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News: Eingehüllter Nanodraht

Drähte herzustellen, die tausendmal dünner sind als ein menschliches Haar, ist für Wissenschaftler mittlerweile eine leichte Übung. Diese Strippen jedoch mit weiteren Materiallagen zu umhüllen, ist schon eine größere Herausforderung.
Ummantelter Nanodraht
Wie Spaghetti häufen sich die elektrischen Leitungen hinter einem Computer: Netzwerkkabel, Stromzuleitungen, ISDN-Anschluss, Druckerverbindung, Monitorkabel – die Liste lässt sich beliebig fortsetzen. In den meisten dieser Leitungen verlaufen mehrere Strom führende Adern. Manchmal ist aber auch nur eine Ader von einem feinmaschigen Kupfernetz und/oder einer Metallfolie umgeben – getrennt durch eine isolierende Schicht aus Kunststoff. Solche Koaxialkabel dienen beispielsweise als Antennenkabel, aber auch ältere Computernetzwerke setzen auf diese Verbindung.

Vier bis fünf Millimeter ist so ein Koaxialkabel typischerweise dick. Nun ist es Wissenschaftlern der Harvard University in Cambridge gelungen, einen ähnlich ummantelten Draht herzustellen, jedoch rund 100 000-mal dünner als ein Antennenkabel. Allerdings verwendeten Lincoln Lauhon und seine Kollegen dazu kein Kupfer oder irgendein anderes Metall, sondern die Halbleiter Germanium und Silicium – zwei Materialien, denen in der Elektronik eine besondere Bedeutung zukommt, da sie die Grundlage für Transistoren, Dioden und integrierte Schaltkreise bilden.

Doch wie stellt man daraus dünne Leitungen her? Ausgangspunkt ist eine winzige Ansammlung von Gold-Atomen – ein so genannter Cluster – auf der Oberfläche eines oxidierten Silicium-Wafers. Der Raum um diesen Gold-Klecks ist mit gasförmigen Silicium-Wasserstoff-Verbindungen, den Silanen, gefüllt. Je nach Temperatur und Druck wächst dann in einem chemischen Prozess wie von selbst ein dünner Silicium-Draht auf dem Cluster – und zwar mit dem gleichen Durchmesser wie eben jener Gold-Klecks. Das Metall dient dabei als Katalysator, der die Bindungen der Silane aufbricht und so für den Silicium-Nachschub sorgt. Der Draht wächst also nur ausgehend vom Gold-Cluster. An der Drahtoberfläche scheidet sich kein Silicium ab.

Damit ist schon mal das Herzstück des Nano-Koaxialkabels geschaffen. Doch wie lässt sich nun der Mantel überziehen? Dazu drehten die Wissenschaftler etwas an den Versuchsbedingungen. Der Druck wurde verändert und zusätzlich zu den Silanen Diboran – eine Borwasserstoff-Verbindung – eingeleitet. Das Boran übernimmt zwei Aufgaben: Zum einen setzt es die Zersetzungstemperatur von Silan herab, sodass der Goldkatalysator nicht mehr gebraucht wird und sich Silicium auch auf dem bereits bestehenden Silicium-Draht abscheidet. Zum anderen dient das Bor gleichzeitig als Fremdstoff zur Dotierung, was der Mantelschicht etwas andere elektrische Eigenschaften verleiht als dem Kernmaterial.

Aber nicht nur Silicium auf Silicium konnten die Forscher auf diese Weise abscheiden, auch Silicium-Drähte mit Germanium-Mantel und umgekehrt stellten sie her. Selbst einen Draht aus mehreren unterschiedlichen, übereinander geschichteten Mänteln ließen sie mit dem Verfahren der chemischen Gasphasenabscheidung (chemical vapor deposition, CVD) entstehen. Aus einer solchen vielschichtigen Leiterstruktur gelang es ihnen sogar, einen Feldeffekttransistor zu bauen. Dazu waren die unterschiedlichen Halbleiterschalen noch zusätzlich durch eine isolierende Zwischenlage getrennt. Über die Spannung am äußeren Mantel des Drahtes ließ sich hierbei der Strom durch den mittleren Zylinder steuern.

Vielleicht finden derartige Nanodrähte einmal Anwendungen in künftigen Computern. Dank der komplexen Strukturen, die sich nun mit der CVD verwirklichen lassen, ergeben sich zumindest ganz neue Möglichkeiten. Laut der Forscher soll die Methode außerdem nicht nur auf Halbleiter beschränkt sein, auch anderen Materialien stünde sie offen: So ließen sich beispielsweise dünne Metalldrähte mit einer Schutzschicht überziehen oder hauchdünne Lichtwellenleiter herstellen – neue Bausteine für die Nanotechnologie also.

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