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Phasenübergänge: Eiskristall braucht mindestens 275 Wassermoleküle

Schnee und Eis am Nordpol

Wie viele Wassermoleküle sind nötig, um die kleinsten Eiskristalle zu bilden? Diese Frage haben Christopher Pradzynski von der Universität Göttingen und seine Kollegen nun beantwortet: Es sind rund 275. Bisher schwankte die Angabe zwischen 100 und 1000 Bausteinen. Mit Hilfe der verwendeten Methode ließen sich auch Phasenübergänge von anderen Stoffen im Detail studieren, so die Forscher.

Das Team analysierte in seinen Experimenten die Infrarotspektren von zusammenklumpenden Wassermolekülen, so genannten Clustern, wobei es deren Anzahl zwischen 85 und 475 variierte. In den Spektren konzentrierten sich die Wissenschaftler auf eine Absorptionsbande, die durch eine spezielle Molekülschwingung verursacht wird: Ein Sauerstoff- und ein Wasserstoffatom schwingen entlang ihrer Wasserstoffbrückenbindung; dabei dehnt und staucht sich die Bindungsachse. Diese Streckschwingungen hinterlassen einen charakteristischen Fingerabdruck im Spektrum, dessen Maximum sich beim Übergang von einer amorphen, also ungeordneten, zu einer kristallinen Clusterstruktur verschieben sollte.

Ein Kristall entsteht | Die ersten kristallinen Strukturen entstehen im Zentrum eines Molekülhaufens und bestehen aus einem Ring mit sechs über Wasserstoffbrückenbindungen gebundenen Wassermolekülen. Nimmt die Anzahl der Wassermoleküle zu, wächst der kristalline Kern innerhalb des Clusters allmählich an.

Tatsächlich wanderte das Maximum ab 275 Molekülen zu größeren Wellenlängen, berichten die Forscher, bei 475 Molekülen war der Übergang dann offenbar vollzogen. Anhand ihrer Ergebnisse sowie theoretischen Modellen konstruierten die Wissenschaftler um Pradzynski, wie die Kristallisation in Wasserclustern abläuft: Die erste kristalline Struktur entstehe im Zentrum des Molekülhaufens und bestehe aus einem Ring mit sechs über Wasserstoffbrückenbindungen gebundenen Wassermolekülen. Nimmt die Anzahl der Wassermoleküle zu, würde der kristalline Kern innerhalb des Clusters dann allmählich anwachsen. Bei 475 Molekülen würden die Schwingungen in kristallin angeordneten Bereichen dann die Form des Spektrums dominieren.

Die Experimente liefern wichtige Informationen darüber, welcher Mechanismus die Kristallisation des Wassers vorantreibt. In der Zukunft sei es interessant, so die Forscher, zu untersuchen, inwieweit der Kristallisationsprozess von der Temperatur abhängt. Zudem sollte sich das nun eingesetzte Verfahren auch auf Alkohole und andere Lösungsmittel anwenden lassen.

Während die Strukturen von kleinen H2O-Clustern mit zwei bis zehn Teilchen sowie Nanopartikeln aus Eis sowohl experimentell als auch theoretisch gut erforscht sind, war der Größenbereich zwischen 100 und 1000 Molekülen bisher unzugänglich für größenselektive Techniken. Pradzynski und sein Team konnten die Schwingungsspektroskopie nun auch in diesen Bereich ausweiten, indem sie ein Natriumatom in den Clustern deponierten. Dadurch ließen sich die Molekülhaufen nachweisen, ohne dabei auseinanderzubrechen – was früher ein Problem darstellte –, und anschließend mittels Infrarotlasern anregen.

  • Quellen
Science 337, S. 1529–1532, 2012

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