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News: Eiszeit in der Atmosphäre

Während der allabendliche Wetterbericht schon relativ verläßlich ist, weil er auf einer Fülle von Messungen und Beobachtungen basiert, ist das Wettergeschehen in höheren Luftschichten eher unzureichend erforscht. Selbst grundlegende physikalische und chemische Mechanismen in dieser Region werden derzeit noch nicht völlig verstanden. Deshalb ist auch ungeklärt, ob zum Beispiel die Klimaerwärmung, Treibhausgase und anderes einen Effekt auf diese hohen Luftschichten haben und wie stark sich Veränderungen dort auf unser Weltklima auswirken. Mit Hilfe von mobil einsetzbaren Forschungsraketen wurden nun erstmals über der Antarktis genaue Temperaturmessungen in diesen hohen Luftschichten durchgeführt.
Unsere Atmosphäre wird grob in vier verschiedene Schichten unterteilt, die sich jeweils deutlich voneinander trennen. Die unterste Schicht ist die Troposphäre, gefolgt von der Stratosphäre und der Mesosphäre. Oberhalb der Mesosphäre grenzt die Thermosphäre, eine Schicht geringer Dichte, unsere Atmosphäre zum Weltraum hin ab. Physikalisch besonders interessant ist die sogenannte Mesopause, die Trennschicht zwischen Mesosphäre und Troposphäre. Dort wurden in polaren Breiten gerade im Sommer, also bei permanenter Sonneneinstrahlung, die kältesten Temperaturen der ganzen Erdatmosphäre gemessen. Über der Arktis liegt die Mesopause im Sommer in einer Höhe von rund 88 Kilometern und erreicht im Juli den Rekordwert von 130 Kelvin (entsprechend -143 Grad Celsius). Damit liegt die Temperatur dort um rund 60 Kelvin niedriger als im Winter. Nur wenige Kilometer oberhalb der Mesopause und wenige Kilometer darunter ist es wieder deutlich wärmer. Messungen, die in der Arktis bereits seit rund 30 Jahren durchgeführt werden, zeigen ein wiederkehrendes typisches Temperaturprofil mit nur geringfügigen Abweichungen für die Mesosphäre.

Ein Naturschauspiel, das direkt aus diesen niedrigen sommerlichen Temperaturen resultiert, sind die sogenannten leuchtenden Nachtwolken. Dabei handelt es sich um meist wellenförmige Wolken, die im gestreuten Licht der flach stehenden Sonne bläulich-weiß leuchten. Sie bestehen, so vermuten die Forscher, aus Eiskristallen, die sich spontan bei den extrem niedrigen Temperaturen in der Mesopause gebildet haben.

In den letzten Jahren hat man ein verstärktes Auftreten dieser Wolken über der Arktis festgestellt, während man solche Wolken über der Antarktis erst gar nicht vermutete. Die Vermutung basierte hauptsächlich auf der Tatsache, daß bei Radarmessungen keine starken Rückstrahlechos auftraten wie man sie in nördlichen Breiten im Sommer praktisch immer findet. Diese Messungen dienen unter anderem dazu, die leuchtenden Nachtwolken auch dann aufzuspüren, wenn sie aufgrund der hellen Lichtverhältnisse vom Boden aus mit bloßem Auge nicht zu erkennen wären. Aus den in antarktischen Breiten nur sehr schwach vorhandenen Radarechos schloß man, daß es dort kaum Eisteilchen gibt und die sommerliche Mesopause dort also wärmer sein müsse. Nun haben Franz-Josef Lübken und seine Mitarbeiter von der Arbeitsgruppe Atmosphärenphysik an der Universität Bonn Insitu-Messungen in der antarktischen Mesopause durchgeführt.

Erstaunlicherweise zeigten die im Januar in der Antarktis durchgeführten Messungen ein Temperaturprofil, das fast identisch ist zu dem, was für den arktischen Sommer bekannt ist. Das ist gleich aus mehreren Gründen bemerkenswert: Da die Landformation an beiden Polen stark voneinander abweicht, dies aber Einfluß auf die Luftmassenbewegung darüber hat, vermutete man veränderte Temperaturen und eventuell für die Mesopause eine andere Höhe. Die Übereinstimmung von nördlicher und südlicher Hemisphäre gilt jedoch nur für die Vergleichswerte von Januar und Juli: In dieser Zeit betragen die Abweichungen lediglich zwei bis drei Kelvin. Die im Februar in der Antarktis gemessenen Werte waren im Vergleich zu den Augustdaten der Arktis höher und das Temperaturprofil zeigte eine breitere Streuung.

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