Regenerative Energien: Einfach aus der Steckdose?
Auch Ökoenergie gibt es in nachhaltig und noch nachhaltiger: Statt Bioethanol in Automotoren zu verbrennen, sollte man lieber Batterien einsetzen und mit grünem Strom fahren, schätzen Umweltexperten. Noch hat ihre Gleichung allerdings recht viele Unbekannte - und ist nur Teil einer noch viel komplizierteren Rechnung.
Biokraftstoffen prophezeit man zwar schon seit einiger Zeit große Zukunft, die Gegenwart dominieren sie aber längst noch nicht. Und das, obwohl sie sich ständig weiterentwickeln: Die modernsten Varianten der grünen Treibstoffe haben mit dem Biodiesel der ersten Generation nicht mehr viel gemein, bei dem nur die energiereichen Teile wie etwa Samenöle aufwändig zu Kraftstoff veredelt wurden, womit der große Rest der Pflanze umsonst gewachsen ist. Die "zweite Generation" von "CO2-neutralen" Agrarkraftstoffen soll dagegen den Großteil der chemischen Energie aller Bestandteile von unterschiedlichsten Pflanzen enthalten, auch von Bäumen, Gräsern oder Stängeln, die früher ungenutzt blieben. Solche Pflanzen können schnell auch auf bislang ungenutzten Flächen kultiviert werden und konkurrieren nicht mit der agrarischen Nahrungsmittelproduktion, was die Ernährung der Armen durch die Mobilitätsansprüche der Reichen gefährden würde.
Viele forschen heute daran, den Prozess der Kraftstoffgewinnung aus Biomasse für Verbrennungsmotoren weiter zu perfektionieren und so Biokraftstoff gegenüber fossilem Ottomotor-Normalbenzin konkurrenzfähig zu machen. Verschiedene Enzyme aus Mikroorganismen mit geeigneten Spezialfähigkeiten sollen etwa die schwer angreifbaren Zellulose-Molekülketten der Biomasse besser zerlegen. Auch soll bald eher Butanol entstehen, statt wie heute meist Ethanol, das in Verbrennungsmotoren schlechter verbrennt und vergleichsweise weniger Energie enthält.
Elliot Campbell von der University of California in Merced und seine Kollegen bezweifeln nun allerdings, dass solche Fortschritte wirklich der beste Weg in eine ökologisch optimierte Zukunft der Transportwirtschaft sind. Denn eine Alternative sei bislang eher stiefmütterlich untersucht worden, so die Forscher: Die Produktion von elektrischem Strom aus Biomasse in nahen Kraftwerken, deren Elektrizität dann später zum Aufladen von Autos benutzt wird, die mit Elektromotoren fahren. Campell und Kollegen machte sich daran, diese Variante mit ihren verschiedenen Einflussfaktoren einmal genau durchzurechnen.
Benzin per Kabel
Technische Vorteile von Elektroautos gegenüber Vehikeln mit Verbrennungsmotoren liegen dabei auf der Hand: Der Wirkungsgrad von batteriebetriebenen Fahrzeugen ist deutlich höher, und sie können beim Bergabfahren per Generatorbetrieb ihre Batterien wieder aufladen. Schon jetzt kommen Elektroauto-Prototypen mit erfreulich hohem Drehmoment äußerlich ganz normal daher. Allerdings fahren nur wenige heute tatsächlich ein Stromfahrzeug, denn die aktuellen Modelle haben eine noch recht geringe Reichweite und Endschnelligkeit und sind auch, wegen der teuren Hochleistungsbatterien, auf ihre Lebensdauer gerechnet deutlich kostspieliger als Benziner und Diesel.
