Evolution: Eisbären doch älter als gedacht
Im Jahr 2010 hatte eine Studie ergeben, dass sich die Abstammungslinie der Eisbären erst vor rund 150 000 Jahren von den Braunbären abgespaltet habe. Dem widersprechen nun Forscher um Frank Hailer und Axel Janke vom Biodiversität- und Klima-Forschungszentrum in Frankfurt: Ihre Analyse der Kern-DNA ergibt eine Auftrennung vor etwa 600 000 Jahren.
Die späteren Daten basierten auf Untersuchungen der mitochondrialen DNA (mtDNA) der Tiere. Da diese jedoch rein von der Mutter weitergegeben wird, zeigt sie nur die eine Hälfte der Geschichte: Veränderungen in der männlichen Linie kann sie nicht offenbaren. Deshalb konzentrierten sich Hailer, Janke und ihr Team auf das Erbgut im Zellkern. Sie analysierten verschiedene Sequenzabschnitte von 45 Tieren – Eisbären, Braun- und Schwarzbären – und ermittelten daraus einen Stammbaum. Dieser zeigte deutlich die genetische Eigenständigkeit der Eisbären seit dem mittleren Pleistozän.
Die davon abweichenden Befunde der Kollegen führt die Arbeitsgruppe darauf zurück, dass sich Eis- und Braunbären vereinzelt miteinander fortgepflanzt und fruchtbare Nachkommen gezeugt haben. Auf diese Weise gelangte mtDNA von Braunbärenweibchen in die Eisbärpopulation. Auch heute noch werden solche Paarungen in der kanadischen Arktis beobachtet.
Mit der frühen Aufspaltung endet auch der Ruf des Eisbären, sich besonders schnell an die Klimabedingungen seiner arktischen Umwelt angepasst zu haben: Er hatte dafür nun ähnlich viel Zeit wie der ebenfalls bestens adaptierte Polarfuchs. Die geringe Vielfalt in seinem Erbgut zeigt aber auch, dass es in der Vergangenheit mehrere Phasen gab, in denen die Eisbärenpopulation – wahrscheinlich in Warmzeiten – stark geschrumpft war.
Welches Schicksal den weißen Bären nun durch den Treibhauseffekt droht, sehen die Forscher kritisch: "Ob der Eisbär den derzeitigen Klimawandel überleben wird, ist ungewiss", sagt Frank Hailer. Nicht nur, dass diese Erwärmung besonders schnell abläuft, auch der Einfluss des Menschen auf die Bärenpopulationen durch Jagd oder auch Schadstoffe in der Nahrungskette ist heute viel größer.
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