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Gravitationswellen: Einsteins Erbe: Die Suche nach Gravitationswellen

Erzeugung von Gravitationswellen
Numerische Simulation von Gravitationswellen | Computersimulation der Kollision zweier Schwarzer Löcher: Wenn die beiden Schwarzen Löcher miteinander verschmelzen, wird eine riesige Energiemenge in Form von Gravitationswellen freigesetzt.
Die Gravitationswellenastronomie läutet eine neue Ära ein. Weltweit steht eine Aufrüstung der Gravitationswellendetektoren mit neuesten Technologien bevor, die zu einer zehnmal höheren Empfindlichkeit verhelfen sollen. In der mehrjährigen Umbauphase wird das deutsch-britische Observatorium GEO600 die Stellung halten und bis zum Jahr 2015 allein ins All hinaushorchen. Noch fehlt bisher aber jeglicher direkte Nachweis von Gravitationswellen, deren Existenz der geniale Physiker Albert Einstein einst prophezeit hatte. Mit der neuen Detektorengeneration könnte die Gravitationswellenastronomie nun kurz vor dem Durchbruch stehen.

Gravitationswellen äußern sich als Kräuselungen in der Struktur der Raumzeit. Sie sind Boten, die von Sternexplosionen, extrem massereichen Schwarzen Löchern oder schnell umeinander kreisenden Neutronensternen künden. Ihre Existenz liegt direkt in der allgemeinen Relativitätstheorie begründet.

Anfang des 20. Jahrhunderts revolutionierte Albert Einstein die gängigen Vorstellungen von Raum und Zeit. Er legte 1905 mit seiner speziellen Relativitätstheorie die Grundlage für die vierdimensionale Raumzeit, die Hermann Minkowski zwei Jahre später einführte, und ging in seiner 1915 fertig gestellten Arbeit über Relativität und Gravitation noch einen Schritt weiter: Die allgemeine Relativitätstheorie war geboren und die Raumzeit von nun an gekrümmt. Was bisher für statisch und flach gehalten wurde, ist jetzt dynamisch. Masse und Energie beeinflussen den Raum und bestimmen seine Krümmung. Der Raum hingegen bestimmt seinerseits die Bewegung der Materie.

Die Rotverschiebung entfernter Galaxien ist nicht darauf zurückzuführen, dass sich die Galaxien durch den Raum von uns fortbewegen. Es ist vielmehr die Raumzeit, die sich ausdehnt und das Universum expandieren lässt. Licht breitet sich nicht geradlinig aus, sondern wird von der Gravitationswirkung massereicher Objekte abgelenkt. Beschleunigte Massen verändern das Gravitationsfeld und verformen daher die Raumzeit. Die auftretenden Änderungen – es sind die Gravitationswellen – pflanzen sich mit endlicher Geschwindigkeit als Welle fort.

Die Kräuselungen der Raumzeit sind winzig

Viele Tests hat die allgemeine Relativitätstheorie erfolgreich bestanden. Sie wird gestützt vom rotverschobenen Licht entfernter Galaxien und dem Gravitationslinseneffekt, der durch die Lichtablenkung in einem Gravitationsfeld auftritt. Bloß die Gravitationswellen harren noch immer ihrem direkten Nachweis. Dass Einsteins Vorhersage bisher nicht bestätigt werden konnte, liegt daran, dass Gravitation und Masse nur sehr schwach miteinander wechselwirken. Selbst wenn die Quellen der Gravitationswellen in unserer Heimatgalaxie, der Milchstraße, lägen, wären die auf der Erde messbaren Längenänderungen maximal von der Größenordnung eines Attometers, also etwa von 10-18 Metern. Das Proton, einer der Bausteine der Atome, hat im Vergleich einen tausendmal größeren Durchmesser.

Bereits heute lassen sich am Gravitationswellendetektor GEO600 Verformungen der Raumzeit messen, die im Attometerbereich liegen. Doch das scheint noch nicht zu genügen. Neue Technologien sollen das Experiment nun nach anstehenden Umbauarbeiten zehnmal empfindlicher machen. Die Lauscher des Detektors werden dann zehnmal weiter ins Weltall reichen. Dadurch vergrößert sich das zugängliche Volumen des Universums um das Tausendfache.

Der Laser des GEO600-Experiments | Das Bild illustriert den Strahlengang des Laserlichts beim deutsch-britischen Gravitationswellendetektor GEO600. Um winzige Längenänderungen in der Raumzeit messen zu können, ist ein hochstabiles Laserlicht erforderlich.
Seit mehr als zwei Jahrzehnten entwickeln die Wissenschaftler des Albert-Einstein-Instituts in Hannover und ihre britischen Kollegen am großangelegten Experiment GEO600 neuartige Technologien. In Zusammenarbeit mit dem Laser Zentrum Hannover und der University of Glasgow in Schottland gelang es, neue hochstabile Lichtquellen und komplexe Spiegelsysteme zu entwickeln und zu testen. Um die winzigen Kräuselungen der Raumzeit präzise zu messen, ist ein hochstabiles Laserlicht nötig.

Auch die anderen Gravitationswellenobservatorien im internationalen Netzwerk – dazu gehören die beiden LIGO-Detektoren in den USA und das Virgo-Experiment in Italien – wollen diese Technologien übernehmen. Während sie in eine mehrjährige Umbauphase gehen, werden bei GEO600 die verbesserten Messtechnologien schrittweise im laufenden Betrieb eingesetzt. Gleichzeitig wird weiter experimentiert, aber auch gemessen. Das deutsch-britische Observatorium ist bis 2015 also allein auf der Jagd nach den Gravitationswellen. Die Ausnahme bildet ein gemeinsames Datenaufnahmefenster mit Virgo im Sommer 2011.

Das Ziel der Gravitationswellenastronomen ist hochgesteckt: Mit Hilfe der zweiten Detektorengeneration soll das All dauerhaft im Gravitationswellenspektrum untersucht und die noch unbekannten 96 Prozent des Universums fassbarer gemacht werden. Voraussetzung dafür ist zunächst aber einmal der erstmalige direkte Nachweis von Gravitationswellen. Erst dann lässt sich der bekannten "Astronomie des Sehens", deren Messmethoden auf der elektromagnetischen Strahlung beruhen, eine "Astronomie des Hörens" gegenüberstellen. Denn Gravitationswellen sind tatsächlich "hörbar". Sie schwingen mit Frequenzen im Bereich von 10-4 bis 104 Hertz, in den auch für den Menschen hörbare Schallfrequenzen fallen. Werden die Frequenzen der Gravitationswellen in Töne übersetzt, so kann der Mensch die kosmischen Prozesse hören.

Rahel Heule
  • Quellen
Pressemitteilung des Albert-Einstein-Instituts in Hannover (Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik und Leibniz Universität Hannover) vom 4. Februar 2011

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