Und der Umweltaspekt? Schließlich kommt der Strom für ihre Batterien zwar aus der Steckdose, muss aber dorthinein erst einmal gespeist werden. Campbells Team berechnete zunächst die Gesamtkosten pro Kilometer der verschiedenen Antriebssysteme: also ob Bioethanol-Autos mit Verbrennungsmotoren oder vergleichbare, mit Strom aus Biomasse betriebene Elektromobile mit der auf einem Hektar Nutzfläche wachsenden Energie weiter zu bewegen sind. Für die Umwandlungsprozesse – die Ethanol- beziehungsweise Stromgewinnung aus Biomasse – setzten sie dabei die derzeit gängigen Verfahren voraus: Jeweils Maispflanzen oder Gräser werden entweder zu Ethanol verarbeitet oder in Biomasse-Kraftwerken zu Strom, nahmen die Wissenschaftler für ihr Modell an.
Das Ergebnis bei diesem simplifizierten Szenario ist verblüffend eindeutig: Strom schlägt Ethanol um Längen; besonders gilt das für mittelgroße Personenwagen und kleine Transporter und wenn Gräser als nachwachsender Energieträger dienen. Nur bei Kleinwagen ist Bioethanol aus Gras-Zellulose bei längeren Autobahnfahrten halbwegs konkurrenzfähig – offenbar weil die Leistungsdaten der existierenden Elektroautos, die in die Modellrechnung einflossen, nicht gerade für den Fernbetrieb optimiert sind.
Selbst das dürfte sich aber ändern, meinen die Forscher. Überhaupt gehen sie davon aus, dass sich mit erhöhtem Forschungseinsatz eher die Bilanz der Stromfahrzeuge als der Verbrennungsmotorautos verbessert. Immer leichtere Batterien etwa können bestimmt einmal immer einfach hergestellt werden. Man sollte auch darüber nachdenken, Biomassekraftwerke mit Techniken zur Kohlendioxiddeponierung (carbon capture and storage, CCS) auszustatten. Derlei wird etwa bei Erdölbohrungen durchgeführt und soll, sobald sich dies ökonomisch rechnet, auch in herkömmliche Kraftwerke implementiert die CO2-Bilanz verbessern: Das bei der Verbrennung im Kraftwerk entstehende Treibhausgas wird dann in Tiefendepots unter der Erde verbannt. Der Kreislauf von CCS-ausgestatteten Biomasse-Kraftwerken zur Stromspritproduktion könnte damit unterm Strich sogar Kohlendioxid aus der Atmosphäre ziehen: Die als Biomasse verbrannten Pflanzen holen das Gas aus der Luft, die strombetriebenen Autos blasen – anders als die Biospritfahrzeuge – später keines hinein.
Zukunftsmusik. Überhaupt geben die Forscher zu bedenken, dass einige sehr wesentliche Faktoren noch nicht in ihr Szenario eingepreist sind. Welchen Einfluss etwa hätte eine massenhafte Produktion von Batterien mit ihren oft toxischen Inhaltsstoffen auf die Umwelt? Könnten sie ganz oder teilweise nachhaltig wiederverwendet werden? Würde sich die Massenproduktion von schnell wachsenden, leicht in Kraftwerken verwendbaren Pflanzenarten vielleicht negativ auf Umwelt, Naturschutz oder Wasserverbrauch an den Standorten auswirken?
Insgesamt, so fassen die Forscher zusammen, sollten ihren Zahlen zufolge nachwachsende, nicht lebensmittelrelevante, möglichst vollständig verwertete Rohstoffe wie schon bisher angestrebt bei möglichst geringem Flächen- und Umweltverbrauch genutzt werden – aber statt in Bioethanol dann vielleicht besser gleich in Strom umgewandelt werden. Das könnte irgendwann in Zukunft sogar dazu führen, das Netz von Tankstellen obsolet zu machen, die von dauernd bewegten Tankwagen aufgefüllt werden. Ersatzweise müsste dann wohl eine Infrastruktur mit Stromtankstellen und Leitungen entstehen – die Tankstellen bekämen ihren Nachschub aber vergleichsweise wenig aufwändig aus der Steckdose. Ohne großen Umbauaufwand könnte man sein Auto dann einmal auch mit anderen regenerativen Energiequellen – also etwa Strom aus Sonnen-, Wind- oder Wellenkraft – betanken, sobald diese Technologien optimiert und wettbewerbsfähig sind sowie von der Umweltbilanz her die Biomassestromproduktion übertreffen.
