Direkt zum Inhalt

News: Elefanten-Krawall muss nicht sein

Der Einfluss von Älteren auf die Jugend ist von großer Bedeutung - und das gilt nicht nur beim Menschen. Offenbar kann man auch im Tierreich beobachten, dass Jungtiere sich in der Gesellschaft von Älteren besser betragen. So gelang es Verhaltensforschern jetzt, randalierende 'halbstarke' Jungelefanten allein durch die Eingliederung älterer Bullen in dasselbe Gebiet zu besänftigen.
Die "Musth" ist bei männlichen Elefanten ab 25 Jahren ein Zustand erhöhter sexueller und aggressiver Aktivität, ausgelöst durch einen stark erhöhten Testosteron-Spiegel im Blut. Die sexuelle Reife erreichen die Tiere aber erst mit etwa 30 Jahren. Von 1992 bis 1997 wurden mehrere Afrikanische Elefanten (Loxodonta africana) in ihrer Musth-Periode zu einem großen Problem für den Pilanesberg National Park: Dorthin waren die acht bis zehn Jahre alten verwaisten Tiere als Überlebende von Wildereien im Kruger National Park in den 1980er Jahren umgesiedelt worden. In ihrem neuen Zuhause jedoch töteten sie zwei Touristen, mehr als 40 weiße Nashörner und beschädigten mehrere Fahrzeuge – keine guten Schlagzeilen für das vom Tourismus abhängige Gebiet, in dem Elefanten und Nashörner die Hauptattraktionen sind. Doch Rob Slotow und seine Kollegen von der University of Natal in Südafrika konnten die randalierende "Halbstarken" mit erwachsenen Elefantenbullen beruhigen (Nature vom 23. November 2000).

Die Wissenschaftler siedelten sechs ältere Elefantenmännchen in dem Gebiet der verwaisten aggressiven Tiere an, und damit war dort die normale sexuelle Hierarchie wieder hergestellt. "Die Musth-Periode regelt stufenweise die Fähigkeit der männlichen Elefanten, sich Weibchen zu nähern, indem sie andere Männchen im Kampf ausstechen", erklärt Slotow. "Wenn die Jugendlichen wiederholt Kämpfe verlieren oder sich ihre Umweltbedingungen verschlechtern, wird ihre Musth-Periode sehr schnell enden."

In Pilanesberg aber, wo die Jung-Elefanten ohne ältere Bullen auskommen mussten, gab es keine stärkeren Kampfpartner. Die Tiere erreichten dort den hormongesteuerten Aggressionszustand mit 18 Jahren schon in einem viel früheren Alter als normal und behielten ihn bis zu fünf Monaten bei. Das ist selbst für doppelt so alte Bullen eine ungewöhnlich lange Periode – selbst bei diesen dauert sie normal höchstens zwei bis vier Monate. Außerdem attackierten die Jungbullen nicht nur ihre eigenen Artgenossen. "Diesen Elefanten fehlte die Erfahrung, mit ihren Agressionen in der Musth-Periode richtig umzugehen", kommentiert Slotow. Nachdem die Wissenschaftler aber die älteren Bullen in das Gebiet gebracht hatten, verkürzte sich die Dauer der Musth-Perioden bei allen Jungtieren auffällig.

Nach Slotow hat seine Arbeit auch Auswirkungen auf andere Elefanten-Populationen, die durch massive Wilderei dezimiert sind: "In Ost-Afrika beispielsweise werden viele ältere Elefanten wegen ihres Elfenbeins getötet", sagt er und weist darauf hin, dass man dort mit ähnlichen Musth-Anfällen der männlichen Jung-Elefanten rechnen muss. "Unsere Beobachtungen zeigen deutlich, wie wichtig es ist, das Verhalten der Elefanten ganzheitlich zu verstehen, um sie wirkungsvoll beeinflussen zu können."

Siehe auch

  • Quellen

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.