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Einsteinium: Kampf mit einer chemischen Legende

Das nach Albert Einstein benannte Element lässt sich nur mit enormem Aufwand untersuchen. Eine US-Gruppe hat es versucht. Doch dann kam die Corona-Pandemie.
Schwerer Atomkern

Stell dir vor, du experimentierst mit einem der extremsten chemischen Elemente des Planeten – und musst es dann monatelang im Labor allein lassen. So ähnlich ging es einem Team um Rebecca J. Abergel vom Lawrence Berkeley National Laboratory. Die Forscher hatten für das Jahr 2020 eigentlich eine große Versuchsreihe mit »Einsteinium« geplant, einem seltenen Transuran. Doch dann kam die Pandemie dazwischen.

Einsteinium ist hochradioaktiv und lässt sich nur mit enormem Aufwand herstellen. Erstmals tauchte es 1952 im Eniwetok-Atoll auf, beim Test der ersten Wasserstoffbombe Ivy Mike. US-Wissenschaftler stießen im Nachgang auf Spuren eines Elements mit 99 Protonen im Kern, das sie kurzerhand nach Albert Einstein benannten – obwohl dieser mit der Entdeckung nichts zu tun hatte und strikt gegen den Einsatz von Atomwaffen war.

Forscherteam | Gasmasken sind nicht nur bei der Untersuchung radioaktiver Stoffe wie Einsteinium nötig, sondern helfen auch während einer Pandemie, wie die Forscher des Lawrence Berkeley National Laboratory bemerkten.

Bis heute ist über Einsteinium nur wenig bekannt. Doch anders als bei seinen noch schwereren Geschwistern vom Rand des Periodensystems – namentlich Fermium, Mendelevium, Nobelium und Lawrencium – besteht bei ihm zumindest die Chance für eingehende Untersuchungen: Mit hohem Aufwand kann man einige milliardstel Gramm des Isotops Einsteinium-254 erbrüten und dank einer Halbwertszeit von 276 Tagen eingehend studieren.

In der Praxis ist das Ganze allerdings sehr knifflig, wie Abergel und ihre Kolleginnen und Kollegen 2020 herausfanden – nicht nur, wenn man es mit einer Pandemie zu tun hat. Wie die Forscher in »Nature« berichten, schossen sie zunächst mit einem speziellen Kernreaktor am Oak Ridge National Laboratory große Mengen von Neutronen auf das leichter zu gewinnende Transuran Curium. Die Atomkerne wuchsen dadurch an und verwandelten sich in einer langen Kette von Kernreaktionen gelegentlich in Einsteinium. Am Ende gewannen die Forscher aber gerade mal 250 milliardstel Gramm des Stoffs.

Und anders als geplant war die Probe massiv mit Californium verschmutzt, Einsteiniums leichterem Nachbarn im Periodensystem. Erst mit einem speziellen Verfahren, das Kollegen der berühmten Kernwaffenschmiede Los Alamos beisteuerten, ließen sich einfache Untersuchungen durchführen. Leider kam dann die Pandemie mit mehreren Lockdowns dazwischen, während der ein guter Teil der Probe zerfiel, wie das Team durchaus selbstironisch in einer Mitteilung beschreibt.

Zuvor war es den Forschern immerhin gelungen, die Bindungslänge des besonderen Elements zu bestimmen, also den Abstand, in dem sich Einsteinium bevorzugt mit anderen Stoffen verbindet. Auch scheinen sich seine chemischen Eigenschaften leicht von denen seiner Nachbarn im Periodensystem zu unterscheiden.

Das interaktive Periodensystem der Elemente auf »Spektrum.de«

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