Ob Bioethanol- oder Bioelektromotoren: Beides dürfte die heute so drückende Abhängigkeit des Transportwesens vom Öl reduzieren. Dabei sollte man aber am Ende bedenken, meinen Campbell und Co abschließd: Die Wettbewerbsfähigkeit gegenüber den verfügbaren Alternativen wird entscheidend sein. Und dabei muss sich Bioethanol immer am Preis von Rohöl messen lassen – während die Wettbewerbsfähigkeit der Elektroautos mit den Stromproduktionskosten aus Kohle, Kernkraft, Sonne, Wind, Wellen und eben Biomasse steht und fällt. Damit wartet in der Zukunft offenbar eine Wahl zwischen einer und ziemlich vielen Alternativen.
Viele forschen heute daran, den Prozess der Kraftstoffgewinnung aus Biomasse für Verbrennungsmotoren weiter zu perfektionieren und so Biokraftstoff gegenüber fossilem Ottomotor-Normalbenzin konkurrenzfähig zu machen. Verschiedene Enzyme aus Mikroorganismen mit geeigneten Spezialfähigkeiten sollen etwa die schwer angreifbaren Zellulose-Molekülketten der Biomasse besser zerlegen. Auch soll bald eher Butanol entstehen, statt wie heute meist Ethanol, das in Verbrennungsmotoren schlechter verbrennt und vergleichsweise weniger Energie enthält.
Elliot Campbell von der University of California in Merced und seine Kollegen bezweifeln nun allerdings, dass solche Fortschritte wirklich der beste Weg in eine ökologisch optimierte Zukunft der Transportwirtschaft sind. Denn eine Alternative sei bislang eher stiefmütterlich untersucht worden, so die Forscher: Die Produktion von elektrischem Strom aus Biomasse in nahen Kraftwerken, deren Elektrizität dann später zum Aufladen von Autos benutzt wird, die mit Elektromotoren fahren. Campell und Kollegen machte sich daran, diese Variante mit ihren verschiedenen Einflussfaktoren einmal genau durchzurechnen.
Benzin per Kabel
Technische Vorteile von Elektroautos gegenüber Vehikeln mit Verbrennungsmotoren liegen dabei auf der Hand: Der Wirkungsgrad von batteriebetriebenen Fahrzeugen ist deutlich höher, und sie können beim Bergabfahren per Generatorbetrieb ihre Batterien wieder aufladen. Schon jetzt kommen Elektroauto-Prototypen mit erfreulich hohem Drehmoment äußerlich ganz normal daher. Allerdings fahren nur wenige heute tatsächlich ein Stromfahrzeug, denn die aktuellen Modelle haben eine noch recht geringe Reichweite und Endschnelligkeit und sind auch, wegen der teuren Hochleistungsbatterien, auf ihre Lebensdauer gerechnet deutlich kostspieliger als Benziner und Diesel.
Und der Umweltaspekt? Schließlich kommt der Strom für ihre Batterien zwar aus der Steckdose, muss aber dorthinein erst einmal gespeist werden. Campbells Team berechnete zunächst die Gesamtkosten pro Kilometer der verschiedenen Antriebssysteme: also ob Bioethanol-Autos mit Verbrennungsmotoren oder vergleichbare, mit Strom aus Biomasse betriebene Elektromobile mit der auf einem Hektar Nutzfläche wachsenden Energie weiter zu bewegen sind. Für die Umwandlungsprozesse – die Ethanol- beziehungsweise Stromgewinnung aus Biomasse – setzten sie dabei die derzeit gängigen Verfahren voraus: Jeweils Maispflanzen oder Gräser werden entweder zu Ethanol verarbeitet oder in Biomasse-Kraftwerken zu Strom, nahmen die Wissenschaftler für ihr Modell an.
Das Ergebnis bei diesem simplifizierten Szenario ist verblüffend eindeutig: Strom schlägt Ethanol um Längen; besonders gilt das für mittelgroße Personenwagen und kleine Transporter und wenn Gräser als nachwachsender Energieträger dienen. Nur bei Kleinwagen ist Bioethanol aus Gras-Zellulose bei längeren Autobahnfahrten halbwegs konkurrenzfähig – offenbar weil die Leistungsdaten der existierenden Elektroautos, die in die Modellrechnung einflossen, nicht gerade für den Fernbetrieb optimiert sind.
Selbst das dürfte sich aber ändern, meinen die Forscher. Überhaupt gehen sie davon aus, dass sich mit erhöhtem Forschungseinsatz eher die Bilanz der Stromfahrzeuge als der Verbrennungsmotorautos verbessert. Immer leichtere Batterien etwa können bestimmt einmal immer einfach hergestellt werden. Man sollte auch darüber nachdenken, Biomassekraftwerke mit Techniken zur Kohlendioxiddeponierung (carbon capture and storage, CCS) auszustatten. Derlei wird etwa bei Erdölbohrungen durchgeführt und soll, sobald sich dies ökonomisch rechnet, auch in herkömmliche Kraftwerke implementiert die CO2-Bilanz verbessern: Das bei der Verbrennung im Kraftwerk entstehende Treibhausgas wird dann in Tiefendepots unter der Erde verbannt. Der Kreislauf von CCS-ausgestatteten Biomasse-Kraftwerken zur Stromspritproduktion könnte damit unterm Strich sogar Kohlendioxid aus der Atmosphäre ziehen: Die als Biomasse verbrannten Pflanzen holen das Gas aus der Luft, die strombetriebenen Autos blasen – anders als die Biospritfahrzeuge – später keines hinein.
Zukunftsmusik. Überhaupt geben die Forscher zu bedenken, dass einige sehr wesentliche Faktoren noch nicht in ihr Szenario eingepreist sind. Welchen Einfluss etwa hätte eine massenhafte Produktion von Batterien mit ihren oft toxischen Inhaltsstoffen auf die Umwelt? Könnten sie ganz oder teilweise nachhaltig wiederverwendet werden? Würde sich die Massenproduktion von schnell wachsenden, leicht in Kraftwerken verwendbaren Pflanzenarten vielleicht negativ auf Umwelt, Naturschutz oder Wasserverbrauch an den Standorten auswirken?
Insgesamt, so fassen die Forscher zusammen, sollten ihren Zahlen zufolge nachwachsende, nicht lebensmittelrelevante, möglichst vollständig verwertete Rohstoffe wie schon bisher angestrebt bei möglichst geringem Flächen- und Umweltverbrauch genutzt werden – aber statt in Bioethanol dann vielleicht besser gleich in Strom umgewandelt werden. Das könnte irgendwann in Zukunft sogar dazu führen, das Netz von Tankstellen obsolet zu machen, die von dauernd bewegten Tankwagen aufgefüllt werden. Ersatzweise müsste dann wohl eine Infrastruktur mit Stromtankstellen und Leitungen entstehen – die Tankstellen bekämen ihren Nachschub aber vergleichsweise wenig aufwändig aus der Steckdose. Ohne großen Umbauaufwand könnte man sein Auto dann einmal auch mit anderen regenerativen Energiequellen – also etwa Strom aus Sonnen-, Wind- oder Wellenkraft – betanken, sobald diese Technologien optimiert und wettbewerbsfähig sind sowie von der Umweltbilanz her die Biomassestromproduktion übertreffen.
Ob Bioethanol- oder Bioelektromotoren: Beides dürfte die heute so drückende Abhängigkeit des Transportwesens vom Öl reduzieren. Dabei sollte man aber am Ende bedenken, meinen Campbell und Co abschließd: Die Wettbewerbsfähigkeit gegenüber den verfügbaren Alternativen wird entscheidend sein. Und dabei muss sich Bioethanol immer am Preis von Rohöl messen lassen – während die Wettbewerbsfähigkeit der Elektroautos mit den Stromproduktionskosten aus Kohle, Kernkraft, Sonne, Wind, Wellen und eben Biomasse steht und fällt. Damit wartet in der Zukunft offenbar eine Wahl zwischen einer und ziemlich vielen Alternativen.
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