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Jahresrückblick : Einmal quer durchs Universum und zurück

Die Liste der extrasolaren Welten wuchs 2007 kräftig an, spektakuläre Schnappschüsse lieferten neue Einblicke in nahe und ferne Geschehen und damit jede Menge Stoff zum Nachdenken. Damit das auch so bleibt, sorgten die Raumfahrtagenturen auch in diesem Jahr für Kundschafternachschub - wenn auch oftmals viel später als geplant.
Es flimmerte über die Bildschirme, drang durch zahlreiche Lautsprecher, füllte Zeitungen und Magazine: der Fund des ersten erdähnlichen Exoplaneten – anderthalbmal so groß wie unser Heimatplanet, die fünffache Masse und damit der kleinste bekannte Planet außerhalb des Sonnensystems. Zusammen mit einigen Gasriesen umkreist er den Stern Gliese 581, einen rund zwanzig Lichtjahre entfernten Roten Zwerg im Sternbild Waage.

Da seine Oberflächentemperaturen zwischen null und vierzig Grad Celsius geschätzt wurden, sollte eventuell dort vorhandenes Wasser flüssig sein – eine Voraussetzung für Leben. Ob dieser oder der wenig später ebenfalls in dem System entdeckte erdähnliche Planet allerdings bewohnbar ist, daran schieden und scheiden sich bisweilen die Geister. Während die einen sich bereits mögliche Lebensformen ausmalen, zweifeln andere, ob die beiden überhaupt eine feste Oberfläche oder ein Magnetfeld besitzen, das sie vor dem Teilchenbombardement ihres Sterns schützt. Und auch die günstigen klimatischen Bedingungen scheinen mehr als ungewiss.

Exoplanetensystem 55 Cancri A | Das Exoplanetensystem 55 Cancri A besitzt fünf Planeten. Sie umkreisen einen sonnenähnlichen Stern. Der neu entdeckte fünfte Planet – 55 Cancri f – umkreist sein Zentralgestirn in der habitablen Zone.
Ebenfalls in die Schlagzeilen schaffte es das 41 Lichtjahre von uns entfernte Planetensystem um 55 Cancri im Sternbild Krebs. Im November entdeckten Wissenschaftler den fünften Trabanten darin, womit es zum planetenreichsten aller derzeit bekannten Exosysteme aufsteigt. Der Neufund befindet sich auch in einer Zone, die gemäßigte Oberflächentemperaturen zulässt. Allerdings handelt es sich bei dem 45-Erdmassen-Koloss mit großer Wahrscheinlichkeit um einen Gasriesen – Leben ist hier tatsächlich enorm unwahrscheinlich.

Die Suche geht weiter

Also erdachten findige Leute kurzerhand einen hypothetischen Mond, der die Rolle übernehmen könnte. Außerirdisches Leben sells. Doch warum in die Ferne schweifen, denn auch in unserem Sonnensystem wird die Frage nach wie vor heiß diskutiert. Dabei immer wieder im Gespräch: der Mars. Am 4. August 2007 startete nun die Landeeinheit Phoenix der Nasa erfolgreich in Richtung des Roten Planeten. Im Frühjahr 2008 soll sie dann in der Nähe seines Nordpols landen und dort mit ihrem Roboterarm den Marsboden durchwühlen. Wird sie endlich das erhoffte Wasser oder gar Spuren von Leben finden?

Um eine nicht weniger existenzielle Frage geht es bei der Mission Dawn, die erst am 27. September ins Weltall aufbrach – statt wie geplant im Juli. Glück im Unglück, denn Dawn soll mit dem späteren Starttermin sogar zwei Monate früher im Asteroidengürtel zwischen Mars und Jupiter ankommen. Mehr als 100 000 Gesteinsbrocken ziehen hier seit Anbeginn des Sonnensystems ihre Bahnen und haben sich seither kaum verändert. Als erste Raumsonde in dieser Region soll Dawn den Asteroiden Vesta und den Zwergplaneten Ceres besuchen und damit einen Blick in längst vergangene Zeiten werfen.

Die Erde schwebt über dem Mondsüdpol | Diese Szene bot sich der Telefernsehkamera an Bord der japanischen Raumsonde Kaguya am 7. November 2007. Die fast volle Erde steht knapp über dem Südpol des Mondes. Auf ihr sind Australien und Teile Asiens zu sehen, der Südpol mit der Antarktis weist nach oben!
Auch wenn die beiden asiatischen Späher sich nur bis zum Mond bemühten, so ist es dennoch eine bemerkenswerte Premiere. Am 14. September startete die japanische Sonde Selene (Selenological and Engineering Explorer), gut einen Monat später schoss dann China seine erste Mondsonde empor. Nach Chang'e 1, die den Erdtrabanten lediglich umkreisen wird, sollen zwei weitere folgen, die auf dem Erdrabanten aufsetzen, Bodenproben nehmen und diese zur Erde zurückbringen. Die ersten gestochen scharfen Mondbilder konnten wir aber schon jetzt bestaunen. Damit reihen sich auch Japan und China in das wiederentdeckte Interesse am siebten Kontinent ein, wie der Mond neuerdings gern von manchen Astronomen bezeichnet wird.

Mond im Visier

Zukünftige Raumstationen auf dem Mond scheinen schon längst nicht mehr in weiter Ferne. Doch die Lebensbedingungen sind dort leider alles andere als menschenfreundlich. Wie sich die Schwerelosigkeit oder das harsche Klima des Weltraums auf Organismen auswirkt, probten Wissenschaftler im September unter anderem mit Geckos, Bakterien oder Knochenzellen an Bord des Satelliten Foton-M3. Für 12 Tage schickten sie neben russischen Experimenten über vierzig europäische Experimente aus den unterschiedlichsten Fachgebieten in eine Umlaufbahn der Erde.

Ähnlich wird es auch in dem von der Esa gelieferten Labormodul Columbus zugehen, das eigentlich schon längst an der Internationalen Raumstation ISS angedockt haben sollte. Erst war der Start für Oktober mit der Raumfähre Discovery vorgesehen, dann aber wurde die Angelegenheit auf den 6. Dezember vertagt. Doch auch hier spielte das Glück nicht mit. Denn die Raumfähre Atlantis zeigte defekte Sensoren, und so dürfen wir nicht vor Januar des kommenden Jahres mit einem Abflug rechnen.

Dunkle Materie in Kreisform | Auf diesem Bild zeigt sich die Verteilung der Dunklen Materie im Galaxienhaufen ZwCl0024+1652. Die Karte liegt über einer Aufnahme des Weltraumteleskops Hubble und lässt deutlich die ringförmige Struktur erkennen. Sie ist der bislang stärkste Beweis für die Existenz von Dunkler Materie.
Aber auch außerhalb der Galaxis gab es in diesem Jahr einiges zu entdecken. Etwa im rund fünf Milliarden Lichtjahre entfernten Galaxienhaufen ZwCl 0024+1652. Mit Hilfe des Weltraumteleskops Hubble entdeckte ein internationales Astronomenteam dort im Mai einen Ring aus Dunkler Materie. Er entstand vermutlich vor ein bis zwei Milliarden Jahren, als zwei massereiche Galaxienhaufen zusammenstießen. Der Ring spannt sich über 2,6 Millionen Lichtjahre, und die exotische Materie in ihm ist vollkommen anders verteilt als die umgebende gewöhnliche Materie. Forscher sehen den Fund als starken Beweis dafür an, dass Dunkle Materie tatsächlich existiert.

Rätselhaftes Leuchten

Weitaus rätselhafter erschien das im August gefundene Loch im All. Ein Bereich mit einem Durchmesser von nahezu einer Milliarde Lichtjahre, der sich frei von Galaxien, Sternen und Gas präsentierte. Nicht einmal Dunkle Materie konnten die Astronomen in dieser sechs bis zehn Milliarden Lichtjahre entfernten Region südwestlich des Sternbilds Orion aufspüren. Der Ursprung dieser Leere ist ihnen bislang unerklärlich. Bereits 2004 war das Gebiet in den Daten des WMAP-Satelliten (Wilkinson Microwave Anisotopy Probe) aufgefallen, der die kosmische Mikrowellenhintergrundstrahlung vermessen hatte.

Kehren wir lieber wieder in vertrautere Gefilde zurück. Etwa zu den Magellanschen Wolken, die – wie wir im September erfuhren – nur auf der Durchreise sind und nicht, wie bislang immer geglaubt, fest an die Milchstraße gebunden. Anhand von Geschwindigkeitsmessungen berechnete eine Forschergruppe die Reiseroute der beiden Zwerggalaxien. Statt einem geschlossenen Orbit um die Milchstraße ergab sich dabei eine parabelförmige Bahn.

Komet 17P/Holmes | Komet 17P/Holmes erstrahlte kürzlich millionenfach heller, war mit bloßem Auge von der Erde aus sichtbar und bildete eine Koma aus, die fast Vollmondgröße erreichte (sie ist auf der linken, farbigen Aufnahme zu erkennen). Das Hubble-Teleskop zoomte sich dicht an den inneren Kern des Kometen und zeigt Details des auseinanderbröselnden schmutzigen Schneeballs (rechtes Bild). Der zentrale Bereich der Hubble-Aufnahme wurde nachträglich bearbeitet, um die unterschiedliche Staubverteilung deutlich hervorzuheben. Entlang der Ost-West-Achse sind die Teilchen fast doppelt so dicht gedrängt wie ober- und unterhalb seines Kerns.
Treuer ist dagegen der Komet 17P/Holmes, der auf einer Bahn zwischen Mars und Jupiter die Sonne umrundet – alle sieben Jahre einmal. Ende Oktober erstrahlte er plötzlich millionenfach heller und bildete eine Koma aus, die fast Vollmondgröße erreichte. Damit war er sogar mit bloßem Auge von der Erde aus sichtbar. Und trotzdem vermag keiner so recht zu erklären, was zu dem Ausbruch führte – eine Kollision mit einem Gesteinsbrocken, oder ist gar der Kometenkern zerbrochen? Nicht einmal das Weltraumteleskop Hubble war sich zu schade, einen Blick auf den schleierhaften Schweifstern zu werfen. Bislang allerdings ebenfalls ohne Ergebnis – hoffen wir also aufs kommende Jahr.

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