News: Eingenistete Vorstellungen im Test
1949 verknüpfte Alexander Skutch die beiden Faktoren. Er vermutete, dass Räuber das Nahrungsangebot für den Vogelnachwuchs beschränken, indem sie die Eltern dazu zwingen, das Nest nicht zu häufig aufzusuchen – und so ihre wehrlose Brut nicht zu verraten. Daraus sollten schließlich die kleineren Familien entstanden sein. Seit seiner Veröffentlichung wurde Skutch's Annahme aber nie überprüft.
Ein Forscherteam um Thomas E. Martin von der University of Montana und der U.S. Geological Survey's Biological Resources Division begutachtete nun 1331 Nester im subtropischen Argentinien und 7284 Nester in Arizona. Wie erwartet legten die argentinischen Vogelmütter weniger Eier, nämlich nur 2,58 pro Nest, während in den nordamerikanischen Nestern im Durchschnitt 4,61 Küken piepsten. Weitere Untersuchungen, bei denen die Wissenschaftler die Standorte getrennt betrachteten, schienen die Annahmen von Skutch ebenfalls zu unterstützen: Die Gelegegröße bei Arten mit hohem Räuberdruck war deutlich geringer. Außerdem kamen die Eltern seltener zu den Nestern, dafür aber mit mit mehr Futter pro Besuch.
Als die Wissenschaftler jedoch die Gesamtdaten von Argentinien und Arizona verglichen, passte so einiges nicht zu den Aussagen von Skutch. Denn danach sollten die Vogeleltern in Argentinien die Nester seltener besuchen und der Einfluss von Räubern größer sein als in Arizona. Genau das Gegenteil war aber der Fall: Die Räuber in Argentinien hatten bei weitem keinen so störenden Einfluss, und die Vogeleltern kehrten immer sehr schnell mit Futter zu ihren Jungen zurück.
Also reichen Räuberdruck oder Futterangebot allein wohl nicht aus, um die geringeren Gelegegrößen zu erklären. Die Forscher vermuten nun, dass die Sterblichkeitsrate der Eltern noch eine Rolle spielen könnte. Vögel, die kalte Winter oder lange, beschwerliche Wanderungen überstehen müssen, legen vielleicht mehr Eier pro Nest, um das Überleben ihrer Art auch wirklich zu sichern. "Das könnte uns helfen, die Anfälligkeit verschiedener Arten bezüglich Aussterben oder Populationsprobleme besser abzuschätzen", meint Thomas.
Siehe auch
- Spektrum Ticker vom 5.2.1999
"Mit einem Auge Wache schieben"
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