Asteroiden: Einschläge enthüllen das Innere von Vesta
Der Asteroid Vesta gilt bei den Planetenforschern nach den Untersuchungen der US-Raumsonde Dawn als Protoplanet, der in seiner Entwicklung stehen blieb. Er verdeutlicht uns heute die ursprünglichen Himmelskörper, aus denen die Erde und ihre Schwesterwelten hervorgingen. Die südliche Hemisphäre des Himmelskörpers trägt die Spuren zweier heftiger Einschlagereignisse, bei denen Vesta beinahe zerstört worden wäre. Ein Forscherteam um Martin Jutzi am Institut für Physik an der Universität Bern führte nun Computersimulationen der beiden Impaktereignisse durch, um mehr über die Abläufe zu erfahren und Rückschlüsse über den inneren Aufbau des Asteroiden abzuleiten.
Schon vor der Ankunft von Dawn bei Vesta im Jahr 2011 waren die Planetologen davon ausgegangen, dass Vesta ein differenzierter Himmelskörper ist, sich also in eine Kruste und einen Mantel aus Silikatgesteinen sowie einen Kern aus metallischem Eisen mit Nickelanteil gliedert. Dies ergab sich aus erdgebundenen Spektraluntersuchungen, die darauf hinwiesen, dass sich an der Oberfläche von Vesta basaltische Gesteine befinden. Solche Gesteine können sich nur auf einem Himmelskörper bilden, der kurz nach seiner Entstehung vor rund 4,6 Milliarden Jahren so heiß war, dass er weit gehend aufschmolz. Dabei trennten sich unter der eigenen Schwerkraft die dichteren Bestandteile wie Metalle von den weniger dichten Silikatmineralen und reicherten sich im Zentrum von Vesta an, wo sie einen Metallkern bildeten. Einen weiteren Hinweis liefern die Meteorite dreier Klassen: die Eukrite, Diogenite und Howardite. Ihr Ursprung wird auf Vesta zurückgeführt, da die im Labor gemessenen Reflexionsspektren der Meteoriten mit denjenigen des Asteroiden praktisch identisch sind. Diese Verbindung wurde nun von den Untersuchungen mit Dawn bestätigt.
Bei den Computersimulationen befasste sich das Team um Jutzi vor allem mit dem späteren Einschlag vor rund einer Milliarde Jahren, der das Einschlagbecken Rheasilvia schuf. Es erstreckt sich über rund 500 Kilometer über die Südhemisphäre von Vesta, wobei diese einen mittleren Durchmesser von rund 545 Kilometern aufweist. Aber schon zuvor war diese Region unter heftigen Beschuss aus dem All geraten, denn überlappend mit Rheasilvia gibt es hier ein weiteres Einschlagbecken mit dem Namen Veneneia. Es weist einen Durchmesser von rund 400 Kilometern auf und entstand deutlich früher in der geologischen Geschichte von Vesta. Dabei wurde der Gesteinsmantel von Vesta zertrümmert. Die beiden Einschlagbecken wurden nach Vestalinnen, den Priesterinnen des römischen Vestakults benannt.
Bei den Simulationen gingen die Forscher davon aus, dass der Asteroid rasch um eine Achse rotierte, die sich annähernd im Zentrum von Veneneia befand. Beim Rheasilviaeinschlag wurde die Rotationsachse von Vesta um mehrere Grad gekippt, wodurch starke Corioliskräfte auf den Himmelskörper einwirkten. Sie sorgten dafür, dass sich die Auswurfmassen aus dem Krater in einem Spiralmuster um den Einschlag ablagerten, das heute die Südhemisphäre von Vesta prägt. Außerdem leiten die Forscher aus den Simulationen ab, dass das meiste Material, das sich nach dem Einschlag auf der Nordhemisphäre des Himmelskörpers ablagerte, aus einer Tiefe von etwa 20 Kilometern stammt. Es sollte daher den Eukriten entsprechen, die als Bruchstücke der Kruste von Vesta gelten.
Im Inneren von Rheasilvia sind dagegen Gesteine aufgeschlossen, die sich vorher in Tiefen von 60 bis 100 Kilometern befanden. Somit erwarten die Forscher, dass sich hier Gesteine aus dem Mantel von Vesta zeigen müssten. Sie würden sich durch einen hohen Gehalt des Silikatminerals Olivin auszeichnen, wie es bei den Diogeniten beobachtet wird, die als Bruchstücke des Mantels von Vesta gelten. Allerdings gelang es mit Dawn bislang nicht, diogenitische Gesteine im Rheasilviabecken nachzuweisen. Die Forscher vermuten deshalb, dass sich diese Gesteine mit den Analysetechniken von Dawn nur schwer aufspüren lassen, da sie vielleicht von Gesteinsbruchstücken anderer Zusammensetzung durchmischt sind. Diese überlagern dann die Olivinsignaturen in den Spektren. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, dass die eukritische Kruste von Vesta nicht – wie bislang angenommen – nur 25 bis 40 Kilometer dick ist, sondern sich bis in eine Tiefe von 100 Kilometern erstreckt. Somit konnte auch der Rheasilviaeinschlag kaum Material aus dem Mantel von Vesta freisetzen.
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