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»Pille danach« für STI: Einmal-Antibiotikum vermindert Übertragung von Geschlechtskrankheiten

Wird Doxycyclin nach dem Sex eingenommen, kann es Chlamydien-, Syphilis- und Gonokokkeninfektionen verhindern. Die Strategie taugt aber bestenfalls für Hochrisikogruppen: Antiobiotikaresistenzen drohen.
Männliche Hand krallt sich ins weiße Bettlaken
Sexuell übertragbare Infektionen sind auch in Deutschland in den vergangenen Jahren wieder häufiger geworden.

Wer ungeschützten Geschlechtsverkehr oder eine Verhütungspanne hatte, kann mit der »Pille danach« das Risiko für eine ungewollte Schwangerschaft minimieren. Nun haben Forscherinnen und Forscher erstmals auch eine Art »Pille danach« gegen sexuell übertragbare Infektionen (STI) getestet. Sie besteht aus einer Einmalgabe des Antibiotikums Doxycyclin. Innerhalb von 72 Stunden nach dem ungeschützten Geschlechtsverkehr eingenommen, konnte es die meisten aller Chlamydien-, Syphilis- und Gonokokkeninfektionen bei der Versuchsgruppe verhindern, wie das Team im »New England Journal of Medicine« berichtet.

Die Gruppe testete die Doxycyclin-Postexpositionsprophylaxe (DoxyPEP) an Menschen, die statistisch gesehen ein besonders hohes Risiko haben, sich mit einer sexuell übertragbaren Krankheit anzustecken: Männern, die Sex mit Männern haben, und Transfrauen, die entweder eine Präexpositionsprophylaxe gegen HIV einnehmen oder aber mit einer HIV-Infektion leben. Alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer hatten sich in dem Jahr vor Beginn der Studie mit einer STI infiziert. Die Versuchspersonen wurden per Zufallsprinzip einer von zwei Gruppen zugeteilt: Die eine sollte Doxycyclin einmalig vorbeugend nach ungeschütztem Sex einnehmen, die andere wurde normal mit dem Antibiotikum behandelt, sobald eine Infektion auftrat.

Im Versuchszeitraum konnte die Postexpositionsprophylaxe etwa zwei Drittel der STIs verhindern, wie die Daten zeigen. Im Schnitt griffen die Probanden viermal pro Monat auf die Pille zurück, 25 Prozent nahmen zehn Dosen oder mehr ein. Insgesamt nahmen die Teilnehmenden der Versuchsgruppe das Antibiotikum allerdings nicht häufiger ein als die Personen der Kontrollgruppe, die im Falle einer Infektion oft mehrere Tage damit behandelt werden mussten, wie Georg Stary von der Medizinischen Universität Wien, der nicht an der Studie beteiligt war, dem Science Media Center erklärte.

Die Entwicklung von Antibiotikaresistenzen ist dennoch das größte Problem bei diesem Ansatz. »Besorgnis erregend ist, dass es in dieser Patientengruppe zu vermehrten Resistenzen bei Gonokokken kam. Da stellt sich mir die Frage, wo das hinführen wird, weil in dieser Gruppe schon häufig Resistenzen aufgetreten sind. In diesem Sinne scheint mir die langfristige Verwendung von DoxyPEP nicht sehr zukunftsträchtig«, sagt Stary.

Norbert Brockmeyer, Leiter des Zentrums für Sexuelle Gesundheit und Medizin am Katholischen Klinikum Bochum, weist zudem darauf hin, dass die Resistenzraten für Gonokokken in Deutschland und Europa ohnehin bereits höher seien als in den USA. Hier zu Lande könnte man also höchstens mit einer Verringerung der Infektionen bei Chlamydien und Syphilis rechnen, wenn Doxycyclin als Prophylaxe verwendet wird.

»Abschließend bleibt zu betonen, dass die Anwendung nicht generell empfohlen werden kann«, sagt Georg Stary. »Eine Empfehlung wäre – wenn überhaupt – nur für eine selektive Gruppe sinnvoll, und auch da ist das mit den Resistenzen ein Problem, welches sehr ernst genommen werden muss.«

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