-Virus zu finden – bisher vergeblich.

Die Crux liegt in der Verwandlungsfähigkeit des Virus. Auf seiner Hülle liegt das Glycoprotein gp120, das an T-Zellen bindet – und zwar ausgerechnet an das Oberflächenmolekül CD4, das normalerweise für die Aktivierung der Immunzellen verantwortlich ist. Dadurch verankert, schleust das Virus dann sein Erbgut in die eroberte T-Zelle, die daraufhin neue Viren produziert.

Bei der Suche nach einem wirksamen Impfschutz liegt es nahe, sich auf das virale Hüllprotein gp120 zu konzentrieren. Fatalerweise variiert es jedoch von Stamm zu Stamm sehr stark, sodass bisherige Versuche fehlschlugen.

Doch Timothy Fouts, Mitarbeiter von Lewis, glaubt, eine Schwachstelle des viralen Angriffs gefunden zu haben: Der gp120-CD4-Komplex, der sich bei dem Andockmanöver bildet, verändert sich nach der Bindung – und diese Strukturänderungen sind bei allen Virenstämmen gleich. Daher versuchten Fouts und seine Mitstreiter, einen künstlichen gp120-CD4-Komplex zu kreieren und diesen als Impfstoff einzusetzen.

Und tatsächlich zeigte der künstliche Komplex seine Wirkung, als die Forscher ihn bei Affen einsetzten: Die Tiere bildeten Antikörper, die auch gegen viele HIV-Stämme aktiv wurden. Wenn auch die Daten der Forscher bisher noch vorläufig sind, könnte damit der Weg für einen wirksamen Impfstoff gegen AIDS geebnet sein.

Robert Gallo, der das Virus mit entdeckt hat, zeigt sich zumindest begeistert: "Dies ist eine der aufregendsten Entdeckungen seit den Anfängen der AIDS-Forschung, als noch regelmäßig scheinbare wissenschaftliche Durchbrüche angekündigt wurden. Zwei Jahrzehnte lang gab es erhebliche Schwierigkeiten, doch jetzt könnten wir einen wesentlichen Schritt zur Bewältigung der Aufgabe vorangekommen sein."

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.