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News: Einschneidendes Ereignis

Einst waren es Tausende, dann nur noch 30, inzwischen besiedeln wieder ein paar hundert freilebende Hawaiigänse die Insel. Ihr Erbgut ist sich sehr ähnlich - verloren die Vögel ihre genetische Vielfalt durch den extremen Populationsrückgang?
Hawaiigans
Als James Cook 1778 auf den Hawaii-Inseln landete, hatte die Hawaiigans (Branta sandvicensis) schon einen großen Teil ihrer ehemaligen Heimat eingebüßt. Ursprünglich auf den meisten Hauptinseln des Archipels verbreitet, beschränkte sich ihr Vorkommen inzwischen allein auf die Insel Hawaii. Und es ging noch weiter bergab: In den folgenden Jahren reduzierte sich die Zahl der Tiere immer weiter, bis sie 1952 mit 30 Exemplaren einen bedrohlichen Tiefstand erreichte.

Umfangreiche Schutzmaßnahmen und Nachzuchtprogramme auf Hawaii und in England wehrten damals das drohende Aussterben ab, sodass inzwischen wieder etwa 350 Tiere auf den Inseln leben sowie etwa 1000 weitere in Zoos und Zuchtstationen weltweit. Allerdings stehen die Wissenschaftler vor dem großen Problem, dass die genetische Vielfalt der Meeresgänse nur noch sehr gering ist – die heutigen Individuen sind untereinander so eng verwandt wie menschliche Geschwister.

Wie kam es zu diesem Verlust an Variation im Erbgut? War der Populationsrückgang im 19. und 20. Jahrhundert dafür verantwortlich? Oder lag es schlicht und einfach am Inselleben, das bei vielen Organismen mit einer geringeren genetischen Vielfalt gegenüber den Festlandverwandten einher geht?

Ellen Paxinos von der Smithsonian Institution und ihre Kollegen analysierten die DNA der Mitochondrien von lebenden Tieren und verglichen sie mit DNA-Proben aus Museumsexemplaren, die zwischen 1833 und 1928 gesammelt wurden. Dazu gewannen sie noch DNA aus Knochen, die 160 bis 2540 Jahre alt waren.

Die für Gänse typische genetische Variabilität entdeckten sie überraschenderweise nur in den alten Knochen, die aus der Zeit vor 500 bis 850 Jahren stammten. Alle jüngeren Proben unterschieden sich nur geringfügig in den untersuchten Sequenzen, während die heute lebenden Tiere darin sogar überhaupt keine Abweichungen mehr aufwiesen.

Also verloren die Gänse ihre genetische Variabilität schon lange vor dem Populationsrückgang in den letzten beiden Jahrhunderten. Trotzdem ist aber wohl doch der Mensch und nicht das Inselleben schuld am mageren Genpool. Denn vor 900 bis 350 Jahren dehnten sich die Siedler auf den Inseln immer weiter auch in ökologische Randgebiete aus – und genau in jene Zeit fällt das Aussterben der Hawaiigänse auf Kauai und mindestens fünf von neun bodenlebenden hawaiischen Vögeln.

Die veränderten Lebensbedingungen aufgrund der menschlichen Eingriffe haben somit nach Ansicht von Paxinos und ihren Mitarbeitern nicht nur zum Aussterben mancher Arten geführt, sondern auch die genetische Vielfalt der Hawaiigänse beeinträchtigt. Und dieses einschneidende Merkmal, das die Erholung der Bestände erschwert, tragen sie heute noch mit sich.

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