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Mondforschung: Elektrische Mondkrater?

Ladungsverteilung auf der Mondoberfläche
Obwohl es derzeit nicht danach aussieht, dass in absehbarer Zeit wieder Menschen auf dem Mond landen werden, geht die Forschung am Erdtrabanten unvermindert weiter. Besonders die polaren Regionen des Mondes stehen im Zentrum des Interesses, befinden sich doch hier Ansammlungen von Wassereis, die für künftige Astronauten von größtem Interesse wären. Nun zeigt sich aber, dass ein Besuch dieser Gebiete nicht ganz risikolos ist.

Ladungsverteilung auf der Mondoberfläche | Eine Simulation der Ladungsverteilung auf der Mondoberfläche zeigt Regionen, die durch den in einem Winkel von null Grad über die Mondoberfläche hinwegstreichenden Sonnenwind elektrisch aufgeladen werden. Die am stärksten aufgeladenen Gebiete erscheinen fast schwarz, der Sonnenwind strömt von links nach rechts.
Ein Forscherteam um William Farrell am Goddard Space Flight Center der NASA in Maryland stellte fest, dass der Sonnenwind, wenn er über natürliche Hindernisse strömt, die Ränder der polaren Krater stark elektrisch aufladen kann. Die Potenziale die dabei entstehen, können mehrere hundert Volt betragen. Fliegt nun ein Raumschiff in diese Regionen, so wären statische Entladungen möglich, welche die Elektronik an Bord ruinieren könnten.

Zudem könnte elektrisch geladener und damit sehr klebriger und anhänglicher Feinstaub sich an kritischen Stellen von Raumanzügen festsetzen und dabei Dichtungen ruinieren und auch in das Innere der Raumfahrzeuge geschleppt werden. Ein Einatmen des Feinstaubs könnte stark negative Folgen für die Gesundheit bedeuten, da der Staub überwiegend aus Silikaten besteht und somit eine Staublunge droht.

Der Sonnenwind ist ein ständig von der Sonne ausgehender Strom geladener Teilchen. Er besteht aus negativ geladenen Elektronen und positiv geladenen Ionen. Im Bereich der Mondpole strömt der Sonnenwind fast horizontal über die Landschaft, da der Erdtrabant im Hinblick zur Sonne fast keine Achsenneigung aufweist. Zudem besitzt der Mond keine Atmosphäre, die dem Sonnenwind irgendeine Form von mechanischem Widerstand leisten könnte.

Das Forscherteam untersuchte mittels Computermodellen was passiert, wenn der Sonnenwind über die Ränder der polaren Krater strömt. Dabei stellten die Physiker fest, dass sich dabei der Sonnenwind in manchen Aspekten wie Wind auf der Erde verhält. Er strömt tief in die Täler und Krater hinein und erreicht auch die Kraterböden. Da der Sonnenwind aus geladenen Partikeln besteht, kommt es dabei zu ungewöhnlichen Aufladungseffekten in den obersten Schichten der Mondgesteine.

Elektronen besitzen eine mehr als tausendmal geringere Masse als die Ionen und können sich schneller bewegen und dringen dabei weiter in die Krater und Täler ein und sorgen so für eine negative Aufladung in manchen Gebieten. Die positv geladenen Ionen folgen schließlich nach, erreichen aber die aufgeladenen Regionen in geringeren Konzentrationen als die Elektronen, so dass ein negativer Ladungsüberschuss bestehen bleibt.

Die Simulationen zeigen, dass die Trennung der Elektronen von den Ionen besonders effizient an der Leeseite der Kraterwände zum Sonnenwind von statten geht. Besonders stark negativ aufgeladen werden dabei der innere Kraterrand und die Teile des Kraterbodens, die der Strömung des Sonnenwinds am nächsten liegen.

Elektrisch aufgeladene Regionen auf der Mondoberfläche | Nach dem Modell von William Farrell und Kollegen strömt der Sonnenwind praktisch horizontal über die Krater an den Mondpolen hinweg (lange Pfeile). Dabei sammeln sich Elektronen auf der Leeseite des Kraterwalls an (kleine Striche) und sorgen für eine negative elektrische Aufladung mit einer Potenzialdifferenz von mehreren hundert Volt. Schließlich ist das Oberflächenmaterial so stark aufgeladen, dass negativ geladene Feinstaubteilchen von den ebenfalls negativ geladenen Mondgesteinen abgestoßen werden und über der Mondoberfläche zu schweben beginnen (braune Teilchen mit Strichen). Die Teilchen driften über die Mondoberfläche hinweg und schlagen sich in nicht elektrisch aufgeladenen Regionen des Monds nieder. Durch diesen Ladungstransport wird eine immer stärkere elektrische Aufladung der Mondoberfläche verhindert.
Zu diesen negativen Ladungen hin werden die positiven Ionen des Sonnenwinds angezogen, sie können aber aufgrund ihrer größeren Massen nicht schlagartig von ihrer ursprünglichen Bahn abweichen und erreichen nicht die unmittelbar an den Kraterrändern liegenden Regionen, die somit ihre negativ Ladung beibehalten. Allerdings kann die Aufladung nicht bis ins Unermessliche weiter gehen, sondern endet bei einigen hundert Volt Potenzialdifferenz.

Schließlich sorgen die Anziehungskräfte zwischen den negativ geladenen Regionen und den positiven Ionen im Sonnenwind dafür, dass andere ungewöhnliche elektrische Ströme zu fließen beginnen. Eine mögliche Quelle für die Ströme könnte negativ aufgeladener Feinstaub sein, der von der negativ geladenen Oberfläche abgestoßen wird und über den Mondgesteinen zu schweben beginnt. Der Staub strömt von den stark geladenen Regionen fort und setzt sich in neutralen Gebieten wieder ab, wo er vom Sonnenwind entladen wird.

Tatsächlich beobachteten frühe Mondsonden und die Astronauten der Apollo-Missionen bei Sonnenauf- und untergängen schwache Staubschleier, die über der Oberfläche zu schweben schienen. Das Forscherteam möchte nun seine Simulationen weiter entwickeln, um ein vollständig dreidimensionales Modell des Strömungsverhaltens des Sonnenwinds auf der Mondoberfläche zu erhalten.

Tilmann Althaus

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