Eingeschleppte Arten: Mäuse fressen Insel leer
Etwa 50 Kilometer vor der kalifornischen Küste erheben sich die Farallon Islands aus dem Pazifik: Heimat einiger einzigartiger Tier- und Pflanzenarten und Nistplatz unzähliger Seevögel. Doch seit dem 19. oder frühen 20. Jahrhundert leben hier auch eingeschleppte Hausmäuse, deren Hunger zunehmend zum Problem für den Rest der Bewohner wird, wie Michael Polito von der Louisiana State University und sein Team beobachtet und in »PeerJ—Life and Environment« beschrieben haben.
Die Arbeitsgruppe analysierte auf Southeast Farallon Island, wie sich die Ernährungsgewohnheiten der Nagetiere im Jahresverlauf ändern und welche Folgen dies für die Umwelt dort hat. Das Eiland ist nur wenige Hektar groß und beheimatet phasenweise bis zu 50 000 Mäuse. Einige davon fingen die Forscher ein und analysierten deren Diät mit Hilfe einer Isotopenanalyse: Je nach aufgenommeren Nahrung hinterlässt diese eine typische Isotopensignatur im Körper.
Wenig überraschend fressen die Tiere alles, was ihnen unterkommt, doch wechselt die Zusammensetzung über das Jahr hinweg. Im Frühling, wenn die Mäusezahlen noch niedrig sind, bevorzugen sie pflanzliche Kost. Doch sobald sie sich fortpflanzen und ihre Zahl wächst, wechseln sie mehr und mehr zu tierischer Kost: Im Sommer reichern sie zunehmend mit Insekten und Seevögel ihren Speiseplan an. Im Herbst erreicht der Mäusebestand schließlich sein Maximum; nun fressen sie fast ausschließlich Insekten. Im Winter schließlich schrumpft die Zahl der Nager wieder und sie wenden sich einer gemischten Kost zu, die unter anderem Pflanzensamen umfasst.
Damit beeinträchtigen die Nager die Umwelt auf verschiedene Weise: Der Verlust an Pflanzen und Samen behindert die Verjüngung der Vegetation. Ihr Appetit auf Insekten bringt sie in direkte Konkurrenz mit dem Farallon-Salamander, der nur auf den Inseln dieses Archipels lebt und durch die eingeschleppten Mäuse zusätzlich bedroht wird. Unklar ist hingegen, ob die Nager Seevögel direkt bejagen oder »nur« deren Eier und Küken fressen oder sie als Aas verwerten. Auf der atlantischen Insel Gough hatten eingeschleppte Mäuse gelernt, sogar große Vögel wie Albatrosse zu jagen und sie quasi lebendig aufzufressen. Ihre reine Anwesenheit auf Southeast Farallon Island lockte allerdings dort zuvor nicht heimische Fressfeinde wie Eulen an, die inzwischen auch Seevögel jagen.
Die Insel ist Teil des Farallon Islands National Wildlife Refuge, einer der wichtigsten Brutplätze für Seevögel vor der US-Westküste. Der US Fish und Wildlife Service plant daher, die Mäuse zu bekämpfen. Ein derartiges Unterfangen ist jedoch kompliziert und gelingt nicht so leicht wie bei Ratten. Auf Gough wurde bereits versucht, die Nager komplett zu beseitigen; erste Nachuntersuchungen hatten jedoch ergeben, dass zumindest einzelne Mäuse überlebt haben könnten.
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.