News: Einsturzgefahr durch Gasdiffusion
Lavadome bestehen aus hochviskosen Magmen, die fast senkrecht aus dem Vulkanschlot aufsteigen. Sie können auf zweierlei Art kollabieren. Im ersten Fall bricht der Dom einfach auseinander, wenn sein Eigengewicht zu groß wird. Dadurch kommt es zu Stein- und Geröllawinen. Im anderen Fall sammeln sich unter dem Dom große Mengen an Gasen, die durch das Gestein wandern und dessen Struktur schwächen, bis es ebenfalls auseinanderbricht. Dabei können große heiße Asche- und Gaswolken die Berghänge herabstürzen und das Land viele Kilometer weit verwüsten. So schoß am 25. Juni 1997 eine aus heißer Asche, Wasserdampf und Geröll bestehende pyroklastische Lawine ins Tal und tötete dabei 19 Menschen.
"Untersuchungen von Lavadomen an aktiven Vulkanen haben uns gezeigt, daß sie in den meisten Fällen explosiv kollabieren", sagt Voight. "Durch den erneuten Zyklus von Druckaufbau und Dombildung des Soufriere Hills können wir den Druckaufbau und die seismische Aktivität gut beobachten und unsere mathematischen Modelle eines gasdruckverursachten Kollaps verbessern."
Voight und sein Kollege Derek Elsworth entwickelten dazu Gasdiffusions-Modelle, mit denen sie Gasüberdrücke in einem Lavadom berechneten (Geophysical Research Letters vom 1. Januar 2000). Die Ergebnisse setzten sie dann für Stabilitätsanalysen ein. Diese zeigten letztlich, daß durch Gesteine diffundierende Gase eine gravierende Instabilität im Lavadom verursachen. Die Modelle und Berechnungen der beiden Wissenschaftler beschreiben den Weg der Gase durch kleinste Risse und Poren im Gestein und wie sich dadurch der Druck innerhalb des Doms verteilt.
Die enormen Gasdrücke im Schlot des Soufriere Hills und anderen andesitischen Vulkanen entstehen durch die in den aufsteigenden Schmelzen enthaltenen Gase. Steigt Magma an die Erdoberfläche, nimmt der Gesteinsdruck ab, und gelöste Gase – beispielsweise Wasserdampf – entweichen. Damit wird die Schmelze sehr zähflüssig und bleibt im Schlot fast stecken. Sie bricht als steil aufragender Lavadom durch die Erdoberfläche, bis der aufgestaute Gasdruck diesen explodieren und auseinanderbrechen läßt.
"Der Mechanismus erklärt, warum manche Lavadome nicht schon in der ersten Phase der Eruption kollabieren", meint Voight. "Es braucht einfach seine Zeit, bis sich die Gasdrücke im Gestein verteilen. Das verzögert die Explosion um Stunden oder Tage nach dem ersten Ausfließen von Lava."
Die Gasverteilungsmodelle sind grundsätzlich auf alle Vulkane übertragbar, die Schmelzen mit andesitischem Chemismus und viel gelösten Gasen fördern. Diese Art des Vulkanismus ist der häufigste auf der Erde und typisch für konvergente Plattengrenzen wie beispielsweise den pazifischen Feuerring.
Künftig werden Voight und Elsworth Verhalten und Deformation des Domes untersuchen. Außerdem wollen sie verstärkt den Ausstoß von Schwefeldioxid messen, da dieser Vorgang mit dem Gasdruck und der Lavaförderung korreliert.
Was die Zukunft des Vulkans auf Montserrat betrifft, sind sich die Forscher nicht sicher: "Der Vulkan war dreißig Jahre lang seismisch aktiv, doch die Ursache dafür, die Magmen im Untergrund, gelangten nie an die Oberfläche", sagt Voight. "Aber jetzt scheint eine Verbindung nach oben zu bestehen. Und so kann niemand sagen, ob und wann er erlischt oder wieder ausbricht."